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Berliner Obdachlosenhilfe:
Das warme Herz des Wedding

Mehr als eine Suppenküche
2. Dezember 2022

Ob Som­mer oder Win­ter: Jeden Mitt­woch­abend ste­hen die frei­wil­li­gen Hel­fe­rin­nen und Hel­fer der Ber­li­ner Obdach­lo­sen­hil­fe e.V. neben der Schil­ler-Biblio­thek an der Mül­lerstra­ße und geben an bedürf­ti­ge Men­schen kos­ten­los frisch gekoch­tes Essen, gespen­de­te Klei­dung und Hygie­ne­ark­ti­kel aus. Ermög­licht wird die­se Hil­fe durch Spen­den und durch vie­le Stun­den selbst orga­ni­sier­te Arbeit, zu der für den Ver­ein auch poli­ti­sches Enga­ge­ment gegen Obdach­lo­sig­keit gehört.

Die Stim­mung ist gut im Erd­ge­schoss des Genos­sen­schafts­hau­ses in der Lyn­ar­stra­ße 38. Gera­de hat der Tag der offe­nen Tür der Ber­li­ner Obdach­lo­sen­hil­fe begon­nen. Kaf­fee und Kuchen ste­hen auf dem Tre­sen des Cafés im gro­ßen Gemein­schafts­raum, Nach­ba­rin­nen und Mit­ar­bei­ten­de sit­zen in Grup­pen auf den hel­len Sofas oder ste­hen plau­dernd vor der Tür, da begin­nen die ers­ten Mit­glie­der in der pro­fes­sio­nell ein­ge­rich­te­ten Groß­kü­che mit der Essens­vor­be­rei­tung für den Abend. In gro­ßen Kis­ten sta­peln sich die Lebens­mit­tel, die Mit­ar­bei­ten­de des Ver­eins von der Ber­li­ner Tafel oder von Cate­rern wie Trans­gour­met als Spen­de abge­holt haben oder die von Spen­den­gel­dern hin­zu­ge­kauft wur­den. Zwei unter­schied­li­che Menüs wer­den vor­be­rei­tet. Es wird geschnip­pelt, gekocht und gelacht. So wie an die­sem Abend ist es auch, wenn die drei Tou­ren pro Woche vor­be­rei­tet wer­den, bei denen die frei­wil­li­gen Hel­fe­rin­nen und Hel­fer Bedürf­ti­ge in Ber­lin mit war­mem Essen und gespen­de­ter Klei­dung ver­sor­gen. Zusätz­lich sind auch immer Hygie­ne­ar­ti­kel, Schlaf­sä­cke oder Iso­mat­ten dabei. 

Der Bus der Obdach­lo­sen­hil­fe steht im Wed­ding, am Alex, am Kott­bus­ser Tor und im Han­sa­vier­tel. Der Wed­ding ist mitt­wochs dran. Um 18 Uhr muss der wei­ße Trans­por­ter des Ver­eins an sei­nem gewohn­ten Platz unter dem ehe­ma­li­gen BVV-Saal ste­hen. Die Gäs­te des Ver­eins war­ten schon. Es kom­men regel­mä­ßig 50–60 Gäs­te zum Wagen der Obdach­lo­sen­hil­fe. „Es sind nicht nur Obdach­lo­se, die zu uns kom­men“, erklärt Alex, ein Hel­fer, der schon eini­ge Jah­re dabei ist. „Es kom­men auch Gering­ver­die­nen­de, Men­schen, die Hartz IV bezie­hen oder Rent­ne­rin­nen und Rent­ner, die von der Min­dest­ren­te leben müs­sen. Wir schi­cken nie­man­den weg.“

