Die Kündigung kam unerwartet, aber nicht überraschend. Nur drei Monate hat die Elterninitiativkita am Schillerpark nach der plötzlichen Kündigung ihres Mietvertrages jetzt Zeit, Lösungen zu finden. Lösungen für die 25 Kinder, ihre Eltern, die vier Erzieher:innen, den Koch. Mit dem Schreiben, das am Freitag in der Türkenstraße ankam, ist eine Institution im Wedding in Gefahr.
„Ende letzter Woche kam nun ein Schreiben des Vermieters, der den bestehenden Mietvertrag einseitig aufkündigt und dabei die minimale Frist von drei Monaten setzt“, formuliert es Nils Jung in einem Hilferuf an den Weddingweiser. „Da es sich um einen gewerblichen, in den 80er Jahren geschlossenen Mietvertrag handelt, gibt es kaum rechtliche Grundlagen, um gegen die Kündigung vorzugehen“, heißt es darin weiter. In den weiteren Zeilen schwingt Wut auf den privaten Hauseigentümer mit: „Neben der Kinder, die somit mitten im Kitajahr quasi auf die Straße gesetzt werden, hängen auch die Arbeitsplätze der Pädagog*innen an diesen Räumlichkeiten.“
Kündigung mitten im Kitajahr
Die Kündigung kam unerwartet. Nils Jung, Vater von drei Kindern, ist im dreiköpfigen Vorstand des Trägervereins. Und er ist selbst betroffen: Eines seiner Kinder besucht bereits den Kinderladen, seine Zwillinge sollten im Sommer eingewöhnt werden. „Mitten im Kitajahr gekündigt zu werden, das ist erst mal ein Schock“, sagt er. Er fragt sich, wo die Kinder angesichts der angespannten Lage bei den Kitaplätzen hinsollen.
Überraschend ist die Kündigung für Nils Jung jedoch nicht. „Wir wussten, es kann jederzeit kommen, die Lage ist prekär“, sagt er. Wie andere soziale Einrichtungen haben auch Kindertagesstätten Gewerbemietverträge und sind dadurch kaum vor dem plötzlichen Rauswurf geschützt. Mit kurzen Kündigungsfristen können sie zum Auszug gezwungen werden, im angespannten Berliner Immobilienmarkt kommt das immer häufiger vor, trifft soziale Träger aus ganz verschiedenen Arbeitsbereichen. Andere Räumlichkeiten zu finden, ist zudem schwer.
Umfangreiche Bauarbeiten geplant
Kontakt mit dem Vermieter habe es in der Vergangenheit vor allem bei Mängeln gegeben. Wie Nils Jung berichtet, funktioniert die Heizung im Kinderladen schon das zweite Jahr nicht. Inzwischen habe der Vermieter einen Öltank im Hof aufgestellt, was zu hohen Betriebskostennachzahlungen geführt habe. Kürzlich erreichte den gemeinnützigen Verein die Nachricht, dass an dem Haus umfangreiche Bauarbeiten geplant seinen. Nachfragen dazu seien nicht beantwortet worden, stattdessen kam am vergangenen Freitag die Kündigung.
Wer kann dem Kinderladen helfen?
Nils Jung scheinen gerade viele Dinge gleichzeitig durch den Kopf zu gehen. „Ich finde es wichtig, dass das eine Öffentlichkeit bekommt. Das ist eine Institution im Kiez, die einfach wegbricht und der Verdrängung zum Opfer fällt“, sagt er. Deshalb hat er sich an den Weddingweiser und an andere Medien gewandt. Gleichzeitig hat er Politikerinnen und Politiker kontaktiert, um Unterstützung zu bekommen. Gestern wurde die Elternschaft bei einer Sitzung informiert, auch eine Anwältin soll hinzugezogen werden. „Ich hoffe, dass wir zumindest eine Verlängerung bis zum Ende des Kitajahres bekommen“, sagt das Vorstandmitglied. Parallel werde nun nach einer Zukunft für den Kinderladen gesucht. „Wir suchen händeringend nach neuen Räumen“, sagt Nils Jung. In der Diskussion ist auch die Idee, sich einem anderen Kitaträger anzuschließen. „Vor allem muss es jetzt schnell gehen.“
Nils Jung hofft, dass Menschen diese Zeilen lesen, die Hilfe bieten können: Hinweise auf einen anderen Standort vielleicht, freie Kitaplätze für die Kinder, irgendwas. Wer konkrete Ideen hat, kann sich wochentags in der Zeit von 7.30 bis 10 Uhr sowie 12 bis 14 Uhr telefonisch unter (030) 4 51 40 73 im Kinderladen melden oder eine E-Mail an [email protected] schicken.
