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“Die gute alte Zeit”:
Kindheitserinnerungen an den Wedding

4. November 2023
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Der Wed­ding war frü­her noch dich­ter besie­delt als heu­te. Unzäh­li­ge Kin­der sind dort in der Nach­kriegs­zeit auf­ge­wach­sen – ent­we­der zwi­schen Trüm­mern oder in der Zeit des Wie­der­auf­baus, als plötz­lich eine Mau­er den Wed­ding von sei­nen Nach­barn abschnitt und sich auch sonst vie­les ver­än­der­te. Wir haben ein­mal eini­ge Erin­ne­run­gen von Lese­rin­nen und Lesern, die bei uns kom­men­tiert haben, zusammengetragen. 

Was in der “guten alten Zeit”, die viel­leicht gar nicht so gut war, anders war: Die Kin­der bewäl­tig­ten den Schul­weg allein, waren auch ansons­ten viel mehr sich selbst über­las­sen. Ihre Selbst­stän­dig­keit war schon früh gefor­dert. Sich im Ver­kehr zurecht­zu­fin­den, gemein­sam bis zum Ein­bruch der Dun­kel­heit drau­ßen auf der Stra­ße zu spie­len, gehör­te für vie­le Kin­der zum All­tag. Dar­um geht es auch in die­sen Kommentaren.

Unser Leser Klaus schreibt:

Als Kind bin ich auch “drau­ßen” groß gewor­den, in den spä­ten 1960er bis 1970er Jah­ren: Alle Eltern sag­ten: “Geht raus spie­len mit den ande­ren Kin­dern”, Mäd­chen und Jungs, Ehe­li­che und Unehe­li­che, aus Arbei­ter- und Ange­stell­ten­fa­mi­li­en, jeden Tag alle zusam­men, Völ­ker­ball, Fuß­ball, “Eins, zwei, drei, vier, Eck­stein …”. Bei dem heu­ti­gen Ver­kehr kann mei­ne Toch­ter das nicht mehr.

Unser Leser Rein­hard erin­nert sich: 

Wir haben frü­her Cow­boy und India­ner gespielt, und im Gebüsch haben wir uns Höh­len gebaut … Heu­te ken­nen die Kin­der so ein Spie­len schon lan­ge nicht mehr, die hocken lie­ber am PC oder vor dem Fernseher. 

Für unse­re Lese­rin Clau­dia war auch die Mül­ler­hal­le eine schö­ne Erinnerung: 

Auch ich bin mit mei­nen Geschwis­tern in der Ofe­ner Stra­ße groß gewor­den. Für uns war die Mül­lerstra­ße ein gro­ßer Spiel­platz, es war von 1958 bis 1986 unse­rer Schul­weg, zur Goe­the­park-Grund­schu­le und spä­ter Weg zur Mül­ler­hal­le. Es war eine wun­der­schö­ne Zeit, die ich sehr vermisse.

Unser Leser Wolf­gang kann sich noch gut an die Spie­le erin­nern, die die Kin­der auf der Stra­ße gespielt haben:

Ich bin auch täg­lich den Schul­weg von der Green­wi­cher bis zur Goe­the­park-Grund­schu­le gegan­gen. Ein für heu­ti­ge Ver­hält­nis­se wei­ter Weg, aber immer in einer Trau­be von ‚Kum­pels‘ oder ‚Keu­len‘ (Brü­der). Unge­liebt war die Que­rung des Peters­plat­zes (?), der von einer geg­ne­ri­schen Ban­de (Jungs aus einem Car­ré) beherrscht wur­de. In Gebü­schen oder im Reh­ber­ge­park wur­den Höh­len gebaut, die nur nach Preis­ga­be der Paro­le betre­ten wer­den durf­ten. Die Stra­ßen, Haus­flu­re und Kel­ler des Vier­tels waren unser Spiel­platz, aller­dings erst nach Erle­di­gung der Haus­auf­ga­ben, die in unse­rem Block der Haus­warts­frau zur Schön­schrift­kon­trol­le vor­ge­legt wer­den muss­ten. Ihr etwas klein­wüch­si­ger Mann, Fix­nied­lich genannt, ver­jag­te Jun­gens mit dem immer wie­der gehör­ten Ruf: ‚Dich mach ick Bee­ne!‘ oder spür­te Mädels auf, die zur Empö­rung bei­tru­gen, weil sie in den Haus­flur gepin­kelt hatten.

