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11. Favourites Film Festival:
Wer braucht schon ein Filmfestival?

28. September 2022

Fünf Tage lang hat der rote Tep­pich vor dem City Kino Wed­ding gele­gen. Film­fans aus der gan­zen Stadt, Filmemacher:innen ver­schie­de­ner Natio­na­li­tä­ten lie­fen dar­über, alle unter­wegs für das beson­de­re Kino­er­leb­nis. Zum 11. Mal hat das Favou­ri­tes Film Fes­ti­val sehr beson­de­re Fil­me in den Wed­ding gebracht. Mög­li­cher­wei­se war es die letz­te Gele­gen­heit, die Publi­kums­ge­win­ner inter­na­tio­na­ler Fes­ti­vals an der Mül­lerstra­ße zu sehen…

Gleich geht der Festivalfilm los: Besucher:innen im Foyer des City Kino Wedding. Foto: Hensel
Gleich geht der Fes­ti­val­film los: Besucher:innen im Foy­er des City Kino Wed­ding. Foto: Hensel

Wer braucht schon ein Film­fes­ti­val? Die Fra­ge ist pro­vo­ka­tiv und nicht ganz ernst gemeint. Und die Ant­wort ist ein­fach: Ein Film­fes­ti­val wie das Favou­ri­tes Film Fes­ti­val brau­chen alle, die gern beson­de­re Fil­me sehen. Fil­me, die man nicht strea­men und oft auch nicht außer­halb des Fes­ti­vals im Kino sehen kann. Es sind beson­de­re Geschich­ten, von enga­gier­ten Film­teams auf der gan­zen Welt mit oft klei­nem Bud­get gedreht. Sie sind nicht weni­ger span­nend als die ganz gro­ßen Block­bus­ter, oft sind sie sogar inter­es­san­ter, inno­va­ti­ver und krea­ti­ver als man­cher Hit aus dem regu­lä­ren Kino­pro­gramm. Dass es nur weni­ge in den regu­lä­ren Ver­leih schaf­fen, ist scha­de und hängt nicht unbe­dingt mit der Qua­li­tät des Films zusammen.

Bewegende Geschichten am Puls der Zeit

Auf die Lein­wand kom­men beim Favou­ri­tes Film Fes­ti­val Fil­me in Ori­gi­nal­spra­che, meist mit Unter­ti­teln. Kame­raf­rau­en, Regisseur:innen oder Darsteller:innen ste­hen oft für Fra­gen des Publi­kums auf der Büh­ne. Beim dies­jäh­ri­gen Favou­ri­tes Film Fes­ti­val, das vom 21. bis 25. Sep­tem­ber statt­ge­fun­den hat, gab es die­se Gele­gen­hei­ten, beson­de­re Lieb­lings­fil­me zu sehen. Pau­la Syn­ia­wa und Anna Jur­zik haben die Fil­me aus­ge­wählt, das Fes­ti­val orga­ni­siert, die Men­schen ein­ge­la­den. Es gab Lie­bes­ge­schich­ten aus den Pari­ser Vor­or­ten, einen Film über eine jun­ge Lie­be im Schat­ten des Kamp­fes um Kli­ma­ge­rech­tig­keit, eine ani­mier­ten Film über einen Geflüch­te­ten aus Afgha­ni­stan in Däne­mark, einen Film aus dem kolum­bia­ni­schen Dschun­gel, eine Geschich­te über die Begeg­nung eines Stra­ßen­kin­des in Pana­ma City mit einer Mut­ter, die ihr Kind ver­lo­ren hat. Es gab auch vie­le Kurz­fil­me aus allen Tei­len der Welt. Ein bun­tes, abwechs­lungs­rei­ches Pro­gramm haben die bei­den Fes­ti­val­lei­te­rin­nen wie­der zusammengestellt.

