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Nicht warten, dass es andere tun:
Ansichtssache: Müll selbst aufheben

12. März 2024
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Beim The­ma Müll bin ich manch­mal hin- und her­ge­ris­sen. Ja, ich weiß, es gibt im bun­ten Wed­ding vie­le Men­schen, die Ziga­ret­ten­kip­pen und Müll acht­los fal­len­las­sen. Dazu kom­men die Müll­ab­la­ge­run­gen, die sich an man­chen Ecken bil­den, und die, wenn sie nicht schnell ent­sorgt wer­den, in Win­des­ei­le anwach­sen. Dazu äußern man­che Wed­din­ger den Ver­dacht, ihr Stadt­teil wer­de von der Ber­li­ner Stadt­rei­ni­gung (BSR) nicht so gut gerei­nigt wie ande­re Stadt­tei­le. Was tun?

Die Lit­ter­pi­cker auf dem Flak­turm im Hum­boldt­hain. Foto: Andar­as Hahn

Doch sich nur über ande­re auf­zu­re­gen, hilft auf Dau­er auch nicht wei­ter. Es gibt immer mehr Wed­din­ger, die selbst zu Zan­ge und Müll­sack grei­fen – und das nicht nur im Früh­jahr, wenn alles vom Win­ter­dreck befreit wird. Ver­mut­lich ist die­se Lis­te nicht voll­stän­dig, so vie­le gibt es: ange­fan­gen mit einer Müll­grup­pe im Spren­gel­kiez, die sich regel­mä­ßig trifft und gemein­sam den Kiez vom Unrat befreit. Auch hat die Grup­pe Wir am Leo mehr­fach das Müll­pro­blem ange­packt, genau­so wie die Initia­ti­ve Leben im Park­vier­tel, die den Schil­ler­park sau­ber­hält. Im Orts­teil Gesund­brun­nen ist es die 2020 ent­stan­de­ne Lit­ter­pi­cker-Grup­pe, die sich jeden Frei­tag rund um die Pank­stra­ße und den Hum­boldt­hain zusam­men­tut und müll­sä­cke­wei­se Ziga­ret­ten­stum­mel, Geträn­ke­pa­ckun­gen und Kaf­fee­be­cher sam­melt. Manch­mal sind es auch, oft älte­re, Pri­vat­per­so­nen, die nicht lan­ge schna­cken, son­dern ein­fach zupa­cken, sich bücken und den Müll vor ihrer Haus­tür in die nächs­te Müll­ton­ne beför­dern. Unge­fragt, ohne dafür Applaus zu bekommen.

Foto links: Müll­grup­pe Spren­gel­kiez, r.o.: Leben im Park­vier­tel, r.u.: Lit­ter­pi­cker Foto A. Hahn

Das nötigt mir Respekt ab. Machen statt Meckern, und aus der Fer­ne betrach­tet fand ich das auch immer einen begrü­ßens­wer­ten Ansatz. Neu­lich orga­ni­sier­te eine Nach­ba­rin einen Clean-up für unse­ren Häu­ser­block, jede Men­ge jun­ge Fami­li­en mit Kind und Kegel waren dabei. Erst hat­te ich dar­auf über­haupt kei­ne Lust, doch nach weni­gen Minu­ten pack­te auch mich das Sau­ber­keits­fie­ber. Zahl­rei­che Schnaps­fla­schen beför­der­te ich aus dem Gestrüpp, wäh­rend ande­re vor allem Süßig­kei­ten­ver­pa­ckun­gen auf­sam­mel­ten, die vor allem in der Nähe unse­rer Grund­schu­le her­um­lie­gen. Das Gemein­schafts­ge­fühl tat gut, und ich habe ganz ver­ges­sen, mich über die BSR, die gedan­ken­lo­sen Pas­san­ten oder rück­sichts­lo­sen Rau­cher auf­zu­re­gen. Und wenn ich jetzt Müll in der von mir gerei­nig­ten Ecke sehe, bücke ich mich und hebe ihn auf. Beim Arbei­ten habe ich mei­ne Nach­barn noch ein­mal viel bes­ser ken­nen­ge­lernt, und daher hat es wirk­lich Spaß gemacht.