In Erin­ne­rung sind mir die gro­ße Zahl der Knei­pen und Destil­len. Beim Bäcker Ratei­t­schak in der Mül­lerstra­ße bekam man eine Tüte Kuchen­bruch (Rand­stü­cke, Res­te von Tor­te) für 5 oder 10 Pfen­nig, wenn man Glück hat­te. Ein Ball­spiel war beson­ders beliebt, genannt “Kan­te”. Mit einem Ten­nis­ball ver­such­te man, den gegen­über lie­gen­den Rand­stein zu tref­fen, so dass der Ball über die Mit­tel­li­nie der Stra­ße (Teer­strei­fen zwi­schen den Fahr­strei­fen) aufs eige­ne Feld zurück­sprang. Gelang dies, hat­te man einen Punkt und durf­te fort­set­zen, ver­fehl­te man den Rand­stein, gab es kei­nen Punkt und der nächs­te Wurf wech­sel­te auf die Gegen­sei­te. Ich hat­te eine schö­ne Kind­heit mit vie­len Kum­pels und Keu­le, wenn auch Armut, Geld­man­gel, Alko­ho­lis­mus und laut­star­ke häus­li­che Aus­ein­an­der­set­zun­gen zum All­tag gehörten.

Habt ihr auch Kind­heits­er­in­ne­run­gen, die ihr tei­len möch­tet? Dann ver­fasst gern einen Kommentar. 

weddingweiserredaktion

Die ehrenamtliche Redaktion besteht aus mehreren Mitgliedern. Wir als Weddingerinnen oder Weddinger schreiben für unseren Kiez.

11 Comments Leave a Reply

  1. Ich bin auch eine Wed­din­ger Haus­warts­jö­re aus der Tür­ken­str. In der Hal­le wie sie damals bei uns hieß, sind wir als Kin­der täg­lich gewesen..alleine um fri­schen Sau­er­kraut für nen Gro­schen zu kau­fen. Danach mit dem Essen und Pup­pen im Schil­ler­park uff de Wie­se spie­len. In der Bar­fuss­str. war ein Koh­len­händ­ler da ist man mit Schlit­ten und Mut­ter hin gelau­fen um Koh­len zu kaufen.Tante Emma Laden Osin­ski und Stel­ter in der Türkenstr.besuchten die Kin­der mit einem Zet­tel von Mut­ter mit den Lebens­mit­teln die man kau­fen sollte.Bezahlt wird später.…..lach.

  2. Auch ich bin in zwi­schen Bar­fus­str. und Mül­lerstr. auf­ge­wach­sen und lebe seit 2 Jahr­zehn­ten sehr ger­ne wie­der im
    Eng­li­schen Viertel.
    Am liebs­ten erin­ne­re ich mich an die Spiel­stras­se (Bris­tol­str.), wo man toll Roll­schuh lau­fen konn­te und auch an den
    Kuh­stall in der Bar­fus­str. Vor­ne im Haus gab es ein klei­nes Lebens­mit­tel­ge­schäft, wo die fri­sche Milch aus dem 2.
    Hin­ter­hof in mit­ge­brach­te Kan­nen abge­füllt wur­de. Die­ser Geruch (oder eher Mief.…??)
    An die Mül­ler­hal­le erin­ne ich mich vor allem an einen Stand, an dem es für 10 (??) Schlag­sah­ne in Eis­tü­ten gab.
    Ein Paradies!!!
    Vor­ne auf der Mül­lerstr. war ein tol­les Mode­ge­schäft, wo es wun­der­ba­re Damen­mo­de gab. Auf ein­mal (Mit­te der
    50iger Jah­re) hat­te ich den Ein­druck, dass alle Frau­en auf ein­mal schick ange­zo­gen waren (nicht mehr so
    grau wie in den mage­re­ren Jah­ren davor). Außer­dem gab es ja in Höhe der Ein­mün­dung der Ungarn­str. den
    Juwe­lier­la­den Stra­ßen­burg, der wun­der­ba­ren Schmuck aus­ge­stellt hat und an des­sen Fens­tern ich mich nicht
    satt­se­hen konn­te. Damals war die “Mül­ler” wirk­lich der Kudamm des Nordens.…
    Monika

    • wer kennt noch das Fein­kost­ge­schäft „das Haus der tau­send Sala­te“ das soll­te kurz vor der Ecke Ofe­ner gewe­sen sein… man hat­ten die lecke­re haus­ge­mach­te Sala­te und echt tol­le Wurst u Käse . Am Sams­tag vor­mit­tag war der Laden zw 11–13Uhr geram­melt voll.
      ja und es gab noch jede men­ge guter Läden auf der Mül­ler …. Her­ren­aus­stat­ter mit echt gei­len Anzü­ge und Jeans­lä­den Schuh­lä­den wo Mann Frau und Kind bedient wor­den sind !!! heu­te gibt es das alles nicht mehr , auch kei­nen Schuh­la­den , der ein­zi­ge ist in der Scharn­we­ber­str kurz hin­ter Wool­worth… bald auch kein Kar­stadt mehr , nur noch unzäh­li­ge Bäcker, „Hän­dy­lä­den“, „Spät­is“ Was­ser­pfei­fen-Cafes…. Mensch Wed­ding wie has­te dir jewandelt….
      ach nicht zuver­ges­sen der Laden für Frau­en­un­ter­wä­sche… war ne Net­te Bekann­te von mir – die hat für jede Frau den pas­sen­den BH gefunden !! :))

      • Rein­hard, den Salate­la­den ken­ne ich auch noch. Da waren mei­ne Eltern in den 70/80ern auch (mit mir) meist am Sams­tag ein­kau­fen. Der Laden war Mül­ler 58A, fast Ecke Barfusstr…

  3. Hal­lo

    Dan­ke für das Zitat oben… 🙂 !

    Auch wenn ich erst mit 19 in den Wed­ding mei­ne ers­te eige­ne Bude – Glas­go­wer­str Hin­ter­hof – bezo­gen habe, so kann­te ich den Wed­ding schon vor­her ganz gut. Hier leb­te die rest­lich Sip­pe.… Urgroß­el­tern in der Butt­mann­str (in dem Haus sind noch immer die AußenWC vor­han­den, aber abge­schlos­sen u Denk­mal­schutz !!??) Groß­el­tern in der Sol­di­ner­str … um die Ecke die Tan­te mit Fami­lie in der Dront­hei­mer­str – 2.ter Hin­ter­hof. Die rest­li­chen Tan­ten und Onkels am Nord­ufer Torf­str Wie­sen­str – Eltern müt­ter­lich­seits Mar­tin-Opitz-Str und zu guter­letzt der Gar­ten in der Kolo­nie­str – da ist seit­dem ein Sportplatz

    Und heu­te.. na da lebe icke im bes­ten Teil vom Wed­ding und dit nu schon seit 1980… wo mag das wohl sein !!??

    Groß gewor­den zwi­schen Beus­sel – Turm ‑Strom­str – aber da war dit leben jena­u­so ooch wie im Wed­ding , nur wenn ick mir die bee­den Ecken so an kie­ke na dann gru­selt dit mir schon en bis­ken wie sich dit allet so vaän­dert hat und lei­der nich immer zum bes­se­rin, aba so is dit nu mal in Berlin

    in die­sem Sinne

  4. Ich bin ab 1978 in der Vol­tastr auf­ge­wach­sen. Die Ecke Volta/Hussitenstr war noch nicht bebaut, war Brach­land und für uns der bes­te Spiel­platz. Spä­ter sind wir dann von der Vol­tastr 13 in die Hus­si­ten­str gezo­gen, als dann dort Häu­ser standen.
    Als Kin­der waren wir am Gar­ten­platz neben der Kir­che Fuss­ball spie­len, im Käfig auf Schot­ter, bis es zu dun­kel wur­de um den Ball zu sehen. Auch haben wir Wand­schies­sen gegen die Mau­er an der Ecke Garten/Bernauer Str gespielt. Muss­te man gut zie­len, sonst wäre der Ball weg gewe­sen. Und den hät­te nie­mand wie­der zurück geschmissen. 😂😂

  5. Ich bin 1950 gebo­ren und kann mich noch an die schö­ne Kind­heit erinnern.Mein Schul­weg war zur Reh­ber­ge Schu­le. Das war die schöns­te Schul­zeit bei mei­nem Klas­sen­leh­rer Herrn Fröhlich.Nach den Haus­auf­ga­ben waren mein Cou­sin und ich im Schil­ler­park spielen.Wir konn­ten auch noch auf der Stras­se Roll­schuh lau­fen und haben mit Krei­de Fel­der auf­ge­malt. Alles war ent­spannt. Ich den­ke noch oft an die­se schö­ne Zeit.

