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Austausch der Gartenprojekte aus Berlin und Paris:
Bienvenue – in unseren Gärten!

26. Oktober 2022
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Säen, gie­ßen, ern­ten – in jedem Gar­ten ist die­ser Ablauf gleich. Das ist in New York so, in Paris und natür­lich auch hier in Ber­lin. Trotz­dem gibt es Unter­schie­de und vie­les, was man dar­aus ler­nen kann. Vor kur­zem war eine Grup­pe fran­zö­si­scher Gärtner:innen zu einem Aus­tausch in der deut­schen Haupt­stadt zu Gast. Ein­ge­la­den hat­te unter ande­rem das Cent­re Fran­cais de Ber­lin in der Mül­lerstra­ße. Auch in Wed­din­ger Bee­ten haben ich die Gemeinschaftsgärtner:innen aus Paris umgeschaut.

Deutsch-französischer Austausch im Garten. Foto: Centre Francais
Deutsch-fran­zö­si­scher Aus­tausch im Gar­ten. Foto: Cent­re Francais

Der Aus­tausch unter dem Titel „Paris-Ber­lin: glei­cher Kampf“ war bereits der zwei­te Teil einer gärt­ne­ri­schen Begeg­nung über Län­der­gren­zen hin­weg. Im Mai waren die Berliner:innen in Paris, Ende Sep­tem­ber erfolg­te der Gegen­be­such. „Es war abso­lut gran­di­os“, fasst Kers­tin Stel­ma­cher ihre Begeis­te­rung für die Begeg­nung zusam­men. Das Pro­gramm sei inten­siv gewe­sen, vol­ler über­ra­schen­der Erkennt­nis­se für bei­de Sei­ten. Kers­tin Stel­ma­cher war in Dop­pel­funk­ti­on dabei: für das Netz­werk „Urba­ne Gär­ten Ber­lin“ und als Ver­tre­te­rin des Kiez­gar­tens Schliemannstraße.

Das Umfeld ist wichtig für die Gemeinschaftsgärten

Der Pro­gramm in Ber­lin war abwechs­lungs­reich und einer­seits dar­auf aus­ge­rich­tet, aus­ge­wähl­te Gemein­schafts­gär­ten in der gan­zen Stadt zu besu­chen. Es gab einen Wed­ding-Tag, einen Pan­kow-Tag, einen Neu­kölln-Tag und einen Tag in Kreuz­berg. Im Wed­ding waren die Gar­ten-Sta­tio­nen der Gemein­schafts­gar­ten Rote Bee­te am Cent­re Fran­cais und die Wil­de 17 in der Bött­ger­stra­ße. Ande­rer­seits wur­de auch das unmit­tel­ba­re Umfeld betrach­tet. „Gemein­schafts­gär­ten sind ja kei­ne Inseln, die ein­fach so ent­ste­hen“, sagt Kers­tin Stel­ma­cher. Und so gehör­te zum Pro­gramm das gemein­sa­me Essen bei loka­len Gas­to­no­mien in der Nach­bar­schaft (im Wed­ding: Imren in der Bött­ger­stra­ße und Ufer­los in der Ufer­stra­ße) und der Besuch ande­rer wich­ti­ger Orte in den Kiezen. „Im Wed­ding haben wir zum Bei­spiel einen Besuch des Rog­gen­felds in der Ber­nau­er Stra­ße ange­bo­ten, mit Abste­cher in den Gar­ten Nie­mands­land neben­an“, sagt Kers­tin Stel­ma­cher. Auf dem Flak­turm im Hum­boldt­hain hat die Grup­pe sich dann einen Über­blick ganz ande­rer Art ver­schafft und auf die­sen Tag der deutsch-fran­zö­si­schen Gar­ten­ver­stän­di­gung angestoßen.

