Das ‚made in Wedding‘ ist eine Kultur-Werkstatt in der Koloniestraße des Soldiner Kiezes. Hier lassen neun Weddinger Künstler ihrer Kreativität täglich freien Lauf. Regelmäßig finden hier tolle Veranstaltungen und Ausstellungen statt. Selbst Corona schreckt die Künstler*innen nicht ab.
Ab dem 4. Dezember lädt das made in Wedding zu einer dreiwöchigen Ausstellung mit dem Titel ‚Geflüster‘ von der großartigen Künstlerin Marina Kayshauri ein. Alles natürlich unter Hygienevorschriften.
Möchte man sich selbst kreativ ausleben, so bietet Tatiana, eine der neun Künstler*innen, einzigartige Workshops an. Wenn ihr Eltern kleiner kreativer Köpfchen seid, bietet das made in außerdem pädagogische Projekte an, um Kinder aus der Nachbarschaft in der Kiezkunstwerkstatt zu fördern.
Immer wieder höre ich von Freunden und Bekannten aus dem Kiez, wie großartig die unterschiedlichen Projekte unserer Kunstwerkstatt sind und beschließe sie endlich selbst zu besuchen. In der Koloniestraße 120 angekommen, erkenne ich durch die mit unzähligen Flyern beklebten Schaufenster, dass drinnen einige Menschen sitzen. Durch die Fensterscheibe scheinen sie sich zu amüsieren. Ich gehe also rein und komme in einen Vorraum, in welchem vier der neun Künstler*innen anwesend sind. Sie unterhalten sich prächtig, scherzten und lachen miteinander.
Ich möchte nicht unfreundlich sein und sie nicht stören, doch sie geben mir gleich zu Beginn, keine Sekunde das Gefühl nicht willkommen zu sein.
Die Siebdruck-Werkstatt
Stefan nimmt mich sofort mit und führt mich durch einen langen Flur. Wir laufen an zahlreichen Gemälden und Postern vorbei: „Dit was du hier siehst, dit is alles selbstjemacht“, berlinert er. In dem engen Flur steht ein Tisch in eine Ecke gequetscht. Man müsse jeden Platz zum Arbeiten nutzen, den man in der kleinen Einrichtung habe, meint Stefan. Auf dem Tisch liegen dicke Holzstäbe, die mir Stefan präsentiert. Begeistert erzählt er, dass daraus ein neuer, wunderschöner Rahmen für ein neues Kunstwerk wird. Am Ende des Flures angekommen, stehen wir vor einer Tür, die Stefan öffnet. Hinter dieser Tür versteckt sich ein Raum, der mich zuerst an die selbstgemachte Autowerkstatt in der Garage meines Opas erinnert. Grelle Lichter und eine eklatante Maschine, die ich noch nie gesehen habe und die mich auch an kein anderes, mir bekanntes Gerät erinnert, füllen den Raum aus. Später stellt sich heraus, die Maschine sei ein altes Gerät zum Drucken aus dem 19. Jahrhundert und diene nur zur Dekoration. Zahlreiche Farb- und Lackflaschen sind ebenfalls im ganzen Raum verteilt. „Dit is meene Siebdruck-Werkstatt“, erklärt er.
Das Siebdrucken – ein kleiner Exkurs
Der Siebdruck ist ein Druckverfahren, welches seinen Ursprung in japanischen Schablonentechniken des 18. Jahrhunderts hat.
Stefan erzählt mir, der Siebdruck fasziniere ihn schon seit über dreißig Jahren, weil das die einzige Technik sei, die ein Motiv in verschieden Varianten abbilden könne. Beim Siebdrucken wird die Druckfarbe mit einer Gummirakel, durch ein feinmaschiges Gewebe, auf das zu bedruckende Material gedruckt. Je nachdem, wie feinmaschig dieses Gewebe ist, entstehen eben unterschiedliche Varianten des Bildes, erklärt Stefan.
Er zeigt mir viele verschiedene Motive sowie fertig gedruckte Karten, Beutel und T‑Shirts. Darunter befindet sich ein – mit einem Sichelmond, welcher von einem Orbit umkreist wird – bedruckter Beutel, von welchem Stefan besonders energisch erzählt. „Diesen Beutel haben wir für das Stück ‚Cosmic Radio‘ des Get Into Play Theaters aus Pankow bedruckt. Die haben die Beutel dann statt Einkaufskarten verkauft, super Idee!“, stellt er eifrig fest.
Anschließend präsentiert er mir ein riesiges Stück eines cremefarbenen Stoffs, das mit unzähligen, kleinen, schwarzen Schwalben bedruckt ist. Den Stoff, sowie das Motiv habe eine Dame aus dem Kiez mitgebracht und wünsche sich eine, von Hand bedruckte, Tischdecke, erzählt er lächelnd.
„Jeder kann sein Motiv und Stoff zum Bedrucken mitbringen! Von T‑Shirts, über Beutel bis hin zu Karten und Postern, man kann mit dem Siebdruck wirklich alles bedrucken.“, sagt er. Man merkt, dass das seine Leidenschaft ist.
Die mythische Ausstellung
Nach ungefähr dreißig Minuten verlassen wir die Werkstatt. Am anderen Ende des langen Flures kann ich erkennen, dass in dem Vorraum irgendwas Spannendes passiert. Im Vorraum angekommen sehe ich, dass die restlichen drei Künstler Skulpturen, Bilder und viele andere unterschiedliche Gegenstände herumtragen, sie bauen offenbar etwas auf. Später erkenne ich, dass es sich bei den Skulpturen zum einen um versteinerte Vögel und Fische und zum anderen um mit Muscheln bewachsene, Frauenköpfe handelt. Neugierig frage ich nach, was die Künstler*innen gerade aufbauen. Eine Frau erzählt mir, dass sie die Ausstellung ‚Geflüster‘ von der Künstlerin Marina Kayshauri vorbereiten. Die Ausstellung beginne am 4. Dezember und sei bis zum 22. Dezember täglich von 08–18 Uhr zu besuchen. Alle sehen ziemlich beschäftigt aus, ich möchte nicht weiter stören, also verabschiede ich mich und bedanke mich nochmal für den tollen Rundgang durch die Werkstatt.
Ich werde wiederkommen, denn diese mythischen Skulpturen und Bilder haben mich beeindruckt.
Made in Wedding, Koloniestraße 120