Soll es im Englischen Viertel und rund um den Schillerpark Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung geben? Auch für dieses Weddinger Gebiet gibt es nämlich die Idee, mit Durchfahrtsperren den Verkehr zu reduzieren. Sie kommt nicht aus dem Bezirksamt, sondern wie bei den meisten anderen Initiativen dieser Art aus den Kiezen selbst. Im aktuellen Fall hat die SPD Schillerpark am Samstag, den 13. Mai zu einem Kiezspaziergang eingeladen, um die Meinung der Anwohnerinnen und Anwohner zu dem Vorhaben Kiezblock zu hören. Vergleicht man den Spaziergang mit denen der anderen Kiezblockinitiativen (etwa im Antonkiez, im Brüsseler Kiez oder im Bellermannkiez) war die Veranstaltung eher ungewöhnlich.
Im Rahmen des Kiezspaziergangs wurden vier Orte in dem Viertel im Norden des Wedding besucht, für die in einem ersten Kiezblock-Entwurf Diagonal- oder Quersperren entstehen könnten. Dort, wo sich Glasgower und Ofener Straße kreuzen, an der Ecke Glasgower und Dubliner Straße, an der Einmündung der Bristolstraße in die Dubliner Straße sowie am Schillerpark-Parkeingang in der Bristolstraße in Höhe der Oxforder Straße sind im Plan Sperren geplant, die den Verkehr in eine bestimmt Richtung lenken und reduzieren sollen.
Eingeladen hatte die Abteilung der SPD mit Plakaten an den Haustüren in den betroffenen Straßen. Sechs Menschen aus dem Kiez haben diese Plakate motiviert, zu der Veranstaltung zu kommen. Mindestens genauso viele Mitglieder und Politiker:innen der Partei selbst komplettierten die Runde. „Wir wollen wissen: Wie ist überhaupt die Meinung der Leute? Finden die das hier gut, finden die das schlecht?“, erklärte Guido Rohmann die Idee des Spaziergangs. Es gebe keine fertigen Pläne in der Schublade, die nur noch umgesetzt werden müssten. Man wolle auf keinen Fall, „dass jemand das Gefühl bekommt, hier wird einem was vorgesetzt“.
Die Veranstaltung war auf einen Dialog mit den Anwohnenden ausgelegt und das Konzept ging auf. Während bei anderen Veranstaltungen dieser Art nur Unterstützer:innen von Kiezblocks versammelt gewesen sind, war das Verhältnis hier ungefähr ausgeglichen. Die Hälfte der Anwesenden aus dem Kiez zeigten sich sehr froh über Maßnahmen zur Verkehrssicherheit. Darunter war auch ein älteres Paar, die Frau hat eine Sehbehinderung, das sich über jede vorgeschlagene Verkehrsberuhigung freute. Die andere Hälfte waren Menschen, die die Beschneidung des Autoverkehrs generell ablehnten. Besonders diskutierfreudig war hier ein Berufskraftfahrer, der berichtet, dass er mit seinem Abschleppwagen berlinweit immer schwerer um die Ecken komme und es schwerer werde, einen Parkplatz für sein Fahrzeug zu finden.
Ein Passant, der sich kurz in die Diskussion einklinkte, fand, dass andere Probleme viel wichtiger seien. Er kritisierte die Situation rund um in der Müllerstraße campierende Obdachlose und die Sauberkeit im Kiez allgemein. „Kümmert Euch lieber darum!“, rief er. Die Politiker:innen versprachen, sich auch dieses Themas anzunehmen. Die große Politik lässt auch im Kleinen die Gefühle aufwallen, das zeigte sich auch bei diesem Spaziergang. So fielen Stichworte wie die autofreie Friedrichstraße, autofahrerfeindliche sowie Verbots-Politik auch beim Kiezspaziergang im Englischen Viertel. Guido Rohmann fungierte dabei als guter Moderator, sorgte für einen ruhigen Austausch auch gegensätzlicher Meinungen.
Einen konstruktiven Teil hatte der Kiezspaziergang auch. So waren sich die Teilnehmenden, Gegner:innen wie Befürwortende, beim genauen Betrachten der konkreten Ideen vor Ort schnell einig, dass eine an der Ecke Glasgower und Dubliner Straße avisierte Diagonalsperre andersherum als vorgeschlagen stehen sollte. Auch bei einer Beruhigung der Bristolstraße am Eingang des Schillerparks an der Oxforder Straße hatten die Beteiligten Anmerkungen und Vorschläge. Insbesondere im Sommer, wenn die Platsche in Betrieb sei, sei mit einem Parken in zweiter Reihe zu rechnen und der Grünstreifen direkt am Park bräuchte einen Schutz vor Falschparkenden.