Von Hand geschriebenes Programm für das Treffen der Gärtner:innen in Berlin. Foto: Kerstin Stelmacher
Von Hand geschrie­be­nes Pro­gramm für das Tref­fen der Gärtner:innen in Ber­lin. Foto: Kers­tin Stelmacher

Berliner Gärten und eine Entwicklung von unten

Erkennt­nis­se zu gewin­nen gab es vie­le. Die­ses Mal war es an den Pariser:innen, die Ber­li­ner Ver­hält­nis­se bes­ser zu ver­ste­hen. „Ein Unter­schied ist die Orga­ni­sa­ti­on der Gär­ten“, berich­tet Kers­tin Stel­ma­cher. „Die Ber­li­ner Gär­ten sind viel loser orga­ni­siert, es sind oft auch Initia­ti­ven und nicht immer Ver­ei­ne wie in Paris. Die­se Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on wur­de als sehr span­nend emp­fun­den“, sagt die Gar­ten­ak­ti­vis­tin. Bei den Pariser:innen sei der Ein­druck ent­stan­den, dass man in Ber­lin oft ein­fach macht ohne lan­ge zu fra­gen. Das lie­ge auch an der unter­schied­li­chen Ent­wick­lung der Gemein­schafts­gär­ten in Ber­lin und Paris, so Kers­tin Stelmacher.

Unterschiedliche Entstehungsgeschichten

In Paris habe es erst ein paar weni­ge Gär­ten gege­ben, dann kam schnell ein För­der­pro­gramm und „dann sind die Gär­ten aus dem Boden geschos­sen“. In Ber­lin gab es eher eine Ent­wick­lung wie in New York: es sind in den ver­gan­ge­nen Jah­ren vie­le Gär­ten ohne staat­li­che Unter­stüt­zung oder Len­kung gewach­sen. Der­zeit sol­len es der­zeit in Ber­lin 200 sein. „In Paris gibt es schon sehr lan­ge ein För­der­pro­gramm und Unter­stüt­zung für jeden neu­en Gar­ten. Ber­lin hat vor zwei­ein­halb Jah­ren erst ange­fan­gen, eine Stra­te­gie zu ent­wi­ckeln. Dass heißt: erst kamen die Gär­ten und jetzt folgt das Pro­gramm“, so Kers­tin Stel­ma­cher. Wäh­rend ein För­der­pro­gramm gut wäre, habe auch eine Ent­wick­lung von unten ohne Steue­rung ihre Vor­tei­le, wie die Pariser:innen feststellten.

Gemeinschaftgärtner:innen aus Berlin und aus Paris auf dem Flakturm im Humboldthain. Foto: Centre Francais
Gemeinschaftgärtner:innen aus Ber­lin und aus Paris auf dem Flak­turm im Hum­boldt­hain. Foto: Cent­re Francais

Kein Biomüll in Paris, dafür viele Kompostprojekte

Auch ganz kon­kre­te Unter­schie­de stell­te die zwei­spra­chi­ge Grup­pe fest. So gebe es zum Bei­spiel beim Kom­pos­tie­ren stark ver­schie­de­ne Her­an­ge­hens­wei­se. „Die Pari­ser sind da viel wei­ter als wir, aber das wird auch mas­siv von der Stadt unter­stützt“, sagt Kers­tin Stel­ma­cher. Weil es in Paris kei­nen Bio­müll gebe wie in Ber­lin, wur­de in den Gär­ten ein Kom­post­sys­tem auf­ge­baut. Die Nach­bar­schaft kann in den Gär­ten ihren Bio­müll kom­pos­tie­ren. Auch wenn es in Ber­lin ers­te Kom­post­pro­jek­te gebe, sieht Kers­tin Stel­ma­cher hier noch ein gro­ßes Ent­wick­lungs­po­ten­ti­al und sie glaubt, dass die teil­neh­men­den Ber­li­ner Gär­ten gera­de bei dem The­ma vie­le Impul­se aus Frank­reich bekom­men haben: „Ich wet­te, wenn wir uns in fünf Jah­ren wie­der­tref­fen, dann gibt es das in Ber­lin auch“.

