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Schillerpark-Siedlung: kleines Juwel im Norden

11. November 2011
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Typische Hofseite eines Wohngebäudes der Schillerpark-Siedlung
Typi­sche Hof­sei­te eines Wohn­ge­bäu­des der Schillerpark-Siedlung

Gro­ßes Inter­es­se für eine gro­ße archi­tek­to­ni­sche Leistung

Wichtigstes Gestaltungselement: Putz und Backstein im Wechsel
Wich­tigs­tes Gestal­tungs­ele­ment: Putz und Back­stein im Wechsel

Die roten Back­stei­ne ste­hen ein paar Mil­li­me­ter aus dem gel­ben Putz her­aus und wer­fen dadurch einen klei­nen Schat­ten – das reicht schon, um den Archi­tek­ten Franz Jasch­ke in Begeis­te­rung zu ver­set­zen. „Die Wand erhält durch die­ses Farb­spiel ein schö­nes, leben­di­ges Bild“, erklärt der Archi­tekt, der am Tag des offe­nen Denk­mals eine gro­ße Besu­cher­grup­pe durch die Sied­lung Schil­ler­park führt. Ob es nur dar­an liegt, dass die Wohn­an­la­ge seit 2008 als eine von sechs Sied­lun­gen der Ber­li­ner Moder­ne den Sta­tus als Welt­kul­tur­er­be der UNESCO besitzt? Jeden­falls sind über vier­zig Inter­es­sier­te zu die­ser Füh­rung an den unschein­ba­ren Rand von Ber­lin-Mit­te gekom­men, so dass man manch­mal Mühe hat, den Aus­füh­run­gen Jasch­kes akus­tisch zu fol­gen. Abge­se­hen vom Flug­lärm, der wegen der beab­sich­tig­ten Schlie­ßung Tegels bald Geschich­te sein dürf­te, ist die Sied­lung den­noch ein Ort der Ruhe – mit lee­ren Spiel­plät­zen und auf­ge­räumt wir­ken­den Lie­ge­wie­sen. Dies ver­wun­dert einen Teil­neh­mer der Füh­rung am Sonn­tag­nach­mit­tag. Kin­der füh­len sich wohl in die­ser Siedlung„Wir haben ein­fach gute Mit­be­woh­ner“- so ver­sucht es Clau­dia Temp­lin zu erklä­ren. Sie arbei­tet bei der Woh­nungs­bau­ge­nos­sen­schaft „1892“, zu der die­se Sied­lung gehört. Die Mie­ter sind hier zugleich Genos­sen­schaft­mit­glie­der und muss­ten daher bei der denk­mal­ge­rech­ten Sanie­rung ihrer Häu­ser Anfang der 1990er Jah­re begeis­tert wer­den, erläu­tert Archi­tekt Jasch­ke. Dafür ist der Zusam­men­halt der 600 Sied­lungs­be­woh­ner umso grö­ßer und viel­leicht auch das Bewusst­sein dafür, in einem schüt­zens­wer­ten Bau­ensem­ble zu woh­nen, aus­ge­präg­ter als in ande­ren Tei­len des Orts­teils Berlin-Wedding.

Der Archi­tekt hat sich Gedan­ken gemacht

Wer sich beim Anblick der zwei- bis vier­ge­schos­si­gen Häu­ser­grup­pen an Hol­land erin­nert fühlt, liegt rich­tig: Archi­tekt Bru­no Taut hat­te die „Ams­ter­da­mer Schu­le“ ein­ge­hend stu­diert; auch eini­ge Prin­zi­pi­en des „Neu­en Bau­ens“ sieht man in der Sied­lung umge­setzt. Die Art, wie der Back­stein ver­mau­ert wur­de, hat expres­sio­nis­ti­sche Züge. Man sieht der Sied­lung an, dass sich der Archi­tekt Gedan­ken gemacht hat. Schließ­lich war das Geld in den 1920er Jah­ren knapp und kein Qua­drat­zen­ti­me­ter Platz durf­te ver­schenkt wer­den. Die schlech­ten Wohn­ver­hält­nis­se in den grün­der­zeit­li­chen Wohn­quar­tie­ren der Ber­li­ner Innen­stadt – wenig Grün, wenig Licht, wenig Luft – gaben das Nega­tiv­bei­spiel, das Taut am Schil­ler­park in Ber­lin-Wed­ding unbe­dingt ver­mei­den woll­te: die für Ber­lin so typi­sche Block­rand­be­bau­ung wur­de zuguns­ten frei­ste­hen­der, rela­tiv nied­ri­ger Häu­ser­rie­gel auf­ge­bro­chen, dazwi­schen lie­gen aus­ge­dehn­te Grün­flä­chen. „Die öffent­li­chen, halb­öf­fent­li­chen und pri­va­ten Flä­chen sind opti­mal gegen­ein­an­der abge­grenzt“, beschreibt Franz Jasch­ke die Frei­raum­ge­stal­tung, in die auch der gegen­über­lie­gen­de Schil­ler­park von Ber­lin-Wed­ding ein­be­zo­gen wur­de. Die Geschoss­hö­he lässt es noch zu, dass man die Kin­der auf der Wie­se zum Essen rufen kann – auch das war vom Archi­tek­ten so beab­sich­tigt. Eine Woh­nung kann man bei die­ser Füh­rung nicht besich­ti­gen – “es ist gera­de kei­ne frei”, sagt Clau­dia Temp­lin von der Woh­nungs­bau­ge­nos­sen­schaft. Dies könn­te man als Indiz für eine gewis­se Beliebt­heit der Schil­ler­park-Sied­lung in Ber­lin-Wed­ding sehen. Das ist kei­ne schlech­te Aus­gangs­la­ge für eine Wed­din­ger Wohngegend.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen über die Schil­ler­park­sied­lung in Berlin-Wedding:

Arti­kel in Wikipedia

Arti­kel auf der Web­site der Senats­ver­wal­tung für Stadtentwicklung

Web­prä­senz der Woh­nungs­bau­ge­nos­sen­schaft 1892 e.G.

Ungewöhnlich gestaltete Lösung für Balkone
Unge­wöhn­lich gestal­te­te Lösung für Balkone

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

3 Comments Leave a Reply

  1. […] für die Sied­lung Schil­ler­park eine offe­ne Block­rand­be­bau­ung mit groß­zü­gi­gen Innen­hö­fen. Die Sied­lung ist inzwi­schen zum Welt­kul­tur­er­be der UNESCO erklärt […]

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