Es stimmt, es gibt immer mehr Müll und Dreck auf unse­ren Stra­ßen. Aber dass so vie­le Wed­din­ger zupa­cken und selbst tätig wer­den, lässt sich auch nicht von der Hand wei­sen. Und das gibt mir Hoff­nung, dass eben nicht allen egal ist, wie es auf ihren Stra­ßen und Bür­ger­stei­gen aussieht.

Umfrage

Fin­det ihr es gut, dass Pri­vat­per­so­nen im Wed­ding Müll sammeln?

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

10 Comments Schreibe einen Kommentar

  1. Zum Punkt Erziehung:
    Ich fin­de, jede Schul­klas­se soll­te 1x in der Woche 2 Stun­den ver­pflich­tend Müll­sam­meln gehen.
    Dann wür­den die Kin­der viel­leicht ihre Eltern erziehen.

  2. Müll sel­ber auf­he­ben ist mir zu müh­sam und vie­le Sachen sind auch ein­fach zu groß. Ich hab die App “Ord­nungs­amt Online”. Da kann man pri­ma Fotos machen von allem, was da auf der Stra­ße liegt, vom Kühl­schrank bis zum voll­ge­müll­ten Ein­kaufs­wa­gen. Die Adres­se des Fund­or­tes wird gleich auto­ma­tisch gene­riert und das Ord­nungs­amt schickt es dann an die BSR. Die Erfolgs­quo­te ist gemischt. Aber nach etwa einer Woche ist das meis­te ver­schwun­den (dafür liegt dann oft schon wie­der was Neu­es da…) Es ist ein biss­chen wie Glücksspiel. 🙂

  3. Mmn. müss­te man das Gegenteil.machen, Müll lie­gen las­sen, BSR ein paar Wochen weg­blei­ben. Wenn wir Müll­ber­ge bis zum 2. Stock haben und die Leu­te die ihn ver­ur­sa­chen anfan­gen ihn selbst zu räu­men oder weg­zie­hen erst dann wird es sich bes­sern. Wie oft ich schon zusah wie kin­der vor den Augen der Eltern ein­fach Müll auf den Biden war­fen, dien Müll­ton­ne direkt dane­ben, und die Eltern nix sag­ten. Ich den­ke ohne Erzie­hungs­mass­nah­men geht es nicht. Ich werd jeden­falls nicht den Leu­ten hin­ter­räu­men und ihnen die Füs­se küs­sen, die lachen sich doch noch tot über die Almans.

    Ein­fach mal die Müll­ber­ge wach­sen las­sen bis die Ver­ur­sa­cher nicht mehr mit ihren Kin­der­wä­gen und E‑Scootern durch­kom­men. Es wäre so schön.

    • Hal­lo Kai
      …die Leu­te die ihn verursachen…/ ….Wie oft ich schon zusah wie kin­der vor den Augen der Eltern ein­fach Müll auf den Biden war­fen, dien Müll­ton­ne direkt dane­ben… / … die Verursacher
      Potz­Blitz , da haben wir einen Augen­zeu­gen… nun da wür­de mich mal inter­es­sie­ren WER DIE SIND !!?? die du beim Müll­weg­wer­fen beob­ach­tet hast
      Gruß

    • Die Leu­te, die den Müll ver­ur­sa­chen, stö­ren sich höchst wahr­schein­lich nicht dar­an. Sonst täten sie es ja nicht.
      Lei­der reicht eine klei­ne Min­der­heit aus, um es allen ande­ren zu vermüllen.

