Auf dem Gelände des Paul Gerhardt Stifts zwischen Müllerstraße und Schillerpark liegt ein wichtiges Gesundheits- und Pflegezentrum. Gesundheit und Pflege sind mit der Geschichte des Paul Gerhardt Stifts eng verwoben. Die Diakonissen, die hier viele Jahrzehnte lang wirkten, haben Kinder betreut, alte und kranke Menschen gepflegt. Auch heute wird die Pflege und die christliche Tradition der Nächstenliebe großgeschrieben. Den Internationalen Tag der Pflege am 12. Mai zum Anlass genommen, wurde das Pflegepersonal ins Bild gerückt. Tanja Griesel, Öffentlichkeitsreferentin des Stifts, beantwortet einige Fragen zur Situation des Personals und nimmt das Wichtigste vorweg: “Ohne Euch geht es nicht – vielen Dank!”
Wie hat Corona das Leben auf dem Gelände des Paul Gerhardt Stifts verändert?
Wir versuchen auf anderen Wegen als bisher, in Kontakt zu bleiben und auch unser geistliches Leben aufrechtzuerhalten: Andachten und Gottesdienste werden durch Video übertragen, es wird mehr telefoniert, Stiftsvorsteher Pfarrer Martin von Essen schreibt wöchentlich Briefe an die Bewohner des Paul Gerhardt Wohnstifts. Aus dem Wohnstift kam die Initiative, täglich um 19.00 Uhr an den Fenstern und Balkonen gemeinsam zu singen und dem Posaunen- oder Trompetenspiel im Hof zu lauschen. Gerade in den Wochen, in denen die strikten Corona-Einschränkungen galten, war das gelebte Solidarität – und ist es noch. Denn das Singen und Klatschen geht weiter.
Reicht es, Applaus zu spenden?
Es ist eine Geste. Das erkennen die Pflegekräfte an. Sie fühlen sich – vielleicht zum ersten Mal – wahrgenommen. Wenn man mit Ihnen spricht, werden aber auch Ihre Bedenken laut. Wie lange wirkt der Applaus nach? Wird sich etwas nachhaltig im Pflegeberuf verändern? Eine auf Dauer angelegte bessere Entlohnung muss das Ziel sein.
Erreicht euch die Corona-Einmalzahlung?
Genau die ist strittig. Der Regierende Bürgermeister Müller hat für Berlin erst einmal nur für die Pflegekräfte von Vivantes und Charite Einmahlzahlungen verkündet. Das Pflegepersonal der Diakonie geht vielleicht leer aus. – Das zeigt, wie die öffentliche Wahrnehmung – ach, die Politik tut etwas und würdigt die Pflege – und die tatsächliche Umsetzung – nur einige erhalten Geld und andere nicht – auseinandergehen. Das wird derzeit hier als große Ungerechtigkeit wahrgenommen.
Mit welchen Belastungen hatten die Pflegekräfte in den vergangenen Wochen zu kämpfen?
Strikte Quarantäneregeln galten für alle. Die Hygienemaßnahmen werden penibel genau umgesetzt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sehr flexibel und besonnen auf die Anforderungen reagiert. Sie haben z.B. auch Sorge getragen, dass Angehörige über Videobotschaften und Telefon mit ihren Familien in Kontakt bleiben konnten. Mittlerweile sind die Beschränkungen gelockert. Es gibt ein Zeitfenster für Besucher. Diese werden an der Anmeldung mit ihren Daten aufgenommen, über die Hygienemaßnahmen informiert, Handdesinfektion, das Tragen eines Mund- und Nasenschutzes sowie eines Schutzkittels sind erforderlich. Ca. 70 Besucher bei 130 Bewohnern kommen täglich ins Haus.
Was muss sich aus Sicht der Pflegekräfte ändern?
Die, mit denen wir gestern gesprochen haben, beklagen neben dem geringen Lohn und die fehlende Anerkennung, dass es kaum Nachwuchs gibt. Der Beruf ist wenig attraktiv: Harte Arbeit im Mehrschichtensystem, schlechte Entlohnung. Darüber hinaus gibt es auch immer weniger junge Menschen, die bereit sind, die Verantwortung zu übernehmen. Verlässliche Kolleginnen und Kollegen, die gern und gut im Team arbeiten, werden gesucht.
War der Tag der Pflege eine „Eintagsfliege“ – eine einmalige Wertschätzung?
Das Paul Gerhardt Stift wird das Thema Pflege zum Jahresfest am 7. Juni aufgreifen. Allen, die in der Pflege hier arbeiten, wollen wir auch weiterhin den Rücken stärken. Dazu haben wir uns noch die ein oder andere Überraschung ausgedacht.
Vielen Dank an Tanja Griesel, Öffentlichkeitsreferentin des Paul Gerdardt Stifts, für die Bereitstellung und Beantwortung der Fragen.
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