  6. Ich leb­te von 1961 bis 1968 in der Mül­lerstr bei mei­nen Eltern in einer ein Zim­mer Wohnung!1969 leb­ten wir in einer 2,5 Zim­mer Woh­nung Osloerstr!Im Wed­ding in der Mül­lerstr hat­te ich mei­ne schöns­ten Kindheitserinnerungen!In der Reh­ber­ge Grund­schu­le Gui­ne­astr habe ich in der ers­ten Klas­se mei­ne Bes­te Freun­din Manue­la ken­nen­ge­lernt auch wenn sie heu­te in Bay­ern wohnt sind wir immer noch die dicks­ten Freun­de das war 1967 zur Einschulung!Der größ­te Spiel­platz war die Mül­ler­hal­le da konn­te man gut ver­ste­cken oder Ein­krie­ge spielen!Beim Ein­krie­ge spie­len sozu­sa­gen lern­te ich in der Mül­ler­hal­le 1974 mei­nen heu­ti­gen Ehe­mann Andre­as ken­nen! Er hat­te auch sei­ne schöns­te Zeit im Wed­ding er wohn­te Barfusstr!Die Bus­fah­rer der Bvg nann­ten sie “ Ohne Socken“ Stra­ße! Die Mül­ler­hal­le hat uns zusam­men gebracht Am 8.5.2024 sind wir 43 Jah­re verheiratet!

    • Hal­lo Gabi! Ich kann mich gut an die Ein­krie­ge-und Ver­steck­spie­le erinnern…ich war ja dabei! Ich den­ke auch immer noch an die Markt­hal­le zurück, wenn ich heu­te dort bei Kauf­land ein­kau­fe! LG Thomas

  7. Die Mül­lerstr war auch für mich eine Erlebnismeile,ich erin­ne­re mich an min­des­tens 3 Spiel­zeug­lä­den zwi­schen Afri. und S Bahn.(Künzel Spie­le und Obst am Wedding).Künzel war einer der Läden direkt an der Müllerhalle,und dann die Hal­le selbst:
    Für mich gabs meist eine klei­ne Bock­wurst und an den Stän­den konn­te ich beobachten,wie aus einem gro­ßen Behäl­ter die Por­tio­nen But­ter zurecht­ge­klopft wur­den. An einer Stel­le gab es einen Stand,an dem die Begleit­mu­sik von Schall­plat­ten auf­ge­legt wurde.Da er meist im Halb­dun­kel lag,war er mir meist etwas unheimlich.An einer Ecke leuch­te­te eine gro­ße Kugel über den Ständen.Leider habe ich vom Inne­ren der Hal­le nie alte Fotos ent­de­cken können.wenn ich auch nicht mehr in Ber­lin lebe,möchte ich erwähnen,das ich aus die­ser Zeit noch immer und das seit ca.70 Jah­ren eine Freund­schaft pflege.
    Auch wenn ich die Ent­wick­lung in mei­ner alten Hei­mat mit gro­ßen Beden­ken betracht,so tickt mein altes Herz noch so man­ches mal im tackt. Wed­ding Wed­ding Wedding

  8. Genau wie Klaus habe ich das auch als Kind in den spä­ten 1960ern, frü­hen 70ern erlebt. Auf der Stra­ße waren alle Kin­der gleich, wie Klaus schreibt: „Mäd­chen und Jungs, Ehe­li­che und Unehe­li­che, aus Arbei­ter- und Ange­stell­ten­fa­mi­li­en, jeden Tag alle zusam­men“. Die Eltern haben die Kin­der raus­ge­schickt, das war bei mir aber im tiefs­ten Bay­ern und galt auch für Zuge­zo­ge­ne. Freun­de erzäh­len das­sel­be aus dem Osten. Es war wohl so in ganz Deutschland?
    Mei­ne arme Toch­ter, die armen Kin­der heu­te, die wegen der Autos die­sen wich­ti­gen Teil ihrer Kind­heit verpassen.

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