In der Nacht zum 15. Juli ist für die Menschen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gewissermaßen die Welt untergegangen. Die Unwetter haben Häuser, Straßen und Existenzen zerstört sowie viele Opfer mit sich gebracht. Die Ereignisse haben auch unsere Redaktion erschüttert, denn die Familie eines unserer Redaktionsmitglieder lebt mitten im betroffenem Gebiet in NRW.
Als mich meine Mutter am Abend des 14.Juli anrief, ahnte ich noch nichts Schlimmes. Sie erzählte, ihr Arbeitgeber habe sie vorsichtshalber frühzeitig nach Hause geschickt, denn er habe die Info bekommen, der vorhergesagte Starkregnen könne zu Überflutungen führen.
Durch Euskirchen – dem Wohnort meiner Familie – fließt ein kleiner Bach, die Erft. In der Vergangenheit kam es schon zu Unwettern, welche die Erft zum Überlaufen gebracht haben, die Schäden hielten sich jedoch immer in Grenzen und gingen nie über ein paar überflutete Keller hinaus.
Doch diesmal war bekanntlich alles anders. Während meine Mutter und ich am 14. Juli noch der Meinung waren, die Behörden würden sicher übertreiben, sah ich einen Tag später die Bilder meiner zerstörten Heimat in den Nachrichten. Der Kontakt zu meiner Familie war abgerissen, weil Strom und Netz ausgefallen waren. Um ehrlich zu sein, begriff ich das Ausmaß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, es kam mir alles so surreal vor, die eigene Heimat unter Wasser zu sehen. Außerdem hatte ich anfangs auch noch die Sorge um meine Familie: Hoffentlich ist niemandem etwas passiert! Steht das Haus noch? Es waren schreckliche 24 Stunden, in denen ich meine Informationen nur aus den Nachrichten bekam. Dann der Anruf meiner Mutter, die mich aus der Ungewissheit riss: Unser Haus stehe noch, alle seien gesund, lediglich der Garten sei unter Wasser. Meine Tante ein paar Dörfer erftaufwärts jedoch hat es härter getroffen. Das Haus, welches sie erst vor 6 Monaten gekauft haben, stand bis zum Erdgeschoss in der braunen Suppe, das Auto ist ebenfalls weggeschwommen.
Erst durch das Gespräch und die Fotos, die mir dann von Familie und Freunden zugespielt wurden, habe ich dann das Ausmaß der Überflutungen begriffen. Es fühlt sich immer noch befremdlich an, die Heimat in absehbarer Zeit nicht im gewohnten Zustand sehen zu können und von Berlin aus berufsbedingt nicht helfen zu können.
Was mich aber besonders freut: Die Solidarität der Menschen vor Ort ist einfach überwältigend. Jeden Tag sehe ich in den sozialen Medien, wie meine Freunde und Bekannten helfen, die Stadt wieder aufzubauen. Diejenigen, die Glück hatten und deren Häuser noch bewohnbar ist, bieten Schlafplätze und Duschen an; es ist schön zu sehen, wie die Menschen zusammenhalten.
Ich werde meine Heimat im Rheinland voraussichtlich erst wieder im September besuchen. Schon jetzt ist klar: Die Zugfahrt wird knapp sechs statt 4:20 Stunden dauern, denn die Bahnstrecke führte ursprünglich durch Hagen, wo die Gleise bis auf weiteres nicht befahrbar sind. Eine kleine Einschränkung, wenn man es damit vergleicht, was die Menschen in Euskirchen im Moment durchmachen.
Bis dahin bin ich einfach nur froh, dass niemand aus meiner Familie verletzt oder getötet wurde.
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