Ein Detail des frisch beschlossenen Bundeshaushaltes spricht Bände. Sechs Millionen Euro will die Ampel im Bund für die Förderung von genossenschaftlichem Wohnen ausgeben. Das entspricht sieben Cent pro Bundesbürger. Zum Vergleich: für den sozialen Wohnungsbau sieht der neue Bundeshaushalt umgerechnet 35 Euro pro Einwohner vor. Selbst für das Baukindergeld lässt der Bund mehr springen: 12,20 Euro pro Einwohner umfasst dieser Fördertopf. Eine Haltung, die für den Wedding und den Gesundbrunnen hart ist, denn hier trifft die finanzielle Geringschätzung auf eine Unterversorgung.
Vergessener Genossenschaftsbau
Hanna Steinmüller von den Grünen ist im Bezirk Mitte direkt in den Bundestag gewählt. Sie sagt: “Das ist ein guter, erster Schritt, dem weitere folgen müssen.” Mit diesem Satz bezieht sie sich auf eine staatliche Hilfe für den Kauf von Genossenschaftsanteilen. Sechs Millionen Euro stehen nach den Verhandlungen zum neuen Bundeshaushalt nun im Kapitel 66101–411. Das sind für das laufende Jahr 7,3 Cent für jeden der 82 Millionen Bundesbürger. Das Geld soll allerdings nicht dem Bau von Genossenschaftswohnungen dienen. Es soll helfen, dass sich jeder Bürger Genossenschaftsanteile leisten kann. Es geht um einen Fördertopf, aus dem die KfW einen Kredit an neue Wohnungsgenossen ausgibt. KfW steht für Kreditanstalt für Wiederaufbau; die Anstalt öffentlichen Rechts ist eine Förderbank des Bundes. Zum Vergleich: beim Sozialen Wohnungsbau will die Bundesregierung etwa 2,9 Milliarden Euro pro Jahr in die Hand nehmen (14,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2026). Für das eigene Haus im Speckgürtel gibt es mit dem Baukindergeld rund eine Milliarde Euro.
Für Hanna Steinmüller ist dieser Mini-Schritt bei den Genossenschaften dennoch ein Erfolg. Denn das zuständige Bau-Ministerium habe ursprünglich nur eine Million Euro bereitstellen wollen, sagt sie. In den Haushaltsverhandlungen sei es den drei Ampelparteien gemeinsam gelungen, aus der einen Million sechs zu machen. “Wir Grüne werden weiterhin darauf achten, dass für eine auskömmliche Finanzierung des Programms auch in den Folgejahren weitere Mittel bereitgestellt werden”, sagt Hanna Steinmüller.
“Auch die SPD hat sich für eine höhere Fördersumme ausgesprochen”, sagt Robert Stübner vom Wahlkreisbüro von Annika Klose. Die 30-Jährige ist ebenfalls für den Bezirk Mitte Mitglied des Deutschen Bundestages.
Verteilung von Genossenschaftswohnungen im Wedding
Beim Wohnen in der sicheren und dauerhaft günstigen Genossenschaftswohnung liegt der Wedding zurück. Denn durchschnittlich sind in Berlin elf Prozent der Mietwohnungen im Besitz von Genossenschaften (Quelle: https://wohnungsbaugenossenschaften-berlin.info). In den Ortsteilen Wedding und Gesundbrunnen wird dieser Wert lediglich in der östlichen Hälfte des Brunnenviertels erreicht und übertroffen. Zwischen der Brunnenstraße und dem Park auf dem Nordbahnhof ist fast jede vierte Wohnung genossenschaftlich (23 Prozent). Mit jeweils zehn Prozent Anteil kommen die Stadtteile Gesundbrunnen (westlich der Badstraße) und Leopoldplatz/Osramhöfe-Kiez zumindest dicht an den Berliner Durchschnitt heran. Unterversorgt ist der beliebte Brüsseler Kiez mit – man muss es so sagen – skandalösen 0,1 Prozent. Mit 2 Prozent ist der Wert auch im Afrikanischen Viertel peinlich niedrig. In den anderen Quartieren schwankt der Wert um 5 Prozent. (Quelle der Prozentangaben: LPG-Studie zum Milieuschutz 2019).
Wo Wohnungsgenossenschaften im Wedding Bestände haben
Zu den größeren Genossenschaften im Wedding/Gesundbrunnen zählt die bbg Berliner Baugenossenschaft eG mit Wohnungen im Gesundbrunnen und im Brunnenviertel. Die bbg hat berlinweit 10.000 Mitglieder.
Über den Wedding verteilt in der Togostraße, Wattstraße, Sprengelstraße und Genter Straße besitzt die EVM Berlin eG Wohnungen.
Der Vaterländische Bauverein verfügt über zahlreiche Wohnungen im Brunnenviertel.
Echt-Weddinger Genossenschaft ist die PA58, die in den 1970er Jahren einen Hof in der Prinzenallee 58 hausbesetzte und das Projekt später als Genossenschaft legalisierte.
Relativ neu im Gebiet des ehemaligen Bezirks Wedding ist der Beamten-Wohnungs-Verein zu Berlin eG. Er hat vor wenigen Jahren große Teile der Ernst-Reuter-Siedlung im Brunnenviertel übernommen. Die Genossenschaft ist mit 20.000 Mitgliedernn die größte in Berlin.
Die Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG hat verstreut kleinere Inseln im Häusermeer rund um den Nettelbeckplatz, am Nordufer, in der Schwyzer Straße, in der Eulerstraße und in der Schillerpark-Siedlung. Die 1892 ist mit 15.000 Mitliedern die zweitgrößte Genossenschaft in Berlin.
Über den Vorkauf in den Wedding gekommen ist die DPF eG. Sie hat ein Haus in der Müllerstraße/Kameruner Straße vor einem Investor bewahrt.
Die Wohnungsgenossenschaft Treptower Park eG besitzt wenige Häuser in der Turiner Straße und Amsterdamer Straße.
Die Gemeinnützige Baugenossenschaft Steglitz eG vermietet Wohnungen in der Antonstraße, Ruheplatzstraße und Gerichtsstraße.
Die Wohnungsbau-Verein Neukölln eG hat einige wenige Wohnungen in der Guineastraße und Kameruner Straße.
Über eine kleine Wohnanlage in der Klever Straße verfügt die Märkische Baugenossenschaft eG.
Drei Häuser in der Transvaalstraße hat die GeWoSüd – Genossenschaftliches Wohnen Berlin-Süd eG im Bestand.
Ebenfalls neu im Wedding mit nur einem Haus (dafür einem besonderen) ist seit 2018 Wohnungsbaugenossenschaft Am Ostseeplatz. Sie vermietet das Holzhaus in der Lynarstraße.
Und ganz neu, wenn auch eigentlich schon Reinickendort (aber direkt an der Grenze zum Wedding): http://stadtbuerger.com/
Die 2 Gebäude werden gerade gebaut, sollen dann im April 2024 bezugsfertig sein.
Danke für den Hinweis.