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Das Herz des Wedding schlägt wieder:
Der Leo begeistert wieder - ein bisschen

Kirchensanierung, Beleuchtung, Kultur und Karstadt
10. Dezember 2024
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Ein Besuch auf dem Leopoldplatz fühlt sich in diesen Tagen anders an als früher. Überall gibt es Veränderungen – kleine, aber spürbare. Mal sind es Rückschläge, mal Zeichen der Hoffnung. Doch eines ist klar: Die Abwärtsspirale am Leo scheint gestoppt. Ein Ortstermin.

Als König Friedrich Wilhelm III. 1828 zwei Kirchen in der Vorstadt bauen lassen wollte, dachte er an riesige Gebäude für 2.500 bis 3.000 Gläubige. Der beauftragte Architekt Carl Friedrich Schinkel empfahl stattdessen vier kleinere Kirchen. So entstand 1835 die Nazarethkirche in der damals noch dünn besiedelten Müllerstraße – ein kubischer Ziegelbau im Stil der oberitalienischen Romanik. Doch bald reichte der Platz nicht mehr. Eine neue Kirche wurde weiter östlich errichtet. 1906 zog man eine Zwischendecke in die ungenutzte Nazarethkirche ein und richtete Wohnungen ein. Später wurde ein Kindergarten ergänzt, der obere Saal wieder für Gottesdienste genutzt. Seit 2021 wird die Kirche denkmalgerecht saniert.

Ich treffe Sebastian Bergmann, der Vorsitzender des Gemeindekirchenrats ist, auf dem Platz. Er führt mich spontan durch die Baustelle. Der Innenausbau schreitet voran, seit im Herbst das Gerüst entfernt wurde. Im Erdgeschoss entstehen neue Gemeinderäume, während der Kirchsaal mit seiner beeindruckenden Holzdecke im Schinkel-Stil weitgehend erhalten bleibt. Nur die Apsis, früher mit einem Vorhang verdeckt, ist wieder geöffnet. Auch die Fensterrose – Logo der Kirchengemeinde – wurde neu gefertigt und eingebaut. 2025 soll die Kirche in neuem Glanz erstrahlen, rechtzeitig zu ihrem 190. Jubiläum.

Ein veränderter Platz

Die offene Drogenszene, die noch im Sommer 2023 das Bild des Platzes prägte, hat sich zurückgezogen oder verlagert. Seitdem der Leopoldplatz durch Mittel aus dem Sicherheitsgipfel des Senats unterstützt wird, hat sich die Aufenthaltsqualität spürbar verbessert. Mit den Geldern wurden tägliche Ansprechpersonen in Bauwagen ("Infopoints") sowie kulturelle und künstlerische Angebote finanziert. Ein Highlight ist die Weihnachtsbeleuchtung, die ebenfalls aus diesem Topf finanziert wird: Bis zum 7. Januar erstrahlen die Bäume vom Leopoldplatz bis zum Maxplatz in einem festlichen Lichtermeer, das die Stimmung hebt und das Sicherheitsgefühl stärkt. Auch im östlichen Teil des Platzes wurden 26 energiesparende und insektenfreundliche Lampen aufgestellt – eine Investition von 228.000 Euro.

Sportliche Aktivitäten wie das „Kiez Training Wedding“ auf dem Maxplatz ergänzen das Angebot. Dienstags und donnerstags ab 18:30 Uhr bieten Trainer kostenlose Fitnessprogramme an – ein niedrigschwelliges Angebot für die Nachbarschaft. Auch darüber wurde hier schon berichtet.

Herausforderungen bleiben

Ein Sorgenkind bleibt das leerstehende Karstadt-Warenhaus. Beim Runden Tisch Leopoldplatz am 4. Dezember wurde über Zwischennutzungen bis zum geplanten Umbau ab 2027 diskutiert. Eine Nutzung durch LIDL auf einem Teil des Erdgeschosses hängt noch in der Schwebe – die technische Infrastruktur stellt ein Problem dar. So lässt sich der Strom beispielsweise nicht etagenweise ein- oder ausschalten. Immerhin wurden Mittel aus dem Sicherheitsgipfel auch für Kunst genutzt: Künstler:innen erhalten Artist Residencies, um ihre Arbeit vor Ort auszuüben.

Zeichen der Hoffnung

Der Leopoldplatz begeistert wieder. Im Sommer lockte das Sommerkino zahlreiche Besucher:innen an, und am Samstag, den 14. Dezember, wird die bekannte Breakdance-Gruppe „Flying Steps“ um 18:30 Uhr vor der Alten Nazarethkirche auftreten. Die Gruppe, deren Wurzeln im Haus der Jugend am Nauener Platz liegen, hat es vom Wedding auf die Weltbühne geschafft – ein Symbol für die Möglichkeiten, die der Kiez am Leo eben auch bietet.

Der Leo begeistert wieder - zumindest ein bisschen.

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

4 Comments Leave a Reply

  1. Die Drogenszene ist überhaupt nicht weg, sondern anscheinend witterungsbedingt eher im U-Bahnhof. Aber die Weihnachtbeleuchtung ist wirklich toll.

  2. Die weihnachtliche Beleuchtung, auch im Zusammenspiel mit dem Farbspiel des Jobcenters(?) gegenüber, weiß zu begeistern! Dazu der tolle Weddingmarkt.

    Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben, aber am Leo scheint es zumindest in die richtige Richtung zu gehen. Weiter so, bitte!

  3. Bereits heute früh schon erstrahlte weithin sichtbar über den Leo in den ersten Morgenstunden das Café Leo; mit der rosafarbenen Außenfassade des Pavillons ein freundlicher Kontrast zum beliebtem
    Wahrzeichen, unserer backsteinfarbenen Schinkelkirche! So früh schon einladend und gastfreundlich!

  4. Also von der Beleuchtung bin ich auch begeistert auf dem Weg von der Pankstr zur Seemannskneipe. Gestern (Montag) habe ich mal ne Runde gedreht über den Leo auf der Suche nach einer Bratwurst. Keine Chance. Außer dem Asiaten und dem bereits geschlossenen Cafe Leo (18:30) nichts. Keine Spur von Adzventzkrantzzeit. Da muß man wohl nach Tegel in die Gorkistr, was ich für eine echte Thüringer ab und zu tue.

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