Großes Interesse für eine große architektonische Leistung
Die roten Backsteine stehen ein paar Millimeter aus dem gelben Putz heraus und werfen dadurch einen kleinen Schatten – das reicht schon, um den Architekten Franz Jaschke in Begeisterung zu versetzen. „Die Wand erhält durch dieses Farbspiel ein schönes, lebendiges Bild“, erklärt der Architekt, der am Tag des offenen Denkmals eine große Besuchergruppe durch die Siedlung Schillerpark führt. Ob es nur daran liegt, dass die Wohnanlage seit 2008 als eine von sechs Siedlungen der Berliner Moderne den Status als Weltkulturerbe der UNESCO besitzt? Jedenfalls sind über vierzig Interessierte zu dieser Führung an den unscheinbaren Rand von Berlin-Mitte gekommen, so dass man manchmal Mühe hat, den Ausführungen Jaschkes akustisch zu folgen. Abgesehen vom Fluglärm, der wegen der beabsichtigten Schließung Tegels bald Geschichte sein dürfte, ist die Siedlung dennoch ein Ort der Ruhe – mit leeren Spielplätzen und aufgeräumt wirkenden Liegewiesen. Dies verwundert einen Teilnehmer der Führung am Sonntagnachmittag. Kinder fühlen sich wohl in dieser Siedlung„Wir haben einfach gute Mitbewohner“- so versucht es Claudia Templin zu erklären. Sie arbeitet bei der Wohnungsbaugenossenschaft „1892“, zu der diese Siedlung gehört. Die Mieter sind hier zugleich Genossenschaftmitglieder und mussten daher bei der denkmalgerechten Sanierung ihrer Häuser Anfang der 1990er Jahre begeistert werden, erläutert Architekt Jaschke. Dafür ist der Zusammenhalt der 600 Siedlungsbewohner umso größer und vielleicht auch das Bewusstsein dafür, in einem schützenswerten Bauensemble zu wohnen, ausgeprägter als in anderen Teilen des Ortsteils Berlin-Wedding.
Der Architekt hat sich Gedanken gemacht
Wer sich beim Anblick der zwei- bis viergeschossigen Häusergruppen an Holland erinnert fühlt, liegt richtig: Architekt Bruno Taut hatte die „Amsterdamer Schule“ eingehend studiert; auch einige Prinzipien des „Neuen Bauens“ sieht man in der Siedlung umgesetzt. Die Art, wie der Backstein vermauert wurde, hat expressionistische Züge. Man sieht der Siedlung an, dass sich der Architekt Gedanken gemacht hat. Schließlich war das Geld in den 1920er Jahren knapp und kein Quadratzentimeter Platz durfte verschenkt werden. Die schlechten Wohnverhältnisse in den gründerzeitlichen Wohnquartieren der Berliner Innenstadt – wenig Grün, wenig Licht, wenig Luft – gaben das Negativbeispiel, das Taut am Schillerpark in Berlin-Wedding unbedingt vermeiden wollte: die für Berlin so typische Blockrandbebauung wurde zugunsten freistehender, relativ niedriger Häuserriegel aufgebrochen, dazwischen liegen ausgedehnte Grünflächen. „Die öffentlichen, halböffentlichen und privaten Flächen sind optimal gegeneinander abgegrenzt“, beschreibt Franz Jaschke die Freiraumgestaltung, in die auch der gegenüberliegende Schillerpark von Berlin-Wedding einbezogen wurde. Die Geschosshöhe lässt es noch zu, dass man die Kinder auf der Wiese zum Essen rufen kann – auch das war vom Architekten so beabsichtigt. Eine Wohnung kann man bei dieser Führung nicht besichtigen – “es ist gerade keine frei”, sagt Claudia Templin von der Wohnungsbaugenossenschaft. Dies könnte man als Indiz für eine gewisse Beliebtheit der Schillerpark-Siedlung in Berlin-Wedding sehen. Das ist keine schlechte Ausgangslage für eine Weddinger Wohngegend.
Weitere Informationen über die Schillerparksiedlung in Berlin-Wedding:
Artikel auf der Website der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
Webpräsenz der Wohnungsbaugenossenschaft 1892 e.G.
[…] nördliche Hälfte des Ortsteils Wedding voll von Parks und Gärten. Und die benachbarte grüne Siedlung Schillerpark aus den 1920er Jahren hat es – auch wegen ihres Reformwohnungsbaus – zum Weltkulturerbe […]
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[…] für die Siedlung Schillerpark eine offene Blockrandbebauung mit großzügigen Innenhöfen. Die Siedlung ist inzwischen zum Weltkulturerbe der UNESCO erklärt […]