Mastodon

Vielstimmig wie der Wedding:
Klangwelten des Frauenchors KlangGewandt

Eine Probe im Paul-Gerhardt-Stift
4. Februar 2023
Frauenchor KlangGewand, Chorleiterin Elisabeth Ruhe, Foto von Susanne Haun
Frau­en­chor Klang­Ge­wand, Chor­lei­te­rin Eli­sa­beth Ruhe, Foto von Susan­ne Haun

Unse­re Autorin besuch­te die Pro­be eines Wed­din­ger Chors. So viel­stim­mig wie unser Stadt­teil ist auch die­se Gemein­schaft von neu­gie­ri­gen Frau­en. Neue Sän­ge­rin­nen sind will­kom­men bei die­sem Chor, den wir euch hier vorstellen. 

Seit 2020 probt der Frau­en­chor Klang­Ge­wandt jeden Mitt­woch von 19:30 bis 21 Uhr im Paul-Ger­hardt-Stift in der Mül­lerstra­ße 56 – 58 im Paul-Ger­hardt-Saal. Gegrün­det wur­de der Chor im Jahr 2014 auf Initia­ti­ve der Lei­te­rin des Stu­dio Balu, Jean­nette Getrost, im Sprengelkiez. 

Jean­nette war es auch, die die Chor­lei­te­rin Eli­sa­beth Ruhe akqui­rier­te. Ein Frau­en­chor war nicht geplant, bei Grün­dung waren alle, die ger­ne sin­gen ein­ge­la­den, egal wel­chen Geschlechts. Jedoch haben sich nur Frau­en ange­mel­det und dabei ist es dann geblie­ben. Wäh­rend Coro­na waren die Räum­lich­kei­ten für einen Chor im Stu­dio Balu zu klein. So wur­de im Paul-Ger­hardt-Stift im namens­glei­chen Saal ein ent­spre­chen­der gro­ßer Raum gefun­den. Nur durch die lie­be­vol­le Chor­lei­te­rin Eli­sa­beth sei der Chor durch die Coro­na­zeit gekom­men, lobt Sabi­na, eine der Sän­ge­rin­nen des Chors.

Im Chor wer­den Lie­der ver­schie­de­ner Spra­chen gesun­gen. Das Reper­toire umfasst zum Bei­spiel das schwe­di­sche Volks­lied Uti vår hage, was auf Deutsch Auf unse­rer Wie­se bedeu­tet. Auf die­ser Wie­se wach­sen Lili­en, Ake­lei, Rose und Sal­bei genau wie süße Min­ze. Die gesun­ge­nen Lie­der der Frau­en han­deln oft von natur­ver­bun­de­nen The­men. 10 bis 15 Frau­en sin­gen im Chor, die Anzahl variiert. 

Sabi­na erfreut sich an den vie­len unbe­kann­ten Lie­dern, die Eli­sa­beth mit ihnen singt und die kaum einer kennt. Man lernt immer etwas Neu­es, wirft Anne Marie ein. Andrea lobt den Spaß und die net­te Grup­pe. Selbst im Gespräch agie­ren die Frau­en wie ein Chor, die eine nimmt den Faden der ande­ren auf.

Bei mei­nem Besuch einer Pro­be des Chors steht das japa­ni­sche Lied Hota­ru Koi auf dem Pro­gramm. Auch wenn man beim Wort Koi zuerst an einen rot­wei­ßen Fisch denkt, so ist die Über­set­zung für Hota­ru Koi “Glüh­würm­chen”. Obgleich meist fremd­spra­chi­ge Lie­der gesun­gen wer­den, kommt die Ita­lie­ne­rin Auro­ra neben dem Sin­gen, um ihr Deutsch zu ver­bes­sern. Sie fühlt sich zwi­schen den Frau­en warm­her­zig, wie in einer Fami­lie, aufgenommen.

Das Ein­sin­gen des Chors emp­fin­de ich sehr medi­ta­tiv, ein wenig wie „Gym­nas­tik mit Tönen“. Die Frau­en ste­hen frei mit Abstand im Raum, Eli­sa­beth lei­tet das Ein­sin­gen mit ruhi­ger Stim­me. Ich bin beein­druckt. Nach dem Ein­sin­gen wer­den die Noten für Hota­ru Koi ver­teilt, zuerst wer­den die Töne des Lieds bewusst ange­steu­ert, Eli­sa­beth singt eine Zei­le vor und die Frau­en sin­gen gemein­sam nach. Eli­sa­beth diri­giert mit dem gan­zen Kör­per, in Kom­bi­na­ti­on mit ihrem Gesicht sieht man direkt, wie die Töne ent­ste­hen. Die Sän­ge­rin­nen sit­zen im Kreis um ihre ste­hen­de Chor­lei­te­rin. Der Takt 34 (eine Zei­le des Lie­des) wird nun aus­führ­lich bespro­chen. Eli­sa­beth gibt Hin­wei­se, wie man in einem Ton immer lei­ser wer­den kann. Die Sän­ge­rin­nen tau­schen unter­ein­an­der ihre Erfah­run­gen aus, im Raum herrscht eine krea­ti­ve, har­mo­ni­sche Atmo­sphä­re. Jede muss ihren eige­nen Weg fin­den, die Töne zu sin­gen. Die Frau­en üben, einen Ton in 7 Stu­fen immer lei­ser zu sin­gen, ich per­sön­lich ler­ne, dass die­se Art der Ton­mo­du­la­ti­on Decre­scen­do genannt wird. „Mit dem Her­zen sin­gen“ nennt Auro­ra die Atmo­sphä­re, die an eine gut funk­tio­nie­ren­de Fami­lie erin­nern soll. Ich habe den Ein­druck, dass die Frau­en mit viel Spaß und Freu­de bei der Sache sind. Die Frau­en selbst bezeich­nen sich als ein wenig chao­tisch. Ich emp­fin­de die­ses soge­nann­te Cha­os eher als regen Aus­tausch, Eli­sa­beth nennt es demokratisch. 

