Wer aufs Auto verzichten muss (aus finanziellen Gründen) oder möchte (aus ökologischen Gründen), findet in den meisten Kiezen im Wedding mit Bus, Tram und Bahn ganz gute Alternativen. Wir haben sie alle einmal getestet. Weil wir sie lieben. Manchmal.
U‑Bahn
Unseren Stadtteil durchqueren gleich drei U‑Bahnlinien. Die U 6 rauscht seit 1923 schnurgerade unter der Müllerstraße durch. Pluspunkt: sie ist schnell und bindet den Wedding gut an den Flughafen Tegel und Berlin-Mitte rund um die Chaussee- und die Friedrichstraße an. Wer unbedingt will, kommt mit ihr auch gut nach Kreuzberg und zum Tempelhofer Feld. Minuspunkte: sie ist nicht durchgängig barrierefrei – vor allem am viel zu engen Bahnhof Seestraße fehlt noch der dringend benötigte Aufzug. Außerdem kann die BVG wegen des akuten Wagenmangels nicht den Takt im Berufsverkehr verdichten – es ist schon lange geplant, dass die Züge alle vier Minuten kommen sollen statt alle fünf.
Die U 9 ist die modernste Linie Berlins. Sie beginnt an der Osloer Straße, wo auch die U 8 vorbeikommt. Minuspunkt: Am Leopoldplatz lässt es sich gut von der U 6 in die U 9 umsteigen – leider fährt einem gefühlt immer eine Bahn vor der Nase weg. Pluspunkt: Die Verbindung zum Zoo und nach Steglitz ist exzellent.
Mit der U 8 ist der östliche Teil unseres Stadtteils gut mit Reinickendorf, dem Alex und Neukölln verbunden. Pluspunkt: die Stationen Gesundbrunnen und Voltastraße aus dem Jahr 1929 sind seit ihrer Sanierung sauber und ansprechend. Minuspunkt: das Publikum in der U 8 kann man gelinde ausgedrückt als Freakshow bezeichnen. Aber vielleicht macht ja dieses komische Gefühl in der U 8 für manche den Reiz der Weltstadt aus?
S‑Bahn
Gleich zwei Strecken durchqueren unseren Stadtteil und binden ihn in alle vier Himmelsrichtungen an. Die Nordsüdbahn streift mit drei Zulaufstrecken von Oranienburg (S1), Hennigsdorf (S 25) und Bernau (S 2) den Bahnhof Gesundbrunnen. Dort kommt dann auch die Ringbahn hinzu, die erst seit 2003 wieder ohne Pause im Kreis fährt. Wenn sie denn fährt. Dann ist sie die wichtigste Verbindung nach Osten (Prenzlauer Berg, Ostkreuz) und Westen (Jungfernheide, Westkreuz). Pluspunkt: es ist halt die Berliner S‑Bahn. Minuspunkt: es ist halt die Berliner S‑Bahn.
Regionalexpress
Auf dem Papier eine großartige Sache. Vom Bahnhof Gesundbrunnen geht es in Richtung Hauptbahnhof, Wittenberg und Elsterwerda, aber auch nach Rostock (RE 5) und Stralsund (RE 3) und somit fast direkt an den Ostseestrand. Mit dem RE 6 kommen Fahrgäste in Richtung Jungfernheide, Neuruppin und Wittenberge. Schick ist auch der halbstündliche verkehrende FEX direkt zum Flughafen BER (Achtung, im Tarifbereich C!). Pluspunkt: sitzt man erst mal in einem Zug, kommt man damit ziemlich schnell und weit weg. Minuspunkt: Gerade im Sommer sind die Ostseezüge (trotz Doppelstockwagen) völlig überlastet. Reservierungen kann man im Regionalzug leider nicht vornehmen.
Tram
1995 war der Wedding der einzige Bezirk im Westen Berlins, der wieder eine Straßenbahnstrecke erhielt. Seitdem ist die Tram auf der Seestraße und auf der Osloer Straße nicht mehr wegzudenken. Pluspunkt: schneller kommt man auf dem Autobahnzubringer mit dem Auto auch nicht voran. Minuspunkt: wegen der hohen Geschwindigkeit der Straßenbahnen und ihrem langen Bremsweg sind schon viele Unfälle mit Fußgängern auf dem Mittelstreifen passiert.
Bus
Wer Bus fährt, muss Zeit mitbringen. Auf der Müllerstraße gurkt der 120er herum, der M27 kommt lange nicht und dann gleich im Rudel, und wieder andere Linien wie der 247 und der 142 sammeln mit ihren mäandernden Linienführungen auch noch den letzten Fahrgast ein. Der neue elektrische 147er ab Leo ist eine schnelle und praktische Verbindung zum Hauptbahnhof. Pluspunkt: mit dem Bus kommt man eigentlich überall im Wedding hin. Minuspunkt: Schnell ist was anderes. Die unpünktlichsten Buslinien waren laut Statistik lange Zeit der 106 und der 120.
Der 142er könnte ja alle 10 Minuten fahren und der 221 sollte überhaupt mal fahren. Ich finde aber, Berlin sollte nur Busse und U‑Bahnen einsetzen. Die Busse dann sehr oft. Die Straßenbahnen verkomplizieren m.E. nur den Straßenverkehr, der in Berlin schon chaotisch genug ist. Natürlich gehören auch die Radfahrer auf eigene Spuren und der Fußgänger muss besonders geschützt werden. Aber das ist ein anderes Thema.