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Eine Zeitreise in die 90er:
Café Pförtner: Abenteuerspielplatz mit gutem Essen

Ein Café und Restaurant voller Details, ausgefallener Ideen und von zeitlosem Charme
1. September 2023
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Das Café Pfört­ner hat vie­le Gesich­ter. Begin­nen wir erst ein­mal mit dem Essen, denn die Mit­tags­kar­te mit täg­lich vier neu­en Gerich­ten wech­selt abends in eine Kar­te mit ambi­tio­nier­ten Spei­sen. Dane­ben gibt es auch Kaf­fee­spe­zia­li­tä­ten, Kuchen und jede Men­ge unge­wöhn­li­che Bier­sor­ten, meis­tens aus Fran­ken. Aber das Café erzählt noch mehr Geschich­ten, und die haben viel mit dem fast ver­schwun­de­nen Ber­lin der Nach­wen­de­zeit zu tun.

Peter Ull­rich ist gebür­ti­ger Fran­ke und vor knapp zehn Jah­ren in den Wed­ding gezo­gen. Vor­her betrieb er meh­re­re Loka­le an der Tor­stra­ße in Alt-Mit­te, doch die Gold­grä­ber­zeit der 90er war irgend­wann unwei­ger­lich vor­bei, der Kapi­ta­lis­mus hat­te alle krea­ti­ven Orte auf­ge­fres­sen. Gemein­sam mit einem Künst­ler, Fred Rubin, hat­te er in sei­nen Loka­len Relik­te aus DDR-Gebäu­den oder Stra­ßen­la­ter­nen umfunk­tio­niert oder Metall­pa­let­ten in Sitz­mö­bel ver­wan­delt. Nun­mehr in den Wed­din­ger Pan­ke­kiez ver­trie­ben, über­nahm er 2015 das Café Pfört­ner, das schon vor­her als Künst­ler­treff­punkt rund um den ehe­ma­li­gen Lini­en­bus auf dem Hof der Ufer­hal­len bekannt war.

Fin­det man im Ost­teil Ber­lins noch das, was die unmit­tel­ba­re Nach­wen­de­zeit ästhe­tisch aus­ge­strahlt hat, und wes­we­gen noch immer so vie­le Besu­cher nach Ber­lin kom­men? Kaum noch. Dafür aber im Wed­ding. „Der Wes­ten ver­os­tet“, sagt Bild­hau­er Fred Rubin, „30 Jah­re hat es gedau­ert, bis man die Ästhe­tik der DDR zu schät­zen gelernt hat.“ Jetzt fin­det man die 90er-Atmo­sphä­re eben in der Ufer­stra­ße, zumin­dest noch. Denn auch die Ufer­hal­len sind von Auf­wer­tung bedroht, die ers­ten Auf­sto­ckungs­ar­bei­ten für teu­re Woh­nun­gen ste­hen in den Startlöchern.

Und eben­so wie das Ost­ber­lin der frü­hen 90er ist das Café Pfört­ner ein ein­zi­ger Aben­teu­er­spiel­platz. Denn ver­spielt, ja, das ist wohl der bes­te Aus­druck, um das alles zu beschrei­ben: ver­schnit­te­ne, dun­kel-geheim­nis­vol­le Innen­räu­me der ehe­ma­li­gen Pfört­ner­lo­ge der BVG-Werk­statt, ein Anbau mit einem schwar­zen Flü­gel, auf dem manch­mal Gäs­te spon­tan Kla­vier spie­len, ein Außen­be­reich im Ufer­hal­len­hof, begrenzt durch den blau­en 70er-Jah­re-Lini­en­bus, in dem man natür­lich Bus­fah­rer spie­len oder sich ein­fach in die Plas­tik­scha­len­sit­ze fal­len las­sen kann. Zur Ufer­stra­ße hin sind eben­falls vie­le Tische, die aus Metall­pa­let­ten der benach­bar­ten Bra­che zu Sitz­ge­le­gen­hei­ten und Pflan­zen­kü­beln umfunk­tio­niert wur­den. Die typi­schen DDR-Rund­schei­ben­leuch­ten, die Ost­ber­lin frü­her in das cha­rak­te­ris­ti­sche trü­be gel­be Licht getaucht haben, fin­den sich dort eben­falls, künst­le­risch zu einer Lam­pen­grup­pe zusam­men­ge­schweißt. Fred Rubin, der in Paris stu­dier­te, hat somit ein Stück DDR-Design in den Wed­ding verpflanzt. 

Drin­nen ist auch Kunst zu fin­den, „nur Bil­der, die ich auch wirk­lich sehr mag“, sagt Betrei­ber Peter. Ansons­ten wirkt alles dun­kel, indus­tri­ell, retro, aber zugleich auch von zeit­lo­ser Schön­heit. Schwer zu sagen, wie alt man­che Ein­rich­tungs­ge­gen­stän­de sind. Und doch ist das Restau­rant ganz Kind der Jetzt­zeit, die Beschrif­tung der Tafel über der The­ke erfolgt zwei Mal täg­lich neu. Der Wech­sel der Spei­sen, das täg­lich aufs Neue Über­ra­schen­de ist dem Café Pfört­ner wich­tig. Man kann in die halb­of­fe­ne Küche hin­ein­schau­en, die Freu­de am Kochen spürt man als Gast. Und wer sich dann auch noch auf Bier aus Fran­ken, dem Bier­land par excel­lence, ein­lässt, fin­det dort auch vie­le Sor­ten wie Spal­ter Stadt­bräu, Nürn­ber­ger Schan­zen­bräu und Berg Kristallweizen.

Wenn ihr also im Wed­ding die 90er in Ost­ber­lin (wie­der) erle­ben möch­tet, Spaß an einem aus­ran­gier­ten Lini­en­bus und jeder Men­ge künst­le­ri­schem Upcy­cling-Charme habt, sei euch der Besuch des Café Pfört­ner ans Herz gelegt. Wegen des abwechs­lungs­rei­chen Essens sowieso.

Café Restau­rant Pfört­ner, Spei­se­kar­te online, Insta­gram

Ufer­str. 8

Mo-Fr 9 – 0 Uhr, Sa 11 – 0 Uhr, So Ruhetag

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

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