Die Frau­en geste­hen, dass vor den Auf­trit­ten viel über die zu tra­gen­de Klei­dung am Kon­zert­tag dis­ku­tiert wird. Für mich nach­voll­zieh­bar, denn bevor der ers­te Ton gesun­gen wird, begut­ach­tet das Publi­kum die äuße­re Erschei­nung des Chors.

Die­ses Jahr sind im Früh­jahr ein Kon­zert im Paul-Ger­hardt-Stift und im Som­mer ein Kon­zert in der Schil­dower Kir­che mit dem Kreuz­ber­ger Orches­ter der St. Boni­fa­ti­us-Gemein­de geplant. Die Ter­mi­ne wer­den im Ver­an­stal­tungs­ka­len­der des Wed­ding­wei­sers bekannt gegeben.

Der Frau­en­chor hat immer Inter­es­se an neu­en Sän­ge­rin­nen mit Chor­er­fah­rung. Die Damen sin­gen auch ger­ne vier­stim­mig. Wer mit­sin­gen möch­te, kann sich ger­ne mel­den. Die Sän­ge­rin­nen haben schon jetzt unter­schied­li­che Erfah­rungs­stän­de, die Frau­en tra­gen sich unter­ein­an­der, die unsi­che­ren wer­den von den siche­ren Chor­stim­men unter­stützt. Zuver­läs­sig soll­ten die neu­en Chor­frau­en sein, das ist ein wich­ti­ger Aspekt, denn, wenn eine Stim­me nicht da ist, dann lei­det der gesam­te Chor. In einem Chor ist klas­si­sches Team­work gefragt. Mah­der, ein neu­es Mit­glied berich­tet, dass sie schon in einer ande­ren Stadt im Chor gesun­gen hat und ger­ne „etwas mit ihrer Stim­me“ machen möch­te. Andrea hat Eli­sa­beth in der Reh­ber­ge ken­nen­ge­lernt. Eli­sa­beth kauf­te in der SchA­tul­le, dem inzwi­schen geschlos­se­nen Park­ca­fé, eine Fla­sche Sekt und Andrea frag­te flap­sig, wo man den Sekt denn trin­ken kön­ne. Das ist der Wed­ding: offen und herz­lich! Kers­tin erfuhr in der Kita von dem Chor, wäh­rend Eri­ka durch eine Freun­din auf den Chor auf­merk­sam gemacht wur­de. Sie trau­te sich erst nicht bei­zu­tre­ten, weil sie dach­te, sie kön­ne nicht sin­gen. Inzwi­schen sind die Pro­ben­ter­mi­ne wich­ti­ger Bestand­teil ihres Alltags.

Frau muss als neu­es Chor­mit­glied nicht aus dem Wed­ding kom­men, der Chor beher­bergt eine Rei­ni­cken­dor­fe­rin, eine Moa­bi­te­rin, eine Mari­en­fel­de­rin und Anne­ma­rie reist jede Woche eine Stun­de aus Trep­tow an. Die ein­fühl­sa­me Art und Respekt der Chor­lei­te­rin und Diri­gen­tin Eli­sa­beth ist der Kitt, der den Chor zusammenhält.

Kon­takt­da­ten:
Frau­en­chor Klang­Ge­wandt
Chor­lei­te­rin: Eli­sa­beth Ruhe
Mail: [email protected]
Whats­App: 0176 23 63 79 49
Der Chor besitzt kei­ne Inter­net­sei­te. 
Die Teil­nah­me kos­tet monat­lich 20 Euro für Mie­te und Chorleiterin. 

Susanne Haun

Susanne Haun studierte Kunstgeschichte und Philosophie an der Freien Universität Berlin. Seit 2002 ist sie als Bildende Künstlerin und Autorin in Berlin aktiv.
Von 1993-2005 arbeitete sie als Systemanalytikerin und Entwicklerin für verschiedene ARD Sendeanstalten.

Als Autorin veröffentlicht sie seit März 2009 täglich Beiträge zur eigenen Kunst und Kunstgeschichte in ihrem Blog www.susannehaun.com und interagiert dort sowie auf weiteren Social Media Plattformen mit über 12.000 Follower. Zudem unterhält Susanne Haun einen Kunstsalon in ihrem Atelier. Hier werden regelmäßig aktuelle Themen zur Kunst von geladenen Gästen referiert und diskutiert.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

MastodonWeddingweiser auf Mastodon
@[email protected]

Wedding, der Newsletter. 1 x pro Woche



Unterstützen

nachoben

Auch interessant?