Seit Mai gibt es im Wedding die drei Milieuschutzgebiete »Sparrplatz«, »Leopoldplatz« und »Seestraße«. Seit kurzem werden im VorOrtBüro Triftstraße 2 an jedem Montag zwischen 10 und 12 Uhr sowie an jedem Donnerstag zwischen 16 und 18 Uhr Mieter aus diesen Gebieten beraten. Mit der Mieterberatung wurde nach einer Ausschreibung das Büro »Mieterberatung Prenzlauer BergGmbH« beauftