Der Wedding war früher noch dichter besiedelt als heute. Unzählige Kinder sind dort in der Nachkriegszeit aufgewachsen – entweder zwischen Trümmern oder in der Zeit des Wiederaufbaus, als plötzlich eine Mauer den Wedding von seinen Nachbarn abschnitt und sich auch sonst vieles veränderte. Wir haben einmal einige Erinnerungen von Leserinnen und Lesern, die bei uns kommentiert haben, zusammengetragen.
Was in der “guten alten Zeit”, die vielleicht gar nicht so gut war, anders war: Die Kinder bewältigten den Schulweg allein, waren auch ansonsten viel mehr sich selbst überlassen. Ihre Selbstständigkeit war schon früh gefordert. Sich im Verkehr zurechtzufinden, gemeinsam bis zum Einbruch der Dunkelheit draußen auf der Straße zu spielen, gehörte für viele Kinder zum Alltag. Darum geht es auch in diesen Kommentaren.
Unser Leser Klaus schreibt:
Als Kind bin ich auch “draußen” groß geworden, in den späten 1960er bis 1970er Jahren: Alle Eltern sagten: “Geht raus spielen mit den anderen Kindern”, Mädchen und Jungs, Eheliche und Uneheliche, aus Arbeiter- und Angestelltenfamilien, jeden Tag alle zusammen, Völkerball, Fußball, “Eins, zwei, drei, vier, Eckstein …”. Bei dem heutigen Verkehr kann meine Tochter das nicht mehr.
Unser Leser Reinhard erinnert sich:
Wir haben früher Cowboy und Indianer gespielt, und im Gebüsch haben wir uns Höhlen gebaut … Heute kennen die Kinder so ein Spielen schon lange nicht mehr, die hocken lieber am PC oder vor dem Fernseher.
Für unsere Leserin Claudia war auch die Müllerhalle eine schöne Erinnerung:
Auch ich bin mit meinen Geschwistern in der Ofener Straße groß geworden. Für uns war die Müllerstraße ein großer Spielplatz, es war von 1958 bis 1986 unserer Schulweg, zur Goethepark-Grundschule und später Weg zur Müllerhalle. Es war eine wunderschöne Zeit, die ich sehr vermisse.
Unser Leser Wolfgang kann sich noch gut an die Spiele erinnern, die die Kinder auf der Straße gespielt haben:
Ich bin auch täglich den Schulweg von der Greenwicher bis zur Goethepark-Grundschule gegangen. Ein für heutige Verhältnisse weiter Weg, aber immer in einer Traube von ‚Kumpels‘ oder ‚Keulen‘ (Brüder). Ungeliebt war die Querung des Petersplatzes (?), der von einer gegnerischen Bande (Jungs aus einem Carré) beherrscht wurde. In Gebüschen oder im Rehbergepark wurden Höhlen gebaut, die nur nach Preisgabe der Parole betreten werden durften. Die Straßen, Hausflure und Keller des Viertels waren unser Spielplatz, allerdings erst nach Erledigung der Hausaufgaben, die in unserem Block der Hauswartsfrau zur Schönschriftkontrolle vorgelegt werden mussten. Ihr etwas kleinwüchsiger Mann, Fixniedlich genannt, verjagte Jungens mit dem immer wieder gehörten Ruf: ‚Dich mach ick Beene!‘ oder spürte Mädels auf, die zur Empörung beitrugen, weil sie in den Hausflur gepinkelt hatten.
In Erinnerung sind mir die große Zahl der Kneipen und Destillen. Beim Bäcker Rateitschak in der Müllerstraße bekam man eine Tüte Kuchenbruch (Randstücke, Reste von Torte) für 5 oder 10 Pfennig, wenn man Glück hatte. Ein Ballspiel war besonders beliebt, genannt “Kante”. Mit einem Tennisball versuchte man, den gegenüber liegenden Randstein zu treffen, so dass der Ball über die Mittellinie der Straße (Teerstreifen zwischen den Fahrstreifen) aufs eigene Feld zurücksprang. Gelang dies, hatte man einen Punkt und durfte fortsetzen, verfehlte man den Randstein, gab es keinen Punkt und der nächste Wurf wechselte auf die Gegenseite. Ich hatte eine schöne Kindheit mit vielen Kumpels und Keule, wenn auch Armut, Geldmangel, Alkoholismus und lautstarke häusliche Auseinandersetzungen zum Alltag gehörten.
Habt ihr auch Kindheitserinnerungen, die ihr teilen möchtet? Dann verfasst gern einen Kommentar.
Ich bin auch eine Weddinger Hauswartsjöre aus der Türkenstr. In der Halle wie sie damals bei uns hieß, sind wir als Kinder täglich gewesen..alleine um frischen Sauerkraut für nen Groschen zu kaufen. Danach mit dem Essen und Puppen im Schillerpark uff de Wiese spielen. In der Barfussstr. war ein Kohlenhändler da ist man mit Schlitten und Mutter hin gelaufen um Kohlen zu kaufen.Tante Emma Laden Osinski und Stelter in der Türkenstr.besuchten die Kinder mit einem Zettel von Mutter mit den Lebensmitteln die man kaufen sollte.Bezahlt wird später.…..lach.
Auch ich bin in zwischen Barfusstr. und Müllerstr. aufgewachsen und lebe seit 2 Jahrzehnten sehr gerne wieder im
Englischen Viertel.
Am liebsten erinnere ich mich an die Spielstrasse (Bristolstr.), wo man toll Rollschuh laufen konnte und auch an den
Kuhstall in der Barfusstr. Vorne im Haus gab es ein kleines Lebensmittelgeschäft, wo die frische Milch aus dem 2.
Hinterhof in mitgebrachte Kannen abgefüllt wurde. Dieser Geruch (oder eher Mief.…??)
An die Müllerhalle erinne ich mich vor allem an einen Stand, an dem es für 10 (??) Schlagsahne in Eistüten gab.
Ein Paradies!!!
Vorne auf der Müllerstr. war ein tolles Modegeschäft, wo es wunderbare Damenmode gab. Auf einmal (Mitte der
50iger Jahre) hatte ich den Eindruck, dass alle Frauen auf einmal schick angezogen waren (nicht mehr so
grau wie in den magereren Jahren davor). Außerdem gab es ja in Höhe der Einmündung der Ungarnstr. den
Juwelierladen Straßenburg, der wunderbaren Schmuck ausgestellt hat und an dessen Fenstern ich mich nicht
sattsehen konnte. Damals war die “Müller” wirklich der Kudamm des Nordens.…
Monika
wer kennt noch das Feinkostgeschäft „das Haus der tausend Salate“ das sollte kurz vor der Ecke Ofener gewesen sein… man hatten die leckere hausgemachte Salate und echt tolle Wurst u Käse . Am Samstag vormittag war der Laden zw 11–13Uhr gerammelt voll.
ja und es gab noch jede menge guter Läden auf der Müller …. Herrenausstatter mit echt geilen Anzüge und Jeansläden Schuhläden wo Mann Frau und Kind bedient worden sind !!! heute gibt es das alles nicht mehr , auch keinen Schuhladen , der einzige ist in der Scharnweberstr kurz hinter Woolworth… bald auch kein Karstadt mehr , nur noch unzählige Bäcker, „Händyläden“, „Spätis“ Wasserpfeifen-Cafes…. Mensch Wedding wie haste dir jewandelt….
ach nicht zuvergessen der Laden für Frauenunterwäsche… war ne Nette Bekannte von mir – die hat für jede Frau den passenden BH gefunden !! :))
Reinhard, den Salateladen kenne ich auch noch. Da waren meine Eltern in den 70/80ern auch (mit mir) meist am Samstag einkaufen. Der Laden war Müller 58A, fast Ecke Barfusstr…
Hallo
Danke für das Zitat oben… 🙂 !
Auch wenn ich erst mit 19 in den Wedding meine erste eigene Bude – Glasgowerstr Hinterhof – bezogen habe, so kannte ich den Wedding schon vorher ganz gut. Hier lebte die restlich Sippe.… Urgroßeltern in der Buttmannstr (in dem Haus sind noch immer die AußenWC vorhanden, aber abgeschlossen u Denkmalschutz !!??) Großeltern in der Soldinerstr … um die Ecke die Tante mit Familie in der Drontheimerstr – 2.ter Hinterhof. Die restlichen Tanten und Onkels am Nordufer Torfstr Wiesenstr – Eltern mütterlichseits Martin-Opitz-Str und zu guterletzt der Garten in der Koloniestr – da ist seitdem ein Sportplatz
Und heute.. na da lebe icke im besten Teil vom Wedding und dit nu schon seit 1980… wo mag das wohl sein !!??
Groß geworden zwischen Beussel – Turm ‑Stromstr – aber da war dit leben jenauso ooch wie im Wedding , nur wenn ick mir die beeden Ecken so an kieke na dann gruselt dit mir schon en bisken wie sich dit allet so vaändert hat und leider nich immer zum besserin, aba so is dit nu mal in Berlin
in diesem Sinne
Ich bin ab 1978 in der Voltastr aufgewachsen. Die Ecke Volta/Hussitenstr war noch nicht bebaut, war Brachland und für uns der beste Spielplatz. Später sind wir dann von der Voltastr 13 in die Hussitenstr gezogen, als dann dort Häuser standen.
Als Kinder waren wir am Gartenplatz neben der Kirche Fussball spielen, im Käfig auf Schotter, bis es zu dunkel wurde um den Ball zu sehen. Auch haben wir Wandschiessen gegen die Mauer an der Ecke Garten/Bernauer Str gespielt. Musste man gut zielen, sonst wäre der Ball weg gewesen. Und den hätte niemand wieder zurück geschmissen. 😂😂
Ich bin 1950 geboren und kann mich noch an die schöne Kindheit erinnern.Mein Schulweg war zur Rehberge Schule. Das war die schönste Schulzeit bei meinem Klassenlehrer Herrn Fröhlich.Nach den Hausaufgaben waren mein Cousin und ich im Schillerpark spielen.Wir konnten auch noch auf der Strasse Rollschuh laufen und haben mit Kreide Felder aufgemalt. Alles war entspannt. Ich denke noch oft an diese schöne Zeit.
Ich lebte von 1961 bis 1968 in der Müllerstr bei meinen Eltern in einer ein Zimmer Wohnung!1969 lebten wir in einer 2,5 Zimmer Wohnung Osloerstr!Im Wedding in der Müllerstr hatte ich meine schönsten Kindheitserinnerungen!In der Rehberge Grundschule Guineastr habe ich in der ersten Klasse meine Beste Freundin Manuela kennengelernt auch wenn sie heute in Bayern wohnt sind wir immer noch die dicksten Freunde das war 1967 zur Einschulung!Der größte Spielplatz war die Müllerhalle da konnte man gut verstecken oder Einkriege spielen!Beim Einkriege spielen sozusagen lernte ich in der Müllerhalle 1974 meinen heutigen Ehemann Andreas kennen! Er hatte auch seine schönste Zeit im Wedding er wohnte Barfusstr!Die Busfahrer der Bvg nannten sie “ Ohne Socken“ Straße! Die Müllerhalle hat uns zusammen gebracht Am 8.5.2024 sind wir 43 Jahre verheiratet!
Hallo Gabi! Ich kann mich gut an die Einkriege-und Versteckspiele erinnern…ich war ja dabei! Ich denke auch immer noch an die Markthalle zurück, wenn ich heute dort bei Kaufland einkaufe! LG Thomas
Die Müllerstr war auch für mich eine Erlebnismeile,ich erinnere mich an mindestens 3 Spielzeugläden zwischen Afri. und S Bahn.(Künzel Spiele und Obst am Wedding).Künzel war einer der Läden direkt an der Müllerhalle,und dann die Halle selbst:
Für mich gabs meist eine kleine Bockwurst und an den Ständen konnte ich beobachten,wie aus einem großen Behälter die Portionen Butter zurechtgeklopft wurden. An einer Stelle gab es einen Stand,an dem die Begleitmusik von Schallplatten aufgelegt wurde.Da er meist im Halbdunkel lag,war er mir meist etwas unheimlich.An einer Ecke leuchtete eine große Kugel über den Ständen.Leider habe ich vom Inneren der Halle nie alte Fotos entdecken können.wenn ich auch nicht mehr in Berlin lebe,möchte ich erwähnen,das ich aus dieser Zeit noch immer und das seit ca.70 Jahren eine Freundschaft pflege.
Auch wenn ich die Entwicklung in meiner alten Heimat mit großen Bedenken betracht,so tickt mein altes Herz noch so manches mal im tackt. Wedding Wedding Wedding
Genau wie Klaus habe ich das auch als Kind in den späten 1960ern, frühen 70ern erlebt. Auf der Straße waren alle Kinder gleich, wie Klaus schreibt: „Mädchen und Jungs, Eheliche und Uneheliche, aus Arbeiter- und Angestelltenfamilien, jeden Tag alle zusammen“. Die Eltern haben die Kinder rausgeschickt, das war bei mir aber im tiefsten Bayern und galt auch für Zugezogene. Freunde erzählen dasselbe aus dem Osten. Es war wohl so in ganz Deutschland?
Meine arme Tochter, die armen Kinder heute, die wegen der Autos diesen wichtigen Teil ihrer Kindheit verpassen.