Ein Platz wird neu und sehr modern gestaltet, wird eingeweiht und ausprobiert. Was aber, wenn die Ausstattung und die Flächen nicht ausreichen, aber Nachforderungen zur Verschönerung gestellt werden, die nicht für jede*n Bürger*in sofort ersichtlich sind? So erging es Susanne Ringel (77) aus dem Brüsseler Kiez, wo sie seit zwölf Jahren wohnt, als sie seit nunmehr 2019 darum bittet, erhört zu werden, weil sie für sich – und sie denkt, es sei auch so für andere – keinen schönen Sitzplatz zum gelegentlichen Verweilen auf dem Weddinger Rathausplatz findet. Dieser wurde im November 2018 neu eröffnet. Was sie bei ihren Anfragen alles erlebte und was sie vorschlägt, habe ich in einem Gespräch mit ihr besprochen.
Warum und seit wann haben Sie sich für den gesamten Rathausplatz interessiert? Mit welchen Bürger*innen sprachen Sie? Haben Sie Mitstreiter gewonnen?
Susanne Ringel: Seit etwa 2019 habe ich Verbesserungsvorschläge vorgebracht und viele Organisationen und Behörden angemailt. Ich kontaktierte die Gedenkstätte Deutscher Widerstand wegen der Stele für Hampels, den weddingweiser.de, die Schiller-Bibliothek, die BIM und viele andere. Aber von der aktiven Initiative Tag des guten Lebens (TdgL) wusste ich nichts. Auch zum Brüsseler Kiez e.V. hatte ich persönlich Kontakt, konnte meine Wünsche dort aber nicht realisieren.
Frau Ringel an der Hampel-Stele – Foto: Renate Straetling
Welche Bereiche des Platzes kritisieren Sie?
Susanne Ringel: Ich kritisiere den gesamten Platz. Es ist eine graue Hölle. Beton, Schotter. Wüste. Und das für 4,5 Millionen Euro, wie ich erfahren habe. Der Ort ist abstoßend, weil kahl, grau und ohne viele Bänke, die für Ältere ungeeignet sind. Auch der Staub, der unter den Platanen an dem neuen Lesegarten mit den Stehlampen aus Beton, aufgwirbelt wird und mir in die Augen fliegt, ist wirklich nicht gut. Zum Glück stehen noch ein etliche alte Bäume, aber diese spenden auf der Südseite zur Uni (BHT) hin wenig bis gar keinen Schatten für die dort allesamt nach Süden hin aufgestellten Bänke, um die herum oft genug alles mit Verpackungen und Lebensmittelresten verdreckt wurde.
Was stört die am meisten?
Susanne Ringel: Ich finde auch diese „wassergebundenen Wege“ nicht angemessen. Die sollten ersetzt werden. Es gibt keinen Trinkbrunnen und keinen Springbrunnen wie zuvor am Simit Evi (heute Old Style). Auch sollte die Hampel-Stele zur Erinnerung an Widerstand im Hitlerregime würdigerweise nicht an einem sandigen kiesigen Ort verankert sein sondern mit etwas mehr Freundlichkeit versehen werden.
Ist der Platz barrierefrei?
Susanne Ringel: Man muss sagen, dass der Platz insofern barrierefrei ist, als er keine Stufen und Treppen hat, aber er bietet keine Aufenthaltsqualität für Alte. Und die Strecke zwischen Leopoldplatz und Brüsseler Kiez ist ohne Rastmöglichkeit enorm weit, wenn man Einkäufe tragen muss.
Was sind Ihre Forderungen an Barrierefreiheit und Altengerechtigkeit?
Susanne Ringel: Es sollte mehr Bänke geben, nicht solche wie für Jugendliche im Lesegarten, mehr Mülleimer, mehr Blumen und grüne Sträucher. Mehr Schatten für die Sitzplätze auf den Bänken.
Das große Problem dieses weiten grauen Platzes ist doch, dass keine unmittelbare Nachbarschaft da ist, die die Pflanzen pflegen und gießen würde. Wer soll sich um die Pflanzenkübel kümmern? Ich denke, es sollte den Angestellten der Bibliothek, des Rathauses der Galerie und der Jobcenters gestattet sein, die Pflanzen und Bäume im heißen Sommer zu gießen. Das wird doch heute überall diskutiert und im Zusammenhang mit den Klimaforderungen sollte man das auch umsetzen.
Wen haben Sie mit Ihrem konkretem Anliegen kontaktiert und welche Reaktionen erhielten Sie?
Susanne Ringel: Ich erhielt keine Antworten, allenfalls Beschwichtigungen über Zuständigkeiten der anderen.
Konnten Sie eine Einwohneranfrage, die vor dem Beginn einer jeden BVV-Sitzung möglich ist, starten?