Der Ber­li­ner Obdach­lo­sen­hil­fe e.V. ist ein gemein­nüt­zi­ger Ver­ein, der Mit­glied im Pari­tä­ti­schen Wohl­fahrts­ver­band ist. Seit neun Jah­ren ist er mit Hilfs­tou­ren auf den Stra­ßen Ber­lins unter­wegs, um obdach­lo­se und bedürf­ti­ge Men­schen mit war­mem Essen, Geträn­ken, Klei­dung, Schlaf­sä­cken, Hygie­ne­ar­ti­keln und einem offe­nen Ohr zu ver­sor­gen. 2019 konn­te der Ver­ein die Räu­me im Genos­sen­schafts­haus in der Lyn­ar­stra­ße ein­zie­hen. Seit zwei Jah­ren ist Sozi­al­ar­bei­ter Ste­fan beim Ver­ein fest ange­stellt. Seit einem Jahr ist Sozi­al­ar­bei­te­rin Maya dabei. Die bei­den unter­stüt­zen gezielt Bedürf­ti­ge bei der Lösung ihrer Pro­ble­me. Dabei geht es oft um Anträ­ge für Arbeits­lo­sen­geld, Pro­ble­me mit der Kran­ken­kas­se, Schuld­ner­be­ra­tung oder auch Unter­stüt­zung im Umgang mit psy­chi­schen Schwie­rig­kei­ten und All­tags­pro­ble­men. Für die­ses Jahr hat der Ver­ein ein neu­es Pro­jekt ver­wirk­licht: Seit Mit­te Novem­ber wer­den die Räu­me in der Lyn­ar­stra­ße 38 jeden Frei­tag zum Kiez-Café, das allen offen steht.

Zusätz­lich enga­giert sich der Ver­ein poli­tisch für die Bekämp­fung der Ursa­chen von Obdach­lo­sig­keit. „Poli­tisch aber par­tei­un­ab­hän­gig“ ist das Mot­to. Unter­stützt wer­den Initia­ti­ven wie „Mie­ten­wahn­sinn Nord“, „Kiez­kom­mu­ne“ oder „Deut­sche Woh­nen enteignen“.

Mög­lich gemacht wird die Ver­eins­ar­beit durch Spen­den, 70 För­der­mit­glie­der und 40 Akti­ve aus allen Alters­grup­pen, die über eine Tele­gram-Grup­pe ver­netzt sind und sich je nach frei­er Zeit selbst in einen Online-Schicht­plan für die Tou­ren ein­tra­gen kön­nen. „Wann du dazu stößt und wie lan­ge du dabei bist, kannst du selbst ent­schei­den“, sagt Micha­el, ein Akti­ver, der heu­te hin­ter dem Tre­sen steht. Die Vor­be­rei­tun­gen begin­nen meist gegen 14 Uhr, die ers­te Tour star­tet gegen 18 Uhr, die zwei­te Tour gegen 20 Uhr. Auf­ge­räumt wird in der Regel ab 22 Uhr. Wer nicht mit auf Tour gehen möch­te, kann beim Abho­len der Lebens­mit­tel oder beim Sor­tie­ren der Klei­der­spen­den hel­fen. Es ist gera­de die­se Fle­xi­bi­li­tät, die vie­le der Hel­fen­den schät­zen. Nie­mand muss sich für einen fes­ten, regel­mä­ßi­gen Ter­min fest­le­gen. „Und trotz­dem ist noch nie eine Tour aus­ge­fal­len“, freut sich Alex. „Es ist manch­mal anstren­gend. Aber dann ist es doch jedes Mal wie­der beein­dru­ckend, wenn der Wagen wie­der voll­be­packt los­geht“, ergänzt Michael.

Ber­li­ner Obdach­lo­sen­hil­fe e.V.
Lyn­ar­stra­ße 38
13353 Ber­lin-Wed­ding

Geld­spen­den für die Ber­li­ner Obdachlosenhilfe:

GLS-Bank IBAN DE76 4306 0967 1213 3027 00

BIC: GENODEM1GLS

oder über www.betterplace.org

Sach­spen­den kön­nen immer mitt­wochs und sams­tags 14–18 Uhr und sonn­tags von 15.30 bis 18 Uhr in der Lyn­ar­stra­ße 38 (Nähe S‑Bahnhof Wed­ding) abge­ge­ben wer­den. Bit­te vor­her auf der Web­site des Ver­eins schau­en, wel­che Sachen gebraucht werden.

Wer mit­ma­chen will bei der Ber­li­ner Obdach­lo­sen­hil­fe, kann sich in den Online-Schicht­plan ein­schrei­ben und vor­bei­kom­men. Infos zu allen Tour­zei­ten, Stand­or­ten und den Schicht­plan fin­det ihr hier:

Rolf Fischer

Ich lebe gerne im Wedding und schreibe über das, was mir gefällt. Manchmal gehe ich auch durch die Türen, die in diesem Teil der Stadt meistens offen stehen.

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