Der Kinderladen am Schillerpark
Die EKT am Schillerpark ist ein Kinderladen, getragen von einer Elterninitiative (nicht zu verwechseln mit der Kita Schillerpark in der Bristolstraße). Die Einrichtung gibt es bereits seit 1971, es ist einer der ältesten Kinderläden Berlins. In der Türkenstraße betreibt die Kita zwei Räume. In der Nummer 4 befindet sich der „kleine Laden“ für sechs Kinder im Alter von ein bis zwei Jahren. In der Nummer 15 ist der „große Laden“ für die großen Kinder. Hier verbringen maximal 20 Kindern im Alter von zwei bis sechs Jahren ihre Kitazeit. Als Integrationskinderladen spielen und lernen hier Kinder mit und ohne besondere Bedürfnisse zusammen.
Update/Ergänzung: Gekündigt ist der "große Laden" in der Türkenstraße 15, nicht der "kleine Laden" in der Türkenstraße 4.
Konnte eine Lösung gefunden werden?
Morgen gibt es dazu einen Beitrag auf weddingweiser.de
Keine Ahnung, ob das etwas hilft, aber: in der Antwerpener (muss etwa Nr. 48 sein) steht seit über einem Jahr der ehemalige Buchladen für gebrauchte englische Bücher leer. Einen Kontakt zum Eigentümer habe ich allerdings nicht.
Viel Erfolg und lasst euch nicht unterkriegen.
Eigentum verpflichtet und nicht nur zur Gewinnmaximierung! Es ist schon ein Skandal das in Berlin viele berlineigene Wohnungen und Häuser verkauft wurden ohne Rücksicht auf die Bewohner!!
In diesem Fall gehört das Haus nicht der Stadt, es gehört einem privaten Eigentümer.
Wir kennen die Gründe nicht. Wenn die Bausubstanz und die Heizung nach vielen Jahren nicht in Ordnung sind und entsprechende Sanierungen durchgeführt werden müssen, um die Mängel zu beseitigen, muss sich der Eigentümer die Frage stellen, wie das zu stemmen ist. Es geht dabei nicht nur im die Organisation, sondern auch um das Finanzielle. Ev. besteht nach den nötigen Umbauten die Bereitschaft, wieder eine Kita ins Haus zu holen. Fantasien von Enteignungen der Hausbesitzer sind der falsche Ansatz, wenn kein Wucher oder Mißbrauch des Eigentums erkennbar ist.
Ich bin durch die Kündigung Betroffene und kenne die Vorgeschichte: Doch es geht um Profit. Das Haus wird seit Jahren systematisch entmietet. Schon allein die Tatsache, dass mehrmals darum gebeten wurde von Seiten des Kinderladens rechtzeitig zu kündigen, damit genug Zeit bleibt, um neue Räumlichkeiten zu finden, und dies einfach missachtet wurde, bekräftigt neben des Auftritts des Eigentümers „Valentine Property GmbH“, Geschäftsführer Marcus Bormann (der übrigens weitere interessante Immobilienfirmen inne hat), dass es sich nicht um die Interessen des Bezirks und schon gar nicht um die Interessen von Familien handelt. Es besteht mit Sicherheit nicht ausgerechnet jetzt die Notwendigkeit einen alteingesessenen Kinderladen zu kündigen. Und ja, das ist nur ein Teil der Hintergrundinformationen, aber glauben Sie uns, es ist eine typische Geschichte im Wedding.
Den Hausbesitzer enteignen. Mutwillige Zerstörung der sozialen Infrastruktur unserer Stadt vermutlich zur Erhöhung des eigenen Profits. Eigentum birgt Verantwortung. Die muss eingefordert werden.