Parkverbotsschilder auf dem Gehweg sind ihre ersten Vorboten. Wenig später schon folgen die Abschlepper, gern von ein bis zwei mehr oder minder präsenten Polizeiuniformen flankiert, bevor es offensichtlich wird. Das bis gestern noch recht unscheinbare Wohnhaus wird eingerüstet – und verschwindet für mehrere Wochen gänzlich hinter Hämmern, Stemmen und (vielleicht bald schon geklauten) Bauaufzügen. „Gentrifidings“ ruft man eilig dort, wo von außen mal eben aufgehübscht werden soll. Dabei steht auch deswegen längst fest: von innen bleibt der Wedding hässlich. Trotz neuem Zeppelinplatz. Trotz aufgeklebter Dämmplatten. Trotz der neuen Fassaden, der neuen Balkone und der aufgemalten Klinkersteine.
Hässlich dort, wo die selbsternannten Weddinger es nicht für nötig halten, die Notdurft ihrer Vierbeiner von der Straße zu heben. Dort, wo man lieber die stinkende Hundetoilette namens Mittelstreifen behält. Der Wedding wird von außen hübsch gemacht. Nur hinter den Fenstern, dort bleibt er genauso hässlich wie immer. Dort, wo diejenigen unter uns wohnen, die wir abgehängt und vergessen haben. Diejenigen, die vom Amt weder zum Leben noch zum Sterben genug haben. Dort, wo diejenigen jetzt wohnen, die sich genau den Wedding zurückwünschen, als dieser höchstselbst vergessen und abgehängt wurde. In den Jahren nach dem Mauerfall. Die Ironie der Geschichte ist, dass die selbsternannten Weddingschützer den Wedding der 1990er ja selbst nie miterlebt haben.
Der Wedding wird von außen aufgehübscht, von innen bleibt er hässlich. Und das trotz derjenigen, die in den letzten Jahren zu uns gekommen sind. Denjenigen, denen man nachsagt, sie könnten es sich ja leisten. Was Fritze Wedding aber schnell vergisst: diejenigen kommen hierher, nicht, weil sie sich den Wedding leisten können, sondern weil sie ansonsten keine bezahlbare Unterkunft finden. Und zwar weder in Kreuzberg, Neukölln oder Lichtenberg, noch in Köpenick oder in Spandau bei Berlin. Nicht nur der Wedding wird aufgehübscht, sondern die gesamte Stadt. Wer aber nur so weit über den Weddinger Tellerrand schaut wie ein Schwein springt, wird das nicht natürlich nicht erfassen.
Der Wedding wurde nach dem Fall der Mauer vergessen. Wer sich diesen Zustand zurückwünscht, sollte vielleicht auch die Mauer wieder errichten lassen. Allerdings nicht bloß an der Bernauer Straße, sondern genauso gut am Kutschi, am Nordufer, am Gleimtunnel und natürlich auch an der Bornholmer Straße. Dann könnt ihr auch endlich wieder darüber bestimmen, wer innerhalb eurer Mauern wohnen darf – und wer nicht. Der Wedding bleibt hässlich.
Autor: Jakob M. Lampe
In erster Linie entscheiden m.E. die Bewohner über die Ausstrahlung eines Ortes. Natürlich auch Architektur, Infrastruktur usw. Wenn man den Wedding also hässlich findet, dann doch wohl vor allem die dort Wohnenden. Wedding ist eben nicht das gechillte Charlottenburg, das heterogene Schöneberg usw. Ich persönlich finde es vor allem auf der Müllerstraße und am Leopoldplatz sehr heruntergekommen und zwar in jeglicher Form. Dem Wedding täte eine Durchmischung der verschiedensten sozialen Schichten sehr gut. Man wird sehen, was kommt.
Kein Wort zum immer mehr sich ausbreitendem Islam und allem Üblem und Hässlichem, das damit hinein schwappt? Erstaunlich!
Nein, wieso auch? Ihre Angst ist irrational und unbegründet.
Dich will ich loben, Hässliches, du hast so was verlässsliches. (Robert Gernhard). Ich bin vor ein paar Tagen auch noch mal mit der Kamera um die Häuser gezogen, und war erschrocken, wie heruntergekommen mein Kiez ist. Was die Vermieter nicht davon abhält, die unsanierten Häuser schnell teuer zu vermieten.