Susanne Ringel: Eine Anfrage habe ich versucht, leider lag ich damit außerhalb der Anmeldefrist von zehn Tagen.
Gab Ihnen jemand eine Rechtsauskunft oder eine Orientierung zu Ihren Rechten beziehungsweise zum Status der Planung oder zu den Optionen von möglichen Verbesserungen?
Susanne Ringel: Keine der Antworten, die ich erhielt, gaben mir eine Auskunft, bei welcher Stelle ich richtig sei.
Frau Ringel, Sie sind heute 77 Jahre alt, und niemand gab Ihnen nach so vielen Anlaufstellen und Mails einen Kontakthinweis zu einer amtlichen Stelle, die Ihnen weitergeholfen oder Sie beraten hätte?
Susanne Ringel: Ja, so ist es.
Was konkret kann man noch verbessern?
Susanne Ringel: Es gibt die beiden Enden des Gebäudes der Bibliothek, die eher kühl und schattig sind. Vorne an der Müllerstraße ist dies leider ein schmuddeliger Ort, der voller Müll ist, wo der Wind den Dreck zusammenwirbelt, wo Räder und Müllhäuschen zwischen Bibliothek und dem Bistro Old Style nur einen schmalen Durchlass an der Bibliothek vorbei zum Lesegarten und zur Genter Straße lassen.
Auch an dem anderen Ende der Bibliothek, neben dem verglasten Sitzungsraum, ist eine weitere Nische an einer Hofwand und einem Baum, vielleicht eher abgelegen, aber aufhübschbar mit Efeu und Bänken, falls man sich Mühe mit diesem Vorschlag macht. Auf jeden Fall sollte man vor diesem nächsten vermutlich wieder sehr heißen Sommer die Lebendigkeit und Freundlichkeit des Platzes durch viele Blumen fördern und damit den alten einheimischen Menschen dort mehr Optionen für irgendeine entspannte Aufenthaltsqualität geben!
Ich freue mich, wenn auch so wie ich zur Platzgestaltung eingestellte Nachbar*innen mich kontaktieren unter meiner privaten Mailadresse suring@web.de
Gespräch und Text © Renate Straetling
Foto: wikimedia, gemeinfrei
Auf meinem Weg vom Sprengelkiez zur Schiller-Bibliothek komme ich auch häufiger zum Rathausvorplatz. Positiv finde ich dort, dass es seit der Umgestaltung eine gewisse Struktur gibt, völlig hässlich dagegen ist der Schotter am Boden und der Müll von Menschen – ein Ort den ich meide. Insofern kann ich Frau Ringel nur zustimmen. Traurig finde ich auch, dass gute Ideen oft in Bürokratie-Deutschland blockiert werden. Es wird zwar etwas initiiert, aber dann wieder wird es vernachlässigt: nicht gepflegt, nicht gegossen, nicht aufgeräumt, nicht weitergeführt in einen größeren Zusammenhang.
Für mich leidet die Aufenthaltsqualität des Platzes in erster Linie unter dem Müll. Bei gutem Willen ließen sich dafür sicher Lösungen finden (es gibt bestimmt auch krähensichere Mülleimer). Dass der Platz in Teilen am Bedarf vorbei geplant wurde, lässt sich deutlich an den Trampelpfaden neben den angelegten Wegen erkennen. Schön finde auch ich das Rathausumfeld nicht.
Der Bereich zwischen Jobcenter Hochhaus zur Genter Str. hin war, wo jetzt Bänke und Wiese sind, vor der Umgestaltung Parkplatz – genau wie nebenan auf dem Gelände, auf dem der Wochenmarkt stattfindet. Insofern stimmt es überhaupt nicht, daß ier Grünflächen zerstört wurden, hier ist vielmehr tatsächlich entsiegelt worden. Müll und Vandalismus ist ein immerwährendes Berliner Problem und die – leider oft fleckigen – Bänke sind denke ich auch aus dem Grund so gestaltet – schlicht, robust und möglichst unzerstörbar. Das Problem liegt in meinen Augen nicht an der Bebauung sondern an den Nutzern, die halt rumsauen, Müll liegen lassen etcpp. Ansonsten mag ich die Offenheit und Weitläufigkeit der gesamten Anlage und kann mich der Kritik auch in dem Artikel überhaupt nicht anschließen. Ich wohne Luxemburger, für mich ist das also wirklich Hinterhof (im Gegensatz zur Brüsseler) Aber ehrlich – der Weg Leo zur Brüsseler ist zu weit? Ernsthaft? Bewegung ist für viele Städter halt ein Fremdwort …
Ganz so einfach ist es nicht, den Anwohnern, Touristen und Obdachlosen alleine die Schuld für die weniger
guten Aufenthaltsqualitäten (Müllberge) auf dem Gelände rund um das Jobcenter zu geben.
