Irgendwie cool und gleichzeitig irgendwie rätselhaft. So wirkt ein Plakat am U‑Bahnhof Wedding, das die gleichen orangefarbenen Kacheln wie die Station selbst zeigt. Ausgedacht haben sich dieses Plakat Annick Rietz und Emilia Bach. Das Plakat ist nur ein sehr kleiner Ausschnitt einer fiktiven Kampagne, die die beiden Studentinnen der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) konzipiert haben.
Im 5. Semester gab ihre Professorin den beiden die Aufgabe, für ihre Heimatstadt ein „Citybranding“ zu erstellen. Weil Annick Rietz im Wedding aufwuchs und die Leo-Lionni-Grundschule, damals noch Hermann-Herzog-Schule, besuchte, wollte sie auf jeden Fall für den Wedding eine Stadtmarke entwerfen. Im Kern einer solchen Stadtmarke sehen Annick Rietz und Emilia Bach das Wir. Deshalb ist
das Wort Wedding auf ihrem Plakat abgeschnitten, sodass nur das Englische We (Wir) übrigbleibt. Aus dem Stegreif kommt die Idee dafür nicht. „Wir haben eine Online-Umfrage mit 300 teils offenen
Rückmeldungen ausgewertet“, sagen die beiden. Ihr Fazit: „Die Menschen im Wedding sehen ihren Stadtteil als eine Mischung aus Grün und Beton.“ Sie lebten gern im Kiez, seien aber auch unzufrieden mit der Rücksichtslosigkeit, die sich zum Beispiel im Müllproblem zeige. Die Vielfalt würde als Vorteil
wahrgenommen, ebenso das Grün. „Es ging uns um ein Citybranding für die Menschen, die hier leben; nicht um eine berlinweite Imagewerbung oder gar darum, Touristen anzulocken“, stellen die beiden klar. Deshalb seien die orangefarbenen Kacheln, die jeder Weddinger „sofort dem U‑Bahnhof Wedding zuordnen kann“, aber außerhalb unverständlich wirken, die richtige Wahl für die Kampagne.
Zu dieser gehört neben Plakaten, eine Schnitzeljagd, ein Community Space in Form eines Kieztreffs in einem Container auf dem Leopoldplatz, eine App und weiteres. Der Professorin hat die fiktive Lösung in der Semesterarbeit so überzeugt, dass sie Annick Rietz und Emilia Bach ermuntert hat, Geldgeber zu finden. Die beiden Studentinnen haben daraufhin die zahlreichen Quartiersmanagements im Wedding angeschrieben. Nur das Quartiersmanagement rund um die Pankstraße hat das Potenzial
erkannt und die beiden sofort angerufen. So konnte immerhin ein Plakat für den Monat
September am U‑Bahnhof Wedding finanziert werden.
Das Quartiersmanagement Pankstraße (QM) nutzt das besondere Motiv mit dem Weddingbezug nun, um Werbung für sich und für mehr Engagement im Stadtteil zu machen. Es findet sich nun auf A3-Postern, auf Postkarten und Schokoladentafeln.
Der Text stammt aus der Weddinger Allgemeinen Zeitung (–> E‑Paper), der gedruckten Zeitung für den Wedding. Geschrieben wurde er von Andrei Schnell. Wir danken dem RAZ-Verlag!