Das Stattbad Wedding beherbergt vom 5. bis 8. November wieder ein neues kulturelles Projekt. Das leere Becken und die anschließenden Räumlichkeiten inspirieren mit ihrer gefliesten Kargheit dazu, sie mit Ideen zu füllen. Bei der aktuellen Ausstellung stammen diese Ideen von den Master-Studierenden des Studiengangs Bühnenbild_Szenischer Raum der Technischen Universität. Sie zeigen sechs Ausstellungskonzepte für die Sammlung des Skateboard Museums.
Das Skateboard Museum gab es 10 Jahre lang als öffentliche Einrichtung in Stuttgart, bis es seine Räumlichkeiten verlassen musste. Es soll nach diesem ungewollten Ende nicht in Frieden ruhen, sondern in Berlin zu neuem Leben erweckt werden. Noch wird es nicht konkret, es fehlt an Raum und Finanzierung und damit an langfristiger Sicherheit. Da sind die Studenten mit ihren Ideen der Wirklichkeit weit voraus. Ihre Modelle, Collagen und Zeichnungen sind Visionen von einem äußerst lebendigen Museum, in dem man die Skateboardkultur in Verbindung mit Street Art kennenlernen kann. Im Rahmen der Pressekonferenz am 4. November präsentierten alle Studenten ihre Projekte und erklärten, wie sich ihre Museumskonzepte jeweils dem Thema annähern. Jedes Konzept hat einen anderen Schwerpunkt.
Sechs Miniaturmodelle bieten uns Einblick in die Welt des Rollbretts
1. Es soll ein Thema zum Anfassen sein, das man mit seinem Körper erleben kann. Im Museumskonzept „Regel und Bruch“ kann man die Stürze vom Skateboard auf einer riesigen Sprungmatte im ehemaligen Schwimmbecken üben. Hier wird auch mit dem Motiv des Verbotenen gespielt, mit der Rebellion der Skateboarder und Street Artists. Der Besucher muss vermeintliche Normen und Grenzen übertreten, wenn er alle Räume des Museums erobern will.
2. Auf dem Skateboard sind alle gleich. Es zählen nicht Herkunft und Hintergründe, sondern nur die eigene Hingabe an den Sport, eben „Sein statt Schein“. Einblicke in die Lebensräume fiktiver Skater zeigen, wie verscheiden die Menschen sind, die die Liebe zum Brett verbindet.
3. Zum Skaten gehören auch Ausdauer und Leidensfähigkeit. Stürze, Schrammen und Blessuren sind Juwelen des Schmerzes, die jeder Skater sammelt. Beim Konzept „Jewels of Pain“ leiten persönliche Schmerzpunkte einzelner Skater den Besucher durch die Ausstellung. Der Weg durchs Museum ist hier ebenso schwierig zu meistern, wie der Weg zum Profi-Skater. Die Räume sind unwegsam und werden zum Hindernis. Beide, Skater und Besucher, gehen den mühsamen Weg zum Erfolg.
4. Alles ist in Bewegung, im Wandel, in „Transition“. Eine Metallskulptur erobert den gesamten Raum, breitet sich als riesige Schlange überall aus. Auch das Skateboard erschließt sich immer wieder neue Räume und bietet eine dynamische Kultur.
5. In „Babylon“ geht es um unterschiedliche Blickpunkte. Skater und Streetart Künstler durchstreifen die Stadt suchend: Sie suchen nach neuen Spots, für den Sport, für die Kunst. Als Besucher wechselt man in diesem Konzept immer wieder seine Perspektive und seinen Blickpunkt und entdeckt Spots.
6. Was wir im Museum sehen ist Kunst – oder? Im Museum staunen wir ehrfürchtig vor Graffitis, über die wir sonst als Schmiererei und Vandalismus schimpfen, wenn sie uns an Häuserwänden und U‑Bahnen begegnen. Beim Konzept „Immersives Erlebnis“ kann jeder sein Verhältnis zur urbanen Kunst auf den Prüfstand stellen.
Die Studierenden zeigen mit ihren Entwürfen: das Museum von morgen will mehr sein als ein Archiv für eine Sammlung. Es will dem Besucher helfen, sich ein Thema zu erschließen, einen Zugang zu finden. Darüber hinaus will es ein Thema erfahrbar machen, körperlich wie emotional. Ein Museum muss keine toten Gegenstände aufbahren, denen man mit ernstem Blick die letzte Ehre erweist. Anfassen, ausprobieren, erkunden, hinter verbotene Türen schauen, … hier werden Exponate mit Leben gefüllt. Das funktioniert vielleicht nicht mit einer barocken Ölgemäldesammlung, sehr gut aber mit Skateboards und Street Art.
Skateboard & Urban Culture Museum – Szenografische Ausstellungskonzepte
Ausstellung im Stattbad Wedding, Gerichtstraße
Öffnungszeiten: vom 5. bis 8. November, jeweils 13 – 18 Uhr
Familientag (mit Kinderrampe zum Ausprobieren): 8. November, 11 – 17 Uhr
Eintritt frei
Text: Sigrun Wetzel, Fotos: Sigrun Wetzel/Dominique Hensel