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“Bücher fürs Leben“: Antiquarische Bücher zu fairen Preisen

20. Juni 2014

Die Buch­hand­lung „Bücher fürs Leben“ hat bereits früh mei­ne Neu­gier geweckt. Immer wenn ich für den Ein­kauf zum benach­bar­ten Real-Super­markt schlen­de­re, pas­sie­re ich den schö­nen Laden in der Mül­lerstra­ße 47a und stö­be­re gern in den Ange­bo­ten vor der Tür. Schließ­lich neh­me ich mir nun Zeit, das Anti­qua­ri­at, das bereits seit mehr als 100 Jah­ren besteht, genau­er zu untersuchen.

Antiquariat 1Als ich den Laden betre­te, ruft mir jemand ein freund­li­ches „Guten Tag“ zu. „Hal­lo“ ent­geg­ne ich und schaue mich erst­mal um. Eigent­lich sehe ich weit und breit nur Bücher: Roma­ne, Lexi­ka, Kunst­bän­de, klas­si­sche Lite­ra­tur, Fach­li­te­ra­tur zu allen erdenk­li­chen The­men… fül­len die zahl­rei­chen Rega­le. Ich schnap­pe mir „Chi­ca­go on foot. An archi­tec­tu­al wal­king tour“, dann lenkt mich ein Kak­teen­rat­ge­ber ab und schließ­lich hal­te ich ein ein­zig­ar­ti­ges klei­nes Buch in den Hän­den: “Ovids Lie­bes­kunst”. Das schö­ne Buch­co­ver mit gol­de­nem Schrift­zug fas­zi­niert mich sofort.
Die Aus­wahl bei “Bücher fürs Leben” ist wirk­lich beein­dru­ckend. Schnell sehe ich, dass es hier noch mehr gibt: Dru­cke, Gra­fi­ken, Gruß­kar­ten, klei­ne Möbel­stü­cke, Schall­plat­ten, DVDs – es wirkt fast wie in einem gro­ßen his­to­ri­schen Sam­mel­la­ger. Irgend­wie ver­ges­se ich auch ganz die Zeit beim Gespräch mit dem herz­li­chen Laden­be­sit­zer Klaus Kreit­ling. Kreit­ling ist seit lan­gem in Ber­lin, das mer­ke ich. Die­ser Laden sei mitt­ler­wei­le sein drit­ter. Stolz erzählt er mir von gol­de­nen Zei­ten in Schö­ne­berg und Kreuz­berg. Zum Geschäft in der Mül­lerstra­ße ist er zufäl­lig gekom­men. Jetzt darf ich mir aber die gan­ze Geschich­te anhö­ren und Klaus, wie ich ihn schnell nen­nen darf, obwohl der Alters­un­ter­schied doch beträcht­lich ist, bit­tet mich, Platz zu neh­men in so einer Art VIP-Bereich des Buch­la­dens. Schnell fin­de ich mich dann auf einem gemüt­li­chen Sofa im hin­te­ren Bereich des Ladens wie­der und bekom­me eine Tas­se Tee gereicht. Das gefällt mir schon.

Unter neuer Leitung
Antiquariat 2

Nun erzählt mir Klaus, dass er irgend­wann den frü­he­ren Besit­zer des Anti­qua­ri­ats Frank Kör­ber-Hein ken­nen­lern­te und sie sich gut ver­stan­den. Klaus bot Kör­ber-Hein an, einen Teil sei­ner gro­ßen Bücher­samm­lung vor sei­nem Buch­la­den zu ver­trei­ben, um zu tes­ten, ob die Kun­den auf das neue Ange­bot reagie­ren. Neu war die Aus­wahl inso­fern, da Kör­ber-Hein sich auf christ­li­che Lite­ra­tur kon­zen­trier­te. Die Idee fruch­te­te und so einig­ten sich die bei­den Geschäfts­leu­te, dass Klaus schließ­lich den Laden ganz über­neh­men wür­de. Das ist jetzt bereits zwei Jah­re her. Bücher haben den 68-jäh­ri­gen schon immer fas­zi­niert. Beson­ders die Suche nach Außer­ge­wöhn­li­chen, das sich gut ver­kau­fen wür­de. Das sei so ein biss­chen wie eine Schatz­su­che. So hat sich im Lau­fe der Zeit ein gro­ßes Ange­bot aus vie­len The­men­ge­bie­ten angesammelt.

