Das gibt es in Berlin selten: unter dem Asphalt fährt die U‑Bahn, und oben fährt eine Buslinie kilometerlang die gleiche Strecke ab. Zwischen den U‑Bahnhöfen Reinickendorfer Straße und Rehberge verkehrt mit dem 120er eine traditionsreiche Buslinie. Wir stellen zum Abschluss unserer Serie über Busse im Wedding den Bus vor, der wie kein anderer den Wedding auf seiner zentralen Nord-Süd-Achse durchquert…
Schon seit 1949 betrieb die BVG ab der damaligen U‑Bahn-Endstation Seestraße unter dem Namen A12 eine Linie nach Frohnau. 1957 wurde der Anfangs-/Endpunkt an den Leopoldplatz verlegt, und ab 1961 starteten und endeten die Doppeldeckerrouten des 12er-Busses an der Berliner Mauer in der Gartenstraße. Nach dem Mauerfall wurde die Linie ein paar hundert Meter zur Eberswalder Straße in Prenzlauer Berg verlängert. Auch das Ziel im Norden änderte sich, von 1994 bis 2004 fuhr der inzwischen in 120 umbenannte Bus zum Humboldtkrankenhaus in Tegel. Bei der großen Netzreform 2004 wurde der Bus 120 wieder auf seine traditionsreiche, lange Strecke zwischen dem Leopoldplatz und Frohnau zurückverlegt. Als dann 2006 der Hauptbahnhof eröffnet wurde, wurde die Linie sogar bis dorthin ausgedehnt. Nun war die Strecke des 120ers, der vom trubeligen Hauptbahnhof über den Leo bis an den Waldessaum in der Hainbuchenstraße in Frohnau führte, 20 Kilometer lang. Jede noch so kleine Verspätung in der Innenstadt wirkte sich bis kurz vor der Stadtgrenze aus. Daher beschloss die BVG 2012 eine Aufteilung der Langstreckenlinie. Seither endet der 120er schon im Märkischen Viertel. Trotzdem braucht der Bus, wenn es nach dem Fahrplan geht, immer noch eine gute Stunde bis zu seinem Ziel Seydlitzstraße, kurz hinter dem Hauptbahnhof in Moabit. Und wenn bald der Bundesnachrichtendienst seine Zentrale an der Chausseestraße eröffnet, in deren Nähe der 120er-Bus fährt, könnte die Linienführung grundsätzlich in Frage gestellt werden. “Eine Taktverdichtung der Linie 120 ist allein im Zusammenhang mit der Eröffnung des BND-Gebäudes nicht vorgesehen”, teilt uns die BVG dazu mit. Vielmehr bestünden konzeptionelle Überlegungen, wie im Allgemeinen das Angebot verbessert werden kann, um den stetigen Veränderungen und damit auch den sich wandelnden Anforderungen gerecht zu werden. Dabei könnte auch die Umsteigesituation vor dem BAYER-Gebäude einmal überdacht werden, wo die Verknüpfung mit dem M27er nur in Richtung Süden gegeben ist.
Heute tuckern die Doppeldecker im Zehn-Minuten-Takt durch den zentralen Teil des Wedding, aber oft stehen sie auch hier im Stau. So richtig spielt der unzuverlässige Bus mit seinen beiden weit voneinander entfernten Enden seinen Vorteil als bequemer Müllerstraßen-Shuttle nicht aus. Das ist schade, denn ähnlich wie die Busse auf dem Ku’damm ist der 120er-Bus ganz praktisch für Einkäufe in den Geschäften auf der Müllerstraße, aber man kommt auch (allerdings sehr gemächlich) vom Leopoldplatz zum Hauptbahnhof oder mitten in den Schillerpark.
[…] 120 Hauptbahnhof – Leopoldplatz – Märkisches Viertel 77,5 % (Linienporträt) […]