Ob Sommer oder Winter: Jeden Mittwochabend stehen die freiwilligen Helferinnen und Helfer der Berliner Obdachlosenhilfe e.V. neben der Schiller-Bibliothek an der Müllerstraße und geben an bedürftige Menschen kostenlos frisch gekochtes Essen, gespendete Kleidung und Hygienearktikel aus. Ermöglicht wird diese Hilfe durch Spenden und durch viele Stunden selbst organisierte Arbeit, zu der für den Verein auch politisches Engagement gegen Obdachlosigkeit gehört.
Die Stimmung ist gut im Erdgeschoss des Genossenschaftshauses in der Lynarstraße 38. Gerade hat der Tag der offenen Tür der Berliner Obdachlosenhilfe begonnen. Kaffee und Kuchen stehen auf dem Tresen des Cafés im großen Gemeinschaftsraum, Nachbarinnen und Mitarbeitende sitzen in Gruppen auf den hellen Sofas oder stehen plaudernd vor der Tür, da beginnen die ersten Mitglieder in der professionell eingerichteten Großküche mit der Essensvorbereitung für den Abend. In großen Kisten stapeln sich die Lebensmittel, die Mitarbeitende des Vereins von der Berliner Tafel oder von Caterern wie Transgourmet als Spende abgeholt haben oder die von Spendengeldern hinzugekauft wurden. Zwei unterschiedliche Menüs werden vorbereitet. Es wird geschnippelt, gekocht und gelacht. So wie an diesem Abend ist es auch, wenn die drei Touren pro Woche vorbereitet werden, bei denen die freiwilligen Helferinnen und Helfer Bedürftige in Berlin mit warmem Essen und gespendeter Kleidung versorgen. Zusätzlich sind auch immer Hygieneartikel, Schlafsäcke oder Isomatten dabei.
Der Bus der Obdachlosenhilfe steht im Wedding, am Alex, am Kottbusser Tor und im Hansaviertel. Der Wedding ist mittwochs dran. Kurz nach 18 Uhr muss der weiße Transporter des Vereins an seinem gewohnten Platz unter dem ehemaligen BVV-Saal stehen. Die Gäste des Vereins warten schon. Es kommen regelmäßig 50–60 Gäste zum Wagen der Obdachlosenhilfe. „Es sind nicht nur Obdachlose, die zu uns kommen“, erklärt Alex, ein Helfer, der schon einige Jahre dabei ist. „Es kommen auch Geringverdienende, Menschen, die Bürgergeld beziehen oder Rentnerinnen und Rentner, die von der Mindestrente leben müssen. Wir schicken niemanden weg.“
Der Berliner Obdachlosenhilfe e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband ist. Seit über zehn Jahren ist er mit Hilfstouren auf den Straßen Berlins unterwegs, um obdachlose und bedürftige Menschen mit warmem Essen, Getränken, Kleidung, Schlafsäcken, Hygieneartikeln und einem offenen Ohr zu versorgen. 2019 konnte der Verein die Räume im Genossenschaftshaus in der Lynarstraße einziehen. Sozialarbeiter Stefan, Sozialarbeiterin Maya und die Projektkoordinatorin Wohnen Anne-Katrin sind beim Verein fest angestellt. Die Sozialarbeiter unterstützen gezielt Bedürftige bei der Lösung ihrer Probleme. Dabei geht es oft um Anträge für Arbeitslosengeld, Probleme mit der Krankenkasse, Schuldnerberatung oder auch Unterstützung im Umgang mit psychischen Schwierigkeiten und Alltagsproblemen.
Zusätzlich engagiert sich der Verein politisch für die Bekämpfung der Ursachen von Obdachlosigkeit. „Politisch aber parteiunabhängig“ ist das Motto. Unterstützt werden Initiativen wie „Mietenwahnsinn Nord“, „Kiezkommune“ oder „Deutsche Wohnen enteignen“.
Möglich gemacht wird die Vereinsarbeit durch Spenden, 70 Fördermitglieder und 40 Aktive aus allen Altersgruppen, die über eine Telegram-Gruppe vernetzt sind und sich je nach freier Zeit selbst in einen Online-Schichtplan für die Touren eintragen können. „Wann du dazu stößt und wie lange du dabei bist, kannst du selbst entscheiden“, sagt Michael, ein Aktiver, der heute hinter dem Tresen steht. Die Vorbereitungen beginnen meist gegen 14 Uhr, die erste Tour startet gegen 18 Uhr, die zweite Tour gegen 20 Uhr. Aufgeräumt wird in der Regel ab 22 Uhr. Wer nicht mit auf Tour gehen möchte, kann beim Abholen der Lebensmittel oder beim Sortieren der Kleiderspenden helfen. Es ist gerade diese Flexibilität, die viele der Helfenden schätzen. Niemand muss sich für einen festen, regelmäßigen Termin festlegen. „Und trotzdem ist noch nie eine Tour ausgefallen“, freut sich Alex. „Es ist manchmal anstrengend. Aber dann ist es doch jedes Mal wieder beeindruckend, wenn der Wagen wieder vollbepackt losgeht“, ergänzt Michael.
Berliner Obdachlosenhilfe e.V.
Lynarstraße 38
13353 Berlin-Wedding
Geldspenden für die Berliner Obdachlosenhilfe:
GLS-Bank IBAN DE76 4306 0967 1213 3027 00
BIC: GENODEM1GLS
oder über www.betterplace.org
Sachspenden können immer mittwochs, freitags und samstags 14–18 Uhr und sonntags von 15 bis 18 Uhr in der Lynarstraße 38 (Nähe S‑Bahnhof Wedding) abgegeben werden. Bitte vorher auf der Website des Vereins unter “Bedarfsliste” schauen, welche Sachen gebraucht werden.
Wer mitmachen will bei der Berliner Obdachlosenhilfe, kann sich in den Online-Schichtplan einschreiben und vorbeikommen. Infos zu allen Tourzeiten, Standorten und den Schichtplan findet ihr hier:
Dieser Beitrag ist 2022 erstmals erschienen und wurde aktualisiert neu veröffentlicht.