Grete Sonnemann? Auf Anhieb dürften nur wenige wissen, wer die Frau gewesen ist, die vor 120 Jahren am 12. November geboren wurde. Dabei kann sie indirekt als Botin der Elternbriefe gelten, die in Berlin alle jungen Eltern nach der Geburt ihres Babys einmal pro Monat erhalten.
Grete Sonnemann ist zwar nicht die Erfinderin der termingenauen Briefratgeber, aber sie ist eine der Gründer des Arbeitskreises Neue Erziehung (ANE). ANE ist der Herausgeber der bekannten Elternbriefe.
Auch wenn heute Grete Sonnemann in Vergessenheit geraten ist, die Zeitgenossen wussten um ihre Leistungen. 1973 erhielt sie die Ehrenbezeichnung Stadtälteste von Berlin. Ein Titel, der herausragenden Inhabern von Wahl- und Ehrenämtern verliehen wird. 1978 zeichnete Berlin Grete Sonnemann mit der Ernst-Reuter-Plakette aus. Das ist ebenfalls eine besondere Ehrung. Zu den Trägern gehören unter anderen Persönlichkeiten wie Walter Gropius, Otto Hahn, Heinz Gallinski, Inge Meysel oder Daniel Barenboim.
Geboren wurde Grete Sonnemann im Jahr 1903 im Wedding. Sie verbrachte ihre Kindheit und Jugend in einer Schuhmacherfamilie. Politik spielte in dieser offenbar eine große Rolle. Grete Sonnemann erinnerte sich kurz vor ihrem Tode: „Mein älterer Bruder war Kommunist, mein jüngerer Mehrheitssozialdemokrat. Meine Schwester war auch in der USPD. Da wurde in der Werkstatt immer ganz laut diskutiert.“ Sie war aktiv in der Weddinger Abteilung der Jugendorganisation Sozialistische Arbeiter-Jugend (SAJ). Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte sie zum Kreis derer, die 1946 die Arbeiterwohlfahrt neu gründeten. Und sie gründete am 23. Oktober 1946 den Arbeitskreis Neue Erziehung mit. Zunächst ging es den Eltern und Lehrern dabei nicht um Tipps zum Umgang mit Babys. Vielmehr wollten die Gründer des Kreises darüber informieren, wie Eltern sich in einer demokratischen Gesellschaft in die Schularbeit einbringen können.
Vom Januar 1959 bis März 1967 war Grete Sonnemann für die SPD Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus und engagierte sich für Jugend, Sport und Schulwesen. Die Geschäftsstelle des Arbeitskreises Neue Erziehung leitete sie von 1951 bis 1970. Sie starb am 22. Februar 1990. Ihre letzte Ruhestätte hat sie in einem Ehrengrab des Landes Berlin in Berlin Tegel gefunden.
Der Text entstand in Zusammenarbeit mit der Weddinger Allgemeinen Zeitung (–> E‑Paper), der gedruckten Zeitung für den Wedding. Autor ist Andrei Schnell.
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