Immerhin ist es auf dem Zeppi, der auch zu dem Ihrigen Hinterhof gehört, wie ich verstanden habe, anders, was darauf hindeutet, dass man sich dort wohl fühlt: Gras, flirrende hohe Linden, Podeste zum Sitzen undund). -
In dem Interview ging es vorranging um fehlende Facilities wie Schatten und Wasser (Trinkbrunnen; Gerade nach Corona ist es wichtig, die Kultur des Händewaschens zu beleben!) u. a., um allen (also nicht vielen, sondern allen) Altersgruppen und Interessen auf dem Platz gerecht zu werden. – Und es geht darum, warum sich niemand als Ansprechpartner für solche Anliegen zeigt.
Nunja, der Zeppi hat mehr große Bäume, die der Liegewiese dann natürlich mehr Schatten spenden können. Die Sitzmöbel auf dieser Liegewiese sind allerdings erstrecht nicht für alle Altersgruppen geeignet, Ältere Menschen haben das Nachsehen. Der Zeppi wird nach meiner Beobachtung auch viel mehr von Familien (Kinderspielplatz!!) und Studenten genutzt. Der Leopoldplatz und der Bereich zur Genterstr. hin wird dagegen gern genutzt um Fastfood aus den umliegenden Imbissen zu konsumieren, die Verpackungen bleiben dann auch gerne mal einfach so auf den Bänken liegen. Die Krähen, die die Reste picken, tun ihr übriges um den Müll zu verteilen. Aber die vorhandenen Bäume wurden genauso stehengelassen, nur sind es eben nicht soviele große Schattenspender wie auf dem Zeppi. Aber es gibt schattige Bereiche … zB direkt vor der Bibliothek der Lesegarten, den die Autorin aber ja auch nicht mag, oder auch am Elise+Otto Hampelweg. Ich persönlich sitze auch gerne mal in der Sonne und genieße die Weitläufigkeit … den aufgestellten Schildern mit Verboten und Regeln lässt sich entnehmen, daß für den gesamten Bereich eine Immobilienbewirtschaftung zuständig ist, die auch Parkwächter laufen lässt und sich das Recht herausnimmt, Betretungsverbote auszusprechen. Was fragwürdig ist, nachdem sowohl der Eingang zur Bibliothek als auch zum Jobcenter auf dem Gelände liegen . . . Dahin würde ich mich wenden, wenn es um Gartenpflege etc geht. Und wenn Fristen versäumt werden, um über die BVV tätig zu werden – vllt einfach dranbleiben, nochmal versuchen?
Außerdem muss ich sagen, dafür, daß der Platz – wie die Autorin gleich Eingangs beschreibt – eine graue Hölle, Beton, Schotter, Wüste, abstoßend, kahl und staubig sein soll, wird er erstaunlich gut angenommen. Oftmals sind alle Bänke belegt, für den Sonnenuntergang an der Genter sind dann natürlich erstrecht die Sonnenbänke begehrt …
Als Antwort auf Ihre beiden Kommentare vom 14.6. möchte ich einwenden – die Autorin bin ich und die von mir Interviewte ist Frau S. Ringel -, dass es in dem Interview offenbar um eine Gesamtschau des Rathausplatzes geht und um eine Gesamtwürdigung, wie Frau Ringel sie wahrnimmt. Dann stellt sich so mancher
Aspekt der qualitativen Nutzung für die gesamte Anwohnerschaft mit anderem Gewicht dar.
Sorry für die Verwechslung. Gesamtschau: grundsätzlich ist es ein funktionaler Platz, meine Parkanlage. Zudem Teil eines Gesamtkonzeptes, dass sich vor der Kirche fortsetzt. Man sollte im Auge. Behalten, dass der Leo Problembelastet ist durch Trinker und Drogen. Dies konnte man relativ gut einhegen. Die spartanische Gestaltung verstehe ich als Teil der Lösung Grüße
Soll heißen: keine Parkanlage
In Zeiten wo überall entsiegelt und was für Insekten gemacht wird wurden hier massiv Grünflächen zerstört. Der Platz ist wirklich hässlich, staubig, dreckig und grau und im Sommer ein Backofen. Hier spiegelt sich die Distanz zum Menschen die das Rathaus auch in seiner Kommunikatiob mit dem Bürger an den Tag legt.
Kann mich der Meinung nur anschließen. Vor 40 Jahren hatte ich noch Glück bei der Bürgermeisterin Frau Heß, als ich in der Sprechstunde auf die 6 maroden Spielplätze im Kiez hinwies und diese dann ziemlich schnell neu gestaltet wurden. Für die Jugendlichen sollte es auch Spielgeräte geben, wie in den Niederlanden.