„Man merkt, es wird etwas getan, ihr kümmert euch drum“, resümierte eine befürwortende Teilnehmerin am Ende der Runde. Dass der Verkehr auf den Hauptstraßen dann aber auch fließen müsse, wenn in den Kiezen weniger durchgefahren werden soll, merkte ein anderer Teilnehmer an. Der Berufskraftfahrer sagte: „Ich bin immer noch dagegen. Ich sehe es aber teilweise ein, es ist einfach zu viel in Berlin. Aber es geht immer nur gegen Autofahrer.” Guido Rohmann von der SPD fasste es so zusammen: „Die Verkehrssituation im Kiez ist nicht so richtig zufriedenstellend, da sind sich alle einig. Man hat sich so eingerichtet, sucht sich seine Schleichwege, aber gut es ist nicht“. Deshalb setze sich auch die SPD für Verkehrsberuhigung ein.
Bei diesem Spaziergang war zu spüren, dass auch auf Seiten der Partei die Meinung zu Kiezblocks nicht ganz einheitlich ist. Auch hier gibt es offenbar sehr offensiv Befürwortende und eher skeptisch Abwartende. Zu den Befürwortenden gehörte auch Mathias Schulz, der als Wahlkreisabgeordneter für die SPD im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt. „Die Menschen wollen ja alle mobil sein, aber es sind zu viele Autos in der Stadt. Die große Masse muss in den ÖPNV“, sagte er. Grundsätzlich stimmten ihm alle zu. Wer am Ende aber wirklich auf die Öffis umsteigen oder zugunsten von Verkehrsberuhigung aufs Auto verzichten würde, steht aber ganz offensichtlich auf einem anderen Blatt.
Der SPD-Ortsverein will nun die Bürger:innenmeinungen auswerten. „Im nächsten Schritt wird es auf jeden Fall eine Verkehrszählung geben“, erklärte Guido Rohmann. Außerdem ist eine Online-Petition eingerichtet worden. Hier können alle, die einen Kiezblock Schillerpark unterstützen, unterschreiben. Eventuell soll es weitere öffentliche Veranstaltungen wie am 13. Mai zu den Kiezblock-Plänen geben. Kontakt zur SPD Schillerpark wegen des Kiezblocks ist per E‑Mail unter [email protected] möglich.
Der Text entstand in Zusammenarbeit mit der Weddinger Allgemeinen Zeitung (–> E‑Paper), der gedruckten Zeitung für den Wedding. Autorin ist Dominique Hensel. Wir danken dem RAZ-Verlag!
Der Berufskraftfahrer ist witzig. Natürlich geht es gegen Autos, natürlich wird es für euch schwerer, das ist der ganze Sinn und Zweck der Vekehrswende. 100 Jahre lang ging alles nur ums Auto. Und immernoch nehmen Autos trotz aller Massnahmen den mit Abstand meisten Raum ein. Auch Handwerker und so können auf Lastenräder oder kompaktere Fahrzeuge umsteigen. Und es könnte mehr Haltebuchten geben. Aber kategorisch gegen egal was zu sein was gegen die ultimative Dominanz von Autos geht, die Zeiten sind vorbei.
Klar 🙂
Haben Sie jemals in ein sog. “Handwerker-Fahrzeug” reingeschaut. Dies sind (bspw. bei Installateuren und Elektrodiensten) teilweise komplett eingerichtete Werkstätten. Hinzu kommen die neu einzubauenden (Ersatz-)Teile!
Darüberhinaus ist es der derzeitigen Situation geschuldet, dass Handwerker für den Auftrag quer durch die ganze Stadt fahren müssen! Soll jetzt jemand aus Tempelhol mit dem Lastenrd in den Wedding kommen…
Die Idee, das Handwerker mit dem Lastenrad kommen sollen, ist bereits im Ansatz lächerlich.
Hallo Jan
der Berufsfahrer ist nicht witzig, er spricht höchstwahrscheinlich aus Erfahrung.
Handwerker und Lastenräder… nun ja nur bei Kleinaufträgen, aber Jan ist bestimmt kein Handwerker wenn er so redet. Wer auf dem Bau gearbeit hat , der weis was es heißt Kabeltrommel, Leiter, Werkzeug und einen Ring Kabel zuschleppen.
Ob das was hier in einer Milionenstadt wie Berlin zielführend sein wird und nun mit der Brechstange als Verkehrswende versucht wird durchzusetzen, wird sich noch herausstellen.
Eines ist sicher , das Klima wird dadurch nicht gerettet.…
sonnige Woche noch
Jan du bist Dufte🤭🤭🤭🤭