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Neue Müllerhalle: eine Chance für den schwarzen Kasten

28. Oktober 2013
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Ber­lin ver­än­dert sich, der Wed­ding auch, aber in Sachen “Mül­ler­hal­le” ist mehr Weh­mut im Spiel als bei ande­ren Bau­pro­jek­ten der Stadt.

Tristesse in grau: die MüllerhalleNach­dem 1950 auf dem Gelän­de eines ehe­ma­li­gen Tier­fried­hofs die Markt­hal­le errich­tet wur­de, ent­wi­ckel­te sich der Stand­ort schnell zum Treff­punkt des gesam­ten nörd­li­chen Wed­ding. Doch mit dem all­ge­mei­nen Nie­der­gang der Mül­lerstra­ße und dem Auf­kom­men ande­rer Ein­kaufs­mög­lich­kei­ten ver­kam die Mül­ler­hal­le immer mehr zu einem Ramsch­la­den und stand zuletzt größ­ten­teils leer. Auf das Wag­nis einer sanier­ten, leben­di­gen Markt­hal­le mit vie­len klei­nen Geschäf­ten woll­te sich der Besit­zer denn auch nicht mehr ein­las­sen. So war es nur eine Fra­ge der Zeit, bis die Abriss­bir­ne tätig wur­de und 2012 gro­ße Tei­le des Häu­ser­blocks Mül­ler-/Kon­go-/Lü­de­ritz­stra­ße in gäh­nen­de Lee­re verwandelte.

Müllerhalle KauflandIm Jahr 2013 ging es dann plötz­lich Schlag auf Schlag: erst sicker­te durch, dass an die­ser Stel­le “Kauf­land” sei­ne vier­te Filia­le im Bereich Wedding/südliches Rei­ni­cken­dorf eröff­nen wird. Die­se fällt mit 4.500 qm recht klein aus. Dann kün­dig­te der Inves­tor an, dass der Name “Mül­ler­hal­le” wei­ter ver­wen­det wird. Im Früh­jahr rück­ten die Bau­ma­schi­nen an und zogen inner­halb weni­ger Wochen den – inklu­si­ve eben­erdi­ges Park­deck – zwei Geschos­se umfas­sen­den Neu­bau hoch.

Wir frag­ten Kauf­land, ob ange­sichts des schnel­len Innen­aus­baus schon ein Eröff­nungs­da­tum genannt wer­den kann. “Nach der­zei­ti­gem Stand gehen wir davon aus, dass wir unser neu­es Kauf­land Ende November/Anfang Dezem­ber eröff­nen kön­nen. Es wer­den dort rund 100 Mit­ar­bei­ter beschäf­tigt sein”, teil­te uns die Pres­se­stel­le in Neckar­sulm mit.

Alte Bekannte Mäc Geiz und McPaper

Müllerhalle KauflandDie Mül­lerstra­ße hat den Ver­lust vie­ler ehe­ma­li­gen Mül­ler­hal­len-Mie­ter eini­ger­ma­ßen gut ver­kraf­tet.  Die frü­he­ren Mie­ter “Alles für’s Tier” und “Moni’s Fisch­ka­jü­te” sind in zuvor leer ste­hen­de Geschäf­te in der Ota­wi­st­ra­ße bzw. Mül­lerstra­ße  gezo­gen. Kauf­land ver­mel­det stolz,  dass aus der ehe­ma­li­gen Mül­ler­hal­le bewähr­te Mie­ter für den “Bran­chen-Mix” gewon­nen wur­den. “Neben Mc Paper, Mc Geiz, dem Ita­lie­ni­schen Café sowie dem Zeit­schrif­ten­shop mit Toto-Lot­to-Annah­me und Post­dienst­leis­tun­gen wer­den wei­te­re Fach­ge­schäf­te das Ange­bot von Kauf­land abrun­den, bei­spiels­wei­se Bäcker, Fri­seur, Tex­til­fach­ge­schäft und Blu­men­ge­schäft”, schreibt Kauf­land in sei­ner Antwort.

