In den Straßen, am Rande aller noch so kleinen Plätze werden Stühle, Hocker, umgedrehte Kisten als Sonnensitzgelegenheit genutzt – sie sitzen allein, manche zu zweit oder dritt, manche eine Kaffeetasse in der Hand, und schweigen. Die wenigsten recken ihr Gesichte der Sonne entgegen, es ist eher ein Kopfdrehen nach hier und dort, die Passanten oder Autos zu beobachten.
„Schau, ich hab die erst zu Ostern bekommen und kann schon total gut fahren,“ ruft mir das Mädchen im Hof zu, leises Rollgrollen tönt von ihren Füßen. Ich mag Eltern, die ihren Kindern „schau“ beibringen, nicht „kiek mal“ oder „ey“.
Ein unterarmtätowierter, westenbewehrter Muskelmann trägt zwei Tomatenpflanzen in den Blumenladen.
Aus dem Beutel einer Mutter, die mit drei Kindern unterwegs ist und von vielen links und rechts überholt wird, ragen weiße Spargelstangen.
Vor dem EC-Automaten ruft ein Mann: „Wer hat hier gerade Geld abgehoben, hier sind noch 10 Euro!“
Die Menschen tragen Jacken, T‑Shirts, Schals, Hemdchen, Kurzhosen, Jogginghosen, Anzug. Wenige Sonnenbrilllen.
Der neue gemachte Spielplatz am Leo, unter der Woche proppevoll und oft das schöne Bild einer Schulranzenschlange bietend, die an einer kleinen Mauer entlang aufgereiht werden, ist kaum besucht, über der Rutschfläche der Rutsche sirrt die Luft.
„Egal, raus an irgend ’nen See und abhängen“, sagt eine Frau zu ihrem Begleiter, beide tragen Rücksäcke und in allen Händen Plastiktüten von Netto.
Quer über den Bürgersteig steht vorm Fitnessstudio ein Polizeiauto, hm. Neben dem Ausgang des Studios ist eine Imbissbude, die Truppe steht mit Würstchen und Pappbechern in den Händen davor.
Im „Glück“, das eigentlich „Auf der Suche nach dem verlorenen Glück“ heißt und in der Nazarethkirchstraße befindlich ist, hocken an einem Tischchen draußen, in der Sonne, die Einzelnen, Zeitungsleser, Mathematikstudent, Smartphone-Tipperin. Und an den anderen eine Familie und eine Vierergruppe, aus zwei Pärchen bestehend. Die Bedienung ist gerade nomma Brötchen holen nebenan, beim türkischen Bäcker.
Eine Frau passiert das Café, langsam laufend und Musik verbreitend, deren Ursprung an ihrem Körper nicht zu lokalisieren ist, eine Tasche trägt sie nicht. Der laute, orientalische Beat lässt alle lächeln. Die Frau schaut ernst.
Ganz oben an einem Haus, man sieht es nur, wenn man von einer bestimmten Richtung kommt, steht „Rotfront“. In Rot.
Ein Flyer wirbt für Urban Gardening. Wann, wenn nicht jetzt.
„Sind die fett, Alter,“ komplimentiert ein Jugendlicher meine eben gekaufte Tulpenpracht.
Text: M. Gänsel
Nachtrag:
Da fehlte wohl der Korrektor:
Die Bedienung ist gerade nomma Brötchen holen nebenan, beim türkischen Bäcker.
vorm Fitnessstudio
Kiek mal ist nicht ” zulässig ” aber proppevoll 🙂
Wie heißt es : Wasser predigen, aber Wein trinken