Demonstrationen für Demokratie gibt es derzeit viele. Am Samstag (16.3.) hat es erstmals eine solche Demonstration in einem Weddinger Kiez gegeben. Anlässlich der internationalen Wochen gegen Rassismus hat ein bunter Demonstrationszug im Zickzack durch den Sprengelkiez geführt.
„Menschenrechte für alle“, lautet das diesjährige Motto der Internationalen Wochen gegen Rassismus, die seit den 1990er Jahren stattfinden. Viele Menschen in Deutschland sind von Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus in ihrem alltäglichen Leben betroffen. Die internationalen Wochen gegen Rassismus machen auf das Problem aufmerksam und laden zum Austausch ein. Hierzu wurde die Demonstration in Wedding von Mitarbeitern des SprengelHauses Wedding (Gemeinsam im Stadtteil e.V.) und dem Runden Tisch Sprengelkiez veranstaltet. Auch Aktiv im Kiez e.V., die Evangelische Osterkirchengemeinde, Intergalaktischer Kulturverein e.V.und die Seniorenvertretung Mitte sowie viele andere Institutionen beteiligten sich an der Demonstration. Das Projekt „Demokratie in der Mitte“ unterstützte die Organisation der Demo finanziell aus dem Initiativfonds.
140 Menschen demostrierten für Vielfalt
Nach Zählungen des Veranstalters Hans-Georg Rennert gingen 140 Menschen auf die Straße, um zum Motto „Sprengelkiez l(i)ebt Vielfalt“ für Demokratie und gegen Rassismus zu demonstrieren. Am bekanntgegebenen Treffpunkt des Pekinger Platzes ging es um 14 Uhr bei Nieselregen los. Zuerst sprachen die Vertreter:innen verschiedener Einrichtungen, bevor sich „die Demo aus dem Kiez und durch den Kiez“ in Bewegung setzte. Rennert, der seit vielen Jahren für das SprengelHaus arbeitet, machte deutlich, dass den Sprengelkiez seine Vielfalt ausmachte. Seinen Ausruf „Wir zeigen heute: Respekt, Toleranz und Demokratie sind uns wichtig“, wurde mit Applaus und Jubelrufen von den Anwesenden bestätigt. Die Idee der Demonstration entstand bereits Ende 2023. Seit Januar 2024 wurde an den konkreten Plänen der Demonstration gearbeitet.
Auch das bedrohte SprengelHaus, ein interkulturelles Gemeinwesenzentrum, war in den Ansprachen Thema. Eine Vertreterin von Omas gegen Rechts sprach die mögliche Schließung wegen Verkaufs direkt an. Der Abgeordnete der Links-Partei, Tobias Schulze, erklärte, dass das SprengelHaus eine wichtige Einrichtung im Sprengelkiez ist. Das SprengelHaus repräsentierte die verschiedenen Kulturen, die im Sprengelkiez vertreten sind und machte sie sichtbar. Die Demonstration wurde auch von Anwohner:innen des Sprengelkiezes tatkräftig unterstützt, die gebürtig aus Kamerun, Sierra Leone und Angola kommen. Auch das Lateinamerika-Netzwerk und die Institution Zwischenstation e.V. wurden als Unterstützer erwähnt. Die Kirche St. Josef und die Baptistengemeinde waren ebenfalls anwesend.
Im Zickzack durch den Sprengelkiez
Wenig später ging es „im Zickzack durch den Kiez“, wie Rennert ankündigte. Begleitet und abgesichert wurde die Demonstration durch mehrere Polizeiwagen, die den Anfang und das Ende des Demonstrationszuges begrenzten. Von der Torfstraße kommend, bog der Demonstrationszug in die Sprengelstraße und weiter durch die Samoastraße in die Trifftstraße. Von der Trifftstraße ging es weiter durch die Tegelerstraße. Abschließend fand sich die Demonstration auf dem Sparrplatz von der Lynarstraße kommend, ein.
Immer wieder blieb die Demonstration an sozialen Einrichtungen des Sprengelkiezes stehen und machte auf die Arbeit vieler Ehrenamtlicher aufmerksam. Die Orte zeigten, wo Vielfalt im Kiez gelebt wird. Dazu gehörten die Osterkirche und das SprengelHaus, aber auch die Weddinger Kinderfarm „Kinderbunter Bauernhof“ und den Abenteuerspielplatz TELUX sowie die Schulen im Kiez. Viele der vorgestellten Einrichtungen, wie zum Beispiel die Kinderfarm, sind durch Bürgerinitiativen, und damit aus der Bevölkerung heraus, entstanden.
Die rhythmischen Trommeln und die bunten Plakate machten im Kiez auf sich aufmerksam. Auf den Plakaten standen Sprüche, wie: „Vielfalt statt Einfalt“, „Bunt statt braun“ und „Unser Zuhause ist bunt Deutschland!“ Auch der Blumenladen „Goldbeck“ auf der Tegelerstraße wurde auf den Demonstrationszug aufmerksam und gab spontan Tulpen an die Demonstrant:innen aus. Die Stimmung des Demonstrationszuges war friedlich und ausgelassen. Es wurde getanzt und getrommelt.
Esther, eine Teilnehmerin, erlebte die Demonstration als zu wenig vielfältig für all die Kulturen, die im Sprengelkiez lebten. Im Wedding leben viele Menschen mit Migrationshintergrund. „Aber wo sind die?“, fragte sie. Auch die jüngeren Zwanzigjährigen vermisste sie auf der Demonstration. Der Abgeordnete Tobias Schulze von der Links-Partei sagte, dass in vielen Institutionen die Vielfalt des Kiezes nicht abgebildet wird. Zu diesen zählte er Mieterbeiräte, Elternvertretungen und die Bürgerdeputierte. „Das ist ein Problem, denn wir brauchen in so einem vielfältigen Kiez, wie dem Sprengelkiez alle, die sich beteiligen. Wir müssen unsere Demokratie so gestalten, dass die Vielfalt in den demokratischen Institutionen auch sichtbar wird. Es könnte sonst zu rassistischen Ausschlüssen kommen“, gab er zu bedenken.
Die Internationalen Wochen gegen Rassismus
Bundesweit finden vom 11. bis 24. März die Internationalen Wochen gegen Rassismus statt. Die Auftaktveranstaltung am 11. März wurde in der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt gegeben. Die Botschafterin war dieses Jahr die Thüringer Ministerin für Migration, Justiz und Verbraucherschutz Doreen Denstädt von den Grünen. Das Angebot kann noch bis 24. März wahrgenommen werden. Die Angebote erstrecken sich bundesweit von Rundgängen, über Kundgebungen, Workshops, religiöse Veranstaltungen, bis hin zu Demonstrationen. Für den Wedding können die Veranstaltungen auf der Webseite des Zusammenschlusses „Zusammen gegen Rassismus Wedding & Moabit“ eingesehen werden.