Natür­lich wer­den die Anlie­fe­rung und der zusätz­li­che Kfz-Ver­kehr, die kan­ti­ge Form des Ein­kaufs­zen­trums und vor allem die anthra­zit­far­be­ne Klin­ker­ver­klei­dung rege Dis­kus­sio­nen aus­lö­sen. Die “Mül­ler­hal­le”, wie der Neu­bau jetzt dank schim­mern­der Let­tern auf der Fas­sa­de auch für jeder­mann sicht­bar heißt, wirkt mit ihrer unge­wohn­ten Archi­tek­tur wie ein Fremd­kör­per im ansons­ten geschlos­sen erschei­nen­den Kiez an der obe­ren Mül­lerstra­ße. Die Archi­tek­ten haben sich am Gar­bà­ty­platz in Pan­kow mit einem klo­bi­gen, schwar­zen Geschäfts­haus schon ein­mal in die Nes­seln gesetzt. Doch im Ver­gleich zu ande­ren Kauf­land- oder Dis­coun­ter­fi­lia­len han­delt es sich hier­bei zumin­dest um ein indi­vi­du­ell geplan­tes und mit der Senats­bau­di­rek­to­rin abge­stimm­tes Bau­ob­jekt. Die alte, unsa­nier­te Mül­ler­hal­le ist nun mal Geschich­te und hat in der jün­ge­ren Ver­gan­gen­heit auch schon nicht mehr als Markt­hal­le funk­tio­niert. In der Erin­ne­rung vie­ler Wed­din­ger wird sie immer einen Platz haben. Die neue ‑im Ver­gleich zur nahen LIDL-Filia­le und ande­ren Wed­din­ger Bau­sün­den- ambi­tio­niert gestal­te­te neue Mül­ler­hal­le hat zumin­dest eine Chan­ce verdient.

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

10 Comments Leave a Reply

  1. Ich bin Jahr­gang 1949, gebo­ren in der Togostr. und habe die Mül­ler­hal­le geliebt. Habe dann in der Mül­lerstra­ße und dann in der Kame­ru­ner Str. gewohnt, und immer in die Mül­ler­hal­le zum Ein­kau­fen gegan­gen oder eine lecke­re Bock­wurst zu essen. Jah­re­lang habe ich für Peach-Brot in der Hal­le jeden Tag Brot aus­ge­lie­fert. So früh mor­gens, das ich immer ganz allein in der Hal­le war. 1975 bin ich nach NRW gezo­gen und jedes mal wenn ich Ber­lin besuch­te, habe ich die Mül­ler­hal­le auf­ge­sucht um mich an alte Zei­ten zu erin­nern, die Gefüh­le wie­der zu spü­ren und natür­lich eine dicke Bock­wurst zu essen. Von Jahr zu Jahr waren immer mehr Stän­de unbe­setzt und ich ahn­te schon den Nie­der­gang. Jetzt ist sie Geschich­te, aber nicht ver­ges­sen. Eine schö­ne Erin­ne­rung der Kind­heit. Mach es gut alte Müllerhalle

  2. Hat schon “jemand” das Geheim­nis gelüf­tet, war­um der Deal mit “Grien­ei­sen” oder “Otto Berg” als Stand­ort-Mie­ter nicht von­stat­ten ging*? Rück­läu­fi­ge Kund­schaft? [*=Sati­re)
    Und war­um hat der Bau­be­trei­ber zusam­men mit dem Bezirks­amt es dann bei die­ser trost‑, ein­falls­lo­sen Fas­sa­de belassen?
    Es ist sehr scha­de, dass es den koalierend-“regierenden” Bezirks­po­li­ti­ke­rIn­nen nicht mög­lich ist, über den kurz­fris­tig bilan­zier­ten Tel­ler­rand zu schau­en. Aber die­se sind ja i.d. Regel nur eine Legis­la­tur­pe­ri­ode dran und/oder sind schon “müd gesessen”…
    Ver­ant­wort­li­che Bezirks­po­li­tik und deren Platz beset­zen­de “Par­tei­po­li­ti­ke­rIn­nen” soll­ten auch an län­ger­fris­ti­ger Stadt­pla­nung und Inno­va­ti­on gemes­sen werden.
    Aber viel­leicht ist ja die Fas­sa­de Aus­druck Ihrer Visio­nen und Ver­bun­den­heit mit Bezirk, Kiez und den dort leben­den Menschen?
    Und “Schuld” hat immer der/die Andere…
    Mit- oder sogar Vor­den­ken und kom­pe­tent “ein­mi­schen” mit Kom­pe­tenz und Ver­bun­den­heit ist wohl nicht [ergän­ze wahl­wei­se (Mehr­fach­nen­nun­gen mög­lich): erwünscht/möglich/von Nutzen/im Bereich der ganz per­sön­li­chen Möglichkeiten/im Bereich der poli­ti­scher Opportunität/…]
    Viel­leicht ist aber die­se Fas­sa­de die Spie­ge­lung her­schen­der Bezirkspolitik(erInnen). Gleich­sam die Fas­sa­de zur Fassade.
    Obgleich: “blass” wäre dann wohl eher der tref­fen­de Ton.
    Scha­de um die ver­säum­te Mög­lich­keit. Gera­de auch in Hin­blick auf Infra­struk­tur, gesun­der, viel­fäl­ti­ger Kiez im Rah­men einer sozia­len Stadt.

