Unsere Autorin besuchte die Probe eines Weddinger Chors. So vielstimmig wie unser Stadtteil ist auch diese Gemeinschaft von neugierigen Frauen. Neue Sängerinnen sind willkommen bei diesem Chor, den wir euch hier vorstellen.
Seit 2020 probt der Frauenchor KlangGewandt jeden Mittwoch von 19:30 bis 21 Uhr im Paul-Gerhardt-Stift in der Müllerstraße 56 – 58 im Paul-Gerhardt-Saal. Gegründet wurde der Chor im Jahr 2014 auf Initiative der Leiterin des Studio Balu, Jeannette Getrost, im Sprengelkiez.
Jeannette war es auch, die die Chorleiterin Elisabeth Ruhe akquirierte. Ein Frauenchor war nicht geplant, bei Gründung waren alle, die gerne singen eingeladen, egal welchen Geschlechts. Jedoch haben sich nur Frauen angemeldet und dabei ist es dann geblieben. Während Corona waren die Räumlichkeiten für einen Chor im Studio Balu zu klein. So wurde im Paul-Gerhardt-Stift im namensgleichen Saal ein entsprechender großer Raum gefunden. Nur durch die liebevolle Chorleiterin Elisabeth sei der Chor durch die Coronazeit gekommen, lobt Sabina, eine der Sängerinnen des Chors.
Im Chor werden Lieder verschiedener Sprachen gesungen. Das Repertoire umfasst zum Beispiel das schwedische Volkslied Uti vår hage, was auf Deutsch Auf unserer Wiese bedeutet. Auf dieser Wiese wachsen Lilien, Akelei, Rose und Salbei genau wie süße Minze. Die gesungenen Lieder der Frauen handeln oft von naturverbundenen Themen. 10 bis 15 Frauen singen im Chor, die Anzahl variiert.
Sabina erfreut sich an den vielen unbekannten Liedern, die Elisabeth mit ihnen singt und die kaum einer kennt. Man lernt immer etwas Neues, wirft Anne Marie ein. Andrea lobt den Spaß und die nette Gruppe. Selbst im Gespräch agieren die Frauen wie ein Chor, die eine nimmt den Faden der anderen auf.
Bei meinem Besuch einer Probe des Chors steht das japanische Lied Hotaru Koi auf dem Programm. Auch wenn man beim Wort Koi zuerst an einen rotweißen Fisch denkt, so ist die Übersetzung für Hotaru Koi “Glühwürmchen”. Obgleich meist fremdsprachige Lieder gesungen werden, kommt die Italienerin Aurora neben dem Singen, um ihr Deutsch zu verbessern. Sie fühlt sich zwischen den Frauen warmherzig, wie in einer Familie, aufgenommen.
Das Einsingen des Chors empfinde ich sehr meditativ, ein wenig wie „Gymnastik mit Tönen“. Die Frauen stehen frei mit Abstand im Raum, Elisabeth leitet das Einsingen mit ruhiger Stimme. Ich bin beeindruckt. Nach dem Einsingen werden die Noten für Hotaru Koi verteilt, zuerst werden die Töne des Lieds bewusst angesteuert, Elisabeth singt eine Zeile vor und die Frauen singen gemeinsam nach. Elisabeth dirigiert mit dem ganzen Körper, in Kombination mit ihrem Gesicht sieht man direkt, wie die Töne entstehen. Die Sängerinnen sitzen im Kreis um ihre stehende Chorleiterin. Der Takt 34 (eine Zeile des Liedes) wird nun ausführlich besprochen. Elisabeth gibt Hinweise, wie man in einem Ton immer leiser werden kann. Die Sängerinnen tauschen untereinander ihre Erfahrungen aus, im Raum herrscht eine kreative, harmonische Atmosphäre. Jede muss ihren eigenen Weg finden, die Töne zu singen. Die Frauen üben, einen Ton in 7 Stufen immer leiser zu singen, ich persönlich lerne, dass diese Art der Tonmodulation Decrescendo genannt wird. „Mit dem Herzen singen“ nennt Aurora die Atmosphäre, die an eine gut funktionierende Familie erinnern soll. Ich habe den Eindruck, dass die Frauen mit viel Spaß und Freude bei der Sache sind. Die Frauen selbst bezeichnen sich als ein wenig chaotisch. Ich empfinde dieses sogenannte Chaos eher als regen Austausch, Elisabeth nennt es demokratisch.
Die Frauen gestehen, dass vor den Auftritten viel über die zu tragende Kleidung am Konzerttag diskutiert wird. Für mich nachvollziehbar, denn bevor der erste Ton gesungen wird, begutachtet das Publikum die äußere Erscheinung des Chors.
Dieses Jahr sind im Frühjahr ein Konzert im Paul-Gerhardt-Stift und im Sommer ein Konzert in der Schildower Kirche mit dem Kreuzberger Orchester der St. Bonifatius-Gemeinde geplant. Die Termine werden im Veranstaltungskalender des Weddingweisers bekannt gegeben.
Der Frauenchor hat immer Interesse an neuen Sängerinnen mit Chorerfahrung. Die Damen singen auch gerne vierstimmig. Wer mitsingen möchte, kann sich gerne melden. Die Sängerinnen haben schon jetzt unterschiedliche Erfahrungsstände, die Frauen tragen sich untereinander, die unsicheren werden von den sicheren Chorstimmen unterstützt. Zuverlässig sollten die neuen Chorfrauen sein, das ist ein wichtiger Aspekt, denn, wenn eine Stimme nicht da ist, dann leidet der gesamte Chor. In einem Chor ist klassisches Teamwork gefragt. Mahder, ein neues Mitglied berichtet, dass sie schon in einer anderen Stadt im Chor gesungen hat und gerne „etwas mit ihrer Stimme“ machen möchte. Andrea hat Elisabeth in der Rehberge kennengelernt. Elisabeth kaufte in der SchAtulle, dem inzwischen geschlossenen Parkcafé, eine Flasche Sekt und Andrea fragte flapsig, wo man den Sekt denn trinken könne. Das ist der Wedding: offen und herzlich! Kerstin erfuhr in der Kita von dem Chor, während Erika durch eine Freundin auf den Chor aufmerksam gemacht wurde. Sie traute sich erst nicht beizutreten, weil sie dachte, sie könne nicht singen. Inzwischen sind die Probentermine wichtiger Bestandteil ihres Alltags.
Frau muss als neues Chormitglied nicht aus dem Wedding kommen, der Chor beherbergt eine Reinickendorferin, eine Moabiterin, eine Marienfelderin und Annemarie reist jede Woche eine Stunde aus Treptow an. Die einfühlsame Art und Respekt der Chorleiterin und Dirigentin Elisabeth ist der Kitt, der den Chor zusammenhält.
Kontaktdaten:
Frauenchor KlangGewandt
Chorleiterin: Elisabeth Ruhe
Mail: [email protected]
WhatsApp: 0176 23 63 79 49
Der Chor besitzt keine Internetseite.
Die Teilnahme kostet monatlich 20 Euro für Miete und Chorleiterin.