  4. Die­se Aktio­nen sind lobens­wert, aber sinn­los. Wir zah­len alle nicht uner­heb­li­che Beträ­ge für die Stra­ßen­rei­ni­gung. Und kaum hat die BSR gefegt, sieht’s wie­der so aus. M E feh­len in der Stadt Müll­ei­mer, die an jeder Ecke hän­gen müss­ten und auch einer dazwi­schen, bzw da, wo sie gebraucht wer­den ( Schu­len, Kir­chen etc). Uner­klär­lich, war­um nicht auch in den BVG War­te­häus­chen, die wah­re Müll­de­po­nien sind, Müll­ei­mer ste­hen. Irr­sinn auch, dass in Park­an­la­gen Desi­gner-Müll­be­häl­ter­chen ste­hen, die mit nur einem Piz­za­kar­ton zuge­mùllt sind. Es braucht m E ein gross­ge­dach­tes Müll­kon­zept für die Stadt, wo auch die Abga­be von Müll nichts kos­tet. Die Zusatz­kos­ten müss­ten dann durch emp­find­li­che Buß­gel­der kom­pen­siert wer­den, die nicht nur die ille­ga­len Schwarz­ar­bei­ter, reno­vier­ter, ent­rüm­pel­te­ter Woh­nun­gen zu zah­len hät­ten , son­dern deren Auftraggeber .
    Ansons­ten bleibt es bei lie­bens­wer­ten, indes untaug­li­chen Nachbarschaftsaktionen.
    Simone

  5. Guten Mor­gen,
    Ich woh­ne in der Brüsselerstr.und prak­ti­zie­ren das schon län­ger: sich bücken, Papier, Becher etc. auf­he­ben und den nächs­ten Müll­ei­mer wer­fen. Auch in der Hoff­nung, dass ande­re sich den­ken, wenn die alte Frau das macht kann ich das doch auch, kei­ne Ahnung.
    Wenn jede Haus­ge­mein­schaft vor ihrer Türe ” keh­ren” wür­de hät­ten wir das Pro­blem nicht . Stimmt es, dass man Blu­men­kü­bel vor dem Haus auf den Geh­weg stel­len kann/darf, das wür­de ich ger­ne in mei­nem Stras­sen­ab­schnitt den Laden­be­sit­zern vor­schlä­gen, dann sieht unser Kiez gleich ganz anders aus!

  6. Es ist ein­fach eine Sache der Erzie­hung ob man selbst mit­ge­brach­te Abfäl­le zum nächs­ten Papier­korb bringt oder den Mit­men­schen vor die Füße wirft,
    Leu­te es ist Eure Heimat,die ihr immer mehr ver­sau­en lasst!!!

  7. Als ich noch am schö­nen Vin­eta­platz wohn­te habe ich jeden Tag mei­ne Run­de gedreht. Die Nach­barn haben mich für etwas selt­sam emp­fun­den (Fra­gen wie: Eh, hast Du Sozi­al­stun­den bekom­men??”) und Aktio­nen mit Anwoh­nern waren sehr schwer durch­zu­füh­ren. Das häu­figs­te Argu­ment “Wie­so soll i c h das machen?” Bei mir war beim Schau­en auf den Platz vom Bal­kon der Lei­dens­druck ein­fach zu gross und irgend­wann mal gehör­te das zu mei­ner Rou­ti­ne und habe mit der BSR pri­ma zusam­men­ge­ar­bei­tet. Jetzt bin ich dort weg­ge­zo­gen und weiss nicht, ob ich Nach­fol­ger habe. Nach mir die Sint­flut und die ner­vi­ge Schwe­din gibt jetzt Ruhe..

    • Lie­be Ceci­lia, ich bin in Dei­ne Fuß­stap­fen getre­ten. Nicht am Vin­eta­platz, aber in mei­ner Stra­ße. Es ist mei­ne beweg­te Pau­se an der fri­schen Luft. Statt Rau­chen, statt Kaf­fee gehe ich eine run­de Lit­ter­pi­ckern. Es ist wie Medi­ta­ti­on. Lie­be Grü­ße nach Ste­glitz! Dominique

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