  3. Die dunk­le Fas­sa­de ist nicht der ein­zi­ge Kri­tik­punkt, son­dern in ers­ter Linie die Tat­sa­che, dass es in der Mül­lerstra­ße bereits meh­re­re Super­märk­te gibt und eigent­lich ande­re Struk­tu­ren benö­tigt wer­den, die eine zwei­spu­ri­ge Ein­kaufs­stra­ße auf­wer­ten könn­ten, wie zum Bei­spiel Gemein­schafts­or­te (Wochen­markt, begrün­te Außen­flä­che mit Platz, Kita, Kietz­treff, Kan­ti­ne, … ). Es ist doch frag­wür­dig, ob die Mül­lerstra­ße zwi­schen Leo­pold­platz und Reh­ber­ge noch einen wei­te­ren Super­markt neben Kar­stadt, Kai­sers, Pen­ny, zwei mal Net­to, Real, Asi­a­su­per­markt, Lidl, Aldi und Ede­ka benö­tigt. Zudem wer­den klei­ne Händ­ler nicht mit ein­be­zo­gen, die sich ehr im wei­ter ent­fern­ten Bereich der Mül­lerstra­ße ansie­deln (z.B. Togo­stra­ße, Mal­plaquet­stra­ße). Braucht die Stadt eine wei­te­re Park­hal­le? Wo bleibt die Fuß­gän­ger- und Fahrradfreundlichkeit?

  4. Ich arbei­te in der Nähe und der ers­te Ein­druck war doch ziem­lich bedrü­ckend. Das Haus ist viel zu dun­kel und passt wenig zur übri­gen Bebau­ung – wer ist dafür eigent­lich verantwortlich?

  5. Die­ser häss­li­che Kas­ten hat von den Anwoh­nern den Spitz­na­men “Kre­ma­to­ri­um” weg. Ich kann nicht ver­ste­hen, wie man eine Bau­ge­neh­mi­gung für eine so dunk­le Fas­sa­de ertei­len kann. Ein ehe­ma­li­ger Bau­stadt­rat hat­te ja damals schon sei­ne Beden­ken geäu­ßert, mit dem Hin­weis, die neue Mül­ler­hal­le wür­de zu düs­ter werden.
    Um die direk­ten Anwoh­ner nicht mit der Wahr­heit zu kon­fron­tie­ren, wur­de der Ent­wurf ordent­lich auf­ge­hellt und in der Bau­hö­he nied­ri­ger dargestellt.
    Ich fin­de, das ist eine aus­ge­mach­te Sauerei.
    Für lan­ge Zeit wird das der häss­lichs­te Bau der Mül­lerstr. sein, da ändert auch eine Dach­be­grü­nung sowie eine Bepflan­zung der rech­ten Sei­te nichts.

  6. Lie­ber JF,

    was ver­stehst Sie unter einer Chance:-)

    Ihnen scheint lei­der ent­gan­gen zu sein, dass der Ent­wurf der Mül­ler­hal­le erheb­lich von der Umset­zung abweicht.

    Aberr das ist mitt­ler­wei­le wohl üblich, sie­he Zehlen­dorf und Pankow:

    Nur zur Erinnerung:

    https://weddingweiser.de/wp-content/uploads/2012/04/mc3bcllerhalle-neu.jpg

    und so in der Realität:

    http://instagram.com/p/fzkp0SJBnI/#

    Da sind die Kacheln wohl in der Zwi­schen­zeit etwas ” verbrannt” 

    Aber viel­leicht hat der Archi­tekt auch an das ” Afri­ka­ni­sche Vier­tel ” gedacht 🙂

    Kongostr./Togostr,

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