Die Künstlerin Susanne Haun hat nicht nur ihre Wurzeln und ihr Atelier im Wedding. Sie bringt hier in ihren Salons auch Kunstfreunde zusammen und die Bilder Weddinger Künstlerinnen und Künstler auf die Straße. Nach langer Zeit sind ihre Bilder nun endlich wieder in einer Einzelausstellung zu sehen.
„In Tuschelinien träumen“ heißt die aktuelle Ausstellung von Susanne Hauns Werken in der Atelier Galerie Orange in Niederschönhausen. Die Bilder in den hellen Räumen eines Gründerzeithauses, dessen Tür sich zum Herthaplatz öffnet, erfüllen das Versprechen voll und ganz. Mit Tusche erschafft die vielseitige Künstlerin Zeichnungen, die mit einfachen Mitteln eine große Strahl- und Anziehungskraft entwickeln. Meisterlich variiert sie in vielen der gezeigten Bilder einen einzigen Farbton von fast transparenten Flächen zu farbgesättigten Linien. Ob Katze in grün oder Blüte in violett: Ihre Motive nimmt sie aus der Natur oder ihrer Alltagsumgebung. „Meine Blumen stehen mir Modell“, sagt sie in schnoddriger, leicht melancholischer Selbstverständlichkeit in Ihrer Rede zur Ausstellungseröffnung.
Haun ist Berlinerin, unverkennbar. Eine Frau mit trockenen Humor und eine Frau, die in Farben träumt, aber mit beiden Beinen auf dem Boden steht. Sie bewirtete die Besucher ihrer, leider seit der Pandemie noch nicht wieder aufgenommenen, Kunstsalons in ihrem Atelier in der Groninger Straße immer wieder gerne mit Schmalzstullen und lief die ganze Müllerstraße ab, um die richtigen Standorte für die Plakate des Kunstwettbewerbs „Mein Wedding“ zu finden, den sie 2020 fast im Alleingang organisierte.
Eine Karriere als Künstlerin wurde ihr in einer Weddinger Handwerkerfamilie in den 1960er Jahren nicht in die Wiege gelegt. „Das war für Mädchen damals undenkbar.“ Stattdessen arbeitete sie lange als Systemanalytikerin und Programmiererin beim damaligen Sender Freies Berlin (heute RBB). „Programmieren ist auch etwas Kreatives”, sagt sie ohne Dünkel. „Aber beides zusammen geht nicht, man kann nur eine Sache mit dem Herzen gut machen.“ So entschied sie sich 2002 gegen den festen Job und für die freie Kunst. Mit Erfolg. Die Liste ihrer Ausstellungen ist lang und die Schaffenskraft in den 20 Jahren freier Arbeit so vielfältig, dass Susanne Haun inzwischen ein digitales Werkverzeichnis erstellt. Dazu passt, dass die Pariser Online-Galerie Singulart Werke von Susanne Haun in der ganzen Welt anbietet. Gleichzeitig ist das Thema „Das Digitale Werkverzeichnis“ Gegenstand ihrer Doktorarbeit an der udk, Universität der Künste Berlin. „So kann ich beide kreative Adern miteinander verbinden: Die Kunst und die Systemanalyse“, sagt sie pragmatisch.
Was einen auch gleich für Susanne Hauns Bilder einnimmt, ist die hohe handwerkliche Qualität. Haun verwendet als Materialien für ihre Zeichnungen Tusche und Stahl-/ Zeichenfedern sowie Pinsel auf Büttenpapier, manchmal auch Leinwand und Glas. Für diese Techniken ist sie auch eine gefragte Lehrerin, die bundesweit unterrichtet und dazu auch Lehrbücher verfasst hat.
Über den Unterricht lernte sie die Inhaberin der Atelier Galerie Orange, Antje Flauß, kennen. Flauß, selber Malerin, hatte bei Susanne Haun einen Workshop belegt und schnell entstand die Idee einer Zusammenarbeit.
Und so verwundert es nicht, dass ein Workshop zu Arbeit mit Tusche Ende Mai in den Räumen der Galerie Orange Teil der Ausstellung ist.
Ausstellung „In Tuschelinien träumen – Zeichnungen von Susanne Haun“
29. April – 26. Juni 2022
Dienstag, Donnerstag und Samstag von 14 – 18 Uhr
AtelierGalerie ORANGE
Herthaplatz 6, 13156 Berlin, 0176 5509 2449
Workshop
„Mit Tusche zeichnen und kolorieren“
(max. 6 Personen)
Samstag, den 28. Mai 2022, von 10 – 16 Uhr
Kosten 75 Euro / Person inklusive Material
Anmeldung: AtelierGalerie Orange, Antje Flauß
Fotos Rolf Fischer/Andreas Flauß