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Der "Adorant" am Leopoldplatz:
Antike Eleganz im Schatten von Schinkels Architektur

26. Dezember 2024
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Inmitten des lebendigen Treibens am Leopoldplatz, zwischen vorbeirauschenden Bussen und den Schritten eilig vorbeiziehender Passant:innen, steht ein stiller Zeuge einer längst vergangenen Zeit: die Statue des „Adoranten“. Der nackte Jüngling mit erhobenen Händen wirkt fast verloren an der Bushaltestelle der Linien 142 und 221 – und doch ist er ein verstecktes Highlight im Wedding.

Die Skulptur zeigt eine Haltung, die weit in die Vergangenheit zurückreicht. Mit erhobenen Armen und leicht nach oben gewandtem Blick verkörpert der „Adorant“ die Gebetshaltung der Antike. Anders als in der christlichen Tradition drückt diese Geste eine universelle Hingabe aus, die nicht an eine bestimmte Religion gebunden ist.

Der „Adorant“ ist ein Bronze-Nachguss eines Originals aus der Zeit um 325 v. Chr. und erzählt von einer beeindruckenden Reise: Vom Potsdamer Park Sanssouci, wo das Original einst vor dem Arbeitszimmer Friedrichs des Großen stand, hat diese kleine, aber symbolträchtige Figur ihren Weg in den Wedding gefunden. Hier steht sie nun – ein wenig im Verborgenen, ohne Erklärungen, aber voller Geschichten. Wer das Original, das auf der Insel Rhodos gefunden wurde, bestaunen möchte, findet es im Alten Museum.

Der Nachguss entstand 1914 für das Grabmal Köttgen auf dem Urnenfriedhof am Krematorium Wedding. Als die Grabstelle auslief, schenkten die Erben die Skulptur dem Bezirk Wedding. Seit etwa 1958 steht der Betende Knabe am heutigen Standort nahe der Schulstraße.

Im Dialog mit der Alten Nazarethkirche

Alte Nazarethkirche

Die besondere Wirkung des „Adoranten“ entfaltet sich noch deutlicher in seiner Nachbarschaft: Nur wenige Schritte entfernt erhebt sich die Alte Nazarethkirche, ein Bauwerk des großen Architekten Karl Friedrich Schinkel von 1835. Mit ihren klaren Linien, dem strengen Rechteckgrundriss und den Portiken erinnert die Kirche selbst an die Architektur antiker Tempel. Die Verbindung zur Antike ist nicht zufällig: Schinkel, geprägt vom Klassizismus, ließ sich stark von den Tempelbauten Griechenlands und Roms inspirieren. Seine Werke streben eine zeitlose Harmonie an, die auch die Haltung des „Adoranten“ widerspiegelt.

Es ist ein faszinierender Dialog, der sich hier entfaltet: Der „Adorant“, mit seiner stillen Hingabe, scheint die architektonische Sprache der Nazarethkirche aufzugreifen und fortzuführen. Die Nähe der beiden macht den Ort zu einem fast unentdeckten Ensemble, das antike Ideale mitten in den Wedding transportiert.

Dieser besondere Ort bietet viel Potenzial, um neu belebt zu werden. Zunächst einmal müsste die Skulptur nicht so unscheinbar zwischen einem Imbisswagen, der Bushaltestelle und dem U-Bahn-Eingang versteckt stehen. Und wie wäre es mit einer Tafel, die die Verbindung zwischen dem „Adoranten“ und der Alten Nazarethkirche aufgreift? Mit der Alten Nazarethkirche im Blick und der Skulptur an der Schulstraße zu Füßen bietet der Leopoldplatz ein Fenster in eine andere Zeit. Ein Ort, der entdeckt werden will.

An der Schinkelkirche am Leo: Adorant, verschneit
Verschneiter Adorant am Leopoldplatz, Foto Renate Straetling

5 Comments Leave a Reply

  1. Wie schön, dass der Adorant mal wieder Thema ist! im Laufe der Jahre habe ich etliche Fotos von dieser anmutigen Statue gemacht und oft genug andere Spraymuster und -farben festgehalten.
    Ein ansprechenderer einsehbarerer Standort auf dem Leo kann dem betenden Jüngling vermutlich einen Großteil der
    wechselnden bunten schrillen Deko ersparen.
    Erst letztlich wieder musste ich einen Nachbarn, der auch schon länger hier lebt, zwischen Coffee Män und BVG-Lift durch den dunklen Schatten der Bäume führen, um ihm die Skulptur überhaupt erstmals vorzuführen.

  2. Danke für den Bericht.Ja auch der Leopoldplatz und Umgebung gehören zu Mitte. Es lohnt sich, wenn Stadtplaner/gestalter auch den Blick von der „alten Mitte“abwenden hin zum Wedding richten würden und das mit gleichem Interesse und finanziellen Aufwand.

  3. Danke für diese Entdeckung! Habe diese Skulptur schon oft gesehen, aber kaum beachtet. Auch ich finde die Gestaltung des Leo an vielen Stellen verbesserungswürdig.

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