Antiquariat 3Bald wird es sich hier erneut ver­än­dern. Ich habe den Ein­druck, Klaus ist sich noch nicht sicher, wie er das fin­det. Er hat für sich beschlos­sen, den Ruhe­stand anzu­tre­ten und möch­te den Laden an eine gute Freun­din, Bir­git Woll­schlae­ger, über­ge­ben. “Sie hat noch die glei­che Ener­gie und Tat­kraft, die ich damals ver­sprüh­te. Ich weiß, bei ihr ist das Anti­qua­ri­at in guten Hän­den.“, so Klaus. Bir­git ist Mit­be­grün­de­rin der Künst­ler­grup­pe „müller47“, ein Zusam­men­schluss von Ber­li­ner Kul­tur­schaf­fen­den, die den Laden nut­zen möch­ten. „Es ist unser Ziel, einen klei­nen kul­tu­rel­len Licht­punkt umge­ben von Döner­lä­den, Inter­net­ca­fés, Mobil­funk­an­bie­tern und Nagel­stu­di­os zu schaf­fen.“, ver­rät mir Bir­git. Dafür soll die Anti­qua­ri­ats­buch­hand­lung in der jet­zi­gen Form bestehen blei­ben. Inhalt­lich gibt es jedoch eine Erwei­te­rung in der Form von künst­le­ri­schen und kul­tu­rel­len Pro­jek­ten, Aus­stel­lun­gen und Ver­an­stal­tun­gen. So soll es bei­spiels­wei­se ein Thea­ter­pro­jekt für Kin­der­gar­ten- und Schul­kin­der geben. Ein genau­es Datum der Über­ga­be des Anti­qua­ri­ats an die Künst­ler­grup­pe steht jedoch noch nicht fest, denn im Moment wird noch nach einem pas­sen­den Part­ner gesucht, der sich vor­stel­len kann, das Pro­jekt zu unter­stüt­zen. „Ide­al wären gleich­ge­sinn­te Kul­tur­schaf­fen­de, die die Umge­bung unter­stüt­zen möch­ten“, so Birgit.

Nicht nur Bücher sind der Renner

Wäh­rend wir erzäh­len, bedient Klaus den einen oder ande­ren Stamm­kun­den, der in den Laden fin­det. Dabei wirkt er kom­pe­tent und hilfs­be­reit. Obwohl Klaus erst seit zwei Jah­ren hier ist, habe ich das Gefühl, man kennt ihn sehr gut im Kiez. Nach­barn kom­men gern her­ein, um zu plau­schen. Gera­de als er sich wie­der mir wid­men möch­te, kommt erneut ein Kun­de: „Wie teu­er sind denn die Krü­cken vor der Tür?“, fragt er auf­ge­regt. “Für zehn Euro sind das Ihre”, ent­geg­net der Laden­be­sit­zer. Ich wun­de­re mich erst spä­ter über den skur­ri­len Ver­kauf von Krü­cken in einem Buch­la­den, doch jetzt ergibt es irgend­wie Sinn. „Trö­del ver­kau­fe ich unglaub­lich gut“ , erfah­re ich von Klaus. “Du glaubst gar nicht, was die Leu­te hier alles kau­fen.” Ich fra­ge lie­ber nicht, woher die­se Krü­cken stam­men. Klaus scheint jeden­falls kei­ne Geh­be­schwer­den zu haben.

Es gibt aber auch die Buch-Samm­ler, die gezielt in das Anti­qua­ri­at kom­men und zu bestimm­ten The­men­ge­bie­ten recher­chie­ren. “Alles kannst du heu­te auch nicht im Inter­net fin­den”, ver­rät mir Klaus. Trotz­dem hat das Inter­net für den 68-Jäh­ri­gen eine gro­ße Bedeu­tung. Hier ver­treibt er zahl­rei­che Bücher. Ich fin­de es bemer­kens­wert und schön, dass es doch offen­sicht­lich noch vie­le Men­schen gibt, die ein gutes Buch schät­zen. Das zeigt auch Klaus‘ Gäs­te­buch. Hier dür­fen sich Kun­den aus dem Aus­land mit einem Gruß ein­tra­gen. Ich blät­te­re das dick gefüll­te Buch durch und bin über­rascht, dass es Leu­te aus Süd­afri­ka, Indo­ne­si­en oder Thai­land bis in den Wed­ding geschafft haben. Ver­mut­lich hält der Buch­händ­ler so Kon­takt zur Welt. Gereist ist er viel. Schnell reden wir über fer­ne Län­der. Gan­ze 47 habe er gese­hen und erzählt mir, wie er es bis San Fran­cis­co und Mexi­ko geschafft hat.

Schließ­lich neh­me ich am Ende Ovids Lie­bes­kunst mit und Klaus sagt: „Gute Wahl. Du inter­es­sierst dich für die schö­nen Din­ge.“ Geschmei­chelt taum­le ich aus dem Laden. Huch, schon 19.00 Uhr. Egal, ich bin mir sicher, beim nächs­ten Ein­kauf auf der Mül­lerstra­ße schaue ich wie­der vor­bei. Wenn ich nichts fin­de, dann sage ich ein­fach nur Klaus oder Bir­git „Hal­lo“.

Autor/Fotos: Julia Hahnke

“Bücher für’s Leben” Klaus Kreitling
Mül­lerstra­ße 47a
030- 60 98 34 51

Mo- Fr 13.00 – 19.00 Uhr
Sa 11.00 – 16.00 Uhr

 

Kon­takt zu Bir­git Woll­schlae­ger: [email protected]

Gastautor

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