Auch bei die­sem Fes­ti­val gab es einen Publi­kums­ge­win­ner. Der Preis ging an den Film „Olga“. Er erzählt die Geschich­te einer jun­gen ukrai­ni­schen Tur­ne­rin, die in einem Schwei­zer Trai­nings­la­ger die Pro­tes­te auf dem Euro­mai­dan über Social Media erlebt. Regis­seur Elie Grap­pe war im City Kino zu Gast und beant­wor­te­te nach der Vor­füh­rung vie­le Fra­gen aus dem Publi­kum. Antrieb für sei­nen bewe­gen­den Spiel­film war für ihn die Fra­ge, wie ein jeder Mensch sei­ne per­sön­li­che Lebens­ge­stal­tung mit den gesell­schaft­li­chen und poli­ti­schen Ereig­nis­sen in der Welt ver­ein­ba­ren kann. „Olga“ ist ein gutes Bei­spiel für die­se bewe­gen­den Geschich­ten, die seit elf Jah­ren im Rah­men des Fes­ti­vals gezeigt werden.

Anna Jurzik und Paula Syniawa auf dem roten Teppich vor dem City Kino Wedding. Foto: Hensel
Anna Jur­zik und Pau­la Syn­ia­wa auf dem roten Tep­pich vor dem City Kino Wed­ding. Foto: Hensel

Fortsetzung: ungewiss

Ein Sekt­emp­fang zum Fes­ti­val­be­ginn, Kuchen zum Abschluss, dazwi­schen einen Fes­ti­val­par­ty im Foy­er – auch das ist das Favou­ri­tes Film Fes­ti­val. Wie die bei­den Fes­ti­val­lei­te­rin­nen berich­ten, ist das Film­pro­gramm in die­sem Jahr vom Publi­kum beson­ders gut ange­nom­men wor­den. Mit den Abstim­mungs­kar­ten wur­de wie immer abge­stimmt – und zwar wur­de im Durch­schnitt so gut bewer­tet wie nie zuvor. Den­noch ist die Fort­füh­rung des Fes­ti­vals im nächs­ten Jahr unge­wiss. Dennn das aktu­el­le Welt­ge­sche­hen geht auch an einem sol­chen Pro­jekt nicht spur­los vor­bei. Wegen der Coro­na­kri­se hat­ten Spon­so­ren ihre Unter­stüt­zung redu­ziert. „Für die Durch­füh­rung des Fes­ti­vals stand in die­sem Jahr im Ver­gleich zu ver­gan­ge­nen Aus­ga­ben nur die Hälf­te des Bud­gets zur Ver­fü­gung, so dass die kom­plet­te Arbeit des Fes­ti­val­teams in die­sem Jahr rein ehren­amt­lich erfolg­te“, heißt es von Pau­la Syn­ia­wa und Anna Jur­zik. „Da auch nach elf Fes­ti­val­jah­ren in Ber­lin die Finan­zie­rung des Fes­ti­vals nicht gesi­chert ist und es ohne struk­tu­rel­le För­de­rung kei­ner­lei Pla­nungs­si­cher­heit gibt, ist es nicht klar, ob es eine wei­te­re Fes­ti­val­aus­ga­be in Ber­lin geben wird“, so das Team wei­ter. Für alle, die ein sol­ches Film­fes­ti­val brau­chen, ist das sicher­lich kei­ne gute Nach­richt. Für das City Kino ist es eben­falls kei­ne gute Nach­richt und für den Wed­ding wäre es ein Verlust.

Auf Nach­fra­ge erklär­te Pau­la Syn­ia­wa, dass die Arbeit an einer nächs­ten Aus­ga­be Ende Janu­ar 2023 begin­nen müss­te – falls eine Finan­zie­rung für das Favou­ri­tes Film Fes­ti­val im City Kino Wed­ding gefun­den wer­den sollte.

Dominique Hensel

Dominique Hensel lebt und schreibt im Wedding. Jeden zweiten Sonntag gibt sie hier den Newsüberblick für den Stadtteil. Die gelernte Journalistin schreibt für den Blog gern aktuelle Texte - am liebsten zu den Themen Stadtgärten, Kultur, Nachbarschaft und Soziales. Hyperlokal hat Dominique es auf jeden Fall am liebsten und beim Weddingweiser ist sie fast schon immer.

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