Offenen Grünflächen und Gartencafés

Ein ganz ande­rer Punkt brach­te die Gäs­te aus Paris zum Stau­nen: „In Paris wer­den nachts alle Grün­flä­chen geschlos­sen. Es war für die Pariser:innen ver­blüf­fend, wie das hier in Ber­lin funk­tio­niert“. Vie­le Ber­li­ner Gär­ten sind auch nachts zugäng­lich und wer­den nicht mit Zäu­nen umge­ben. Das funk­tio­niert im und am Stadt­teil unter ande­rem im Mau­er­gar­ten, in den Roten Bee­ten, im Bel­ler­mann­gar­ten-Hoch­beet­gar­ten und im Dies­ter­beet. Ein wei­te­rer Punkt spricht für die Offen­heit der Ber­li­ner Gär­ten. „In Paris dür­fen das kei­ne kom­mer­zi­el­len oder teil­kom­mer­zi­el­len Pro­jek­te sein. Ein Café im Him­mel­beet oder eine Bar wie in den Roten Bee­ten wären in Paris nicht erlaubt. Es war span­nend, das zu dis­ku­tie­ren“, sagt Kers­tin Stelmacher.

Vie­le wei­te­re The­men kamen bei dem Aus­tausch der Gemeinschaftsgärtner:innen zur Spra­che. So wur­de bei­spiels­wei­se über eine gemein­sa­me Saat­gut­tausch­bör­se nach­ge­dacht. Ers­te Samen­tüt­chen wur­den schon ver­teilt. „Es gäbe noch so viel zu sagen, so viel zu bespre­chen! Eins ist klar: Wir wol­len uns in jedem Fall wie­der­se­hen“, sagt Kers­tin Stel­ma­cher, auch wenn das viel­leicht erst­mal digi­tal sein wer­de – oder auf der Lein­wand. Die Begeg­nun­gen der Gemeinschaftsgärtner:innen hat näm­lich ein Film­team beglei­tet. Der ent­stan­de­ne Film soll dann auch in Ber­lin lau­fen, ver­mut­lich in den betei­lig­ten Gärten.

Über den Austausch der Gemeinschaftsgärten

Der deutsch-fran­zö­si­sche Gar­ten­aus­tausch fand im Rah­men des 35. Jah­res­tags der Städ­te­part­ner­schaft Ber­lin-Paris statt. Orga­ni­siert wur­de er von Grai­ne de Jard­ins Paris, dem Cent­re Fran­cais de Ber­lin und dem Netz­werk Urba­ne Gär­ten Ber­lin. Finan­ziert wur­de die Begeg­nung vom Deutsch-fran­zö­si­schen Bür­ger­fonds und Edi­Cit­Net. Auf fran­zö­si­scher Sei­te waren fol­gen­de Gär­ten betei­ligt: Le Poi­reau agi­le, Jard­ins du Ruis­se­au, Le 56, Bois Dor­moy, Nid de l’Or­to­lan, Les Mou­fet­tes. Betei­lig­te Gär­ten in Ber­lin waren Wil­de 17, Rote Bee­te, Ton­Stei­n­eGär­ten, All­men­de-Kon­tor-Gemein­schafts­gar­ten, Prin­zes­sin­nen­gar­ten-Kol­lek­tiv, Kiez­gar­ten Schli­e­mann­stra­ße und der KuBiZ-Gar­ten. Über den ers­ten Teil des Aus­tauschs wur­de im Bei­trag Zu Besuch in frem­den Gär­ten berichtet.

Selbstgesetzte Aufgaben für die Zeit nach dem Austausch - auf Deutsch und auf Französisch. Foto: Kerstin Stelmacher
Auf­ga­ben für die Zeit nach dem Aus­tausch – auf Deutsch und auf Fran­zö­sisch. Foto: Kers­tin Stelmacher

1 Comment Leave a Reply

  1. Hal­lo:)
    Gibt es eine Mög­lich­keit, den Film noch­mal zu sehen? Kann ich ihn irgend­wo aus­lei­hen oder streamen?
    WÜr­de mich über wei­te­re Infos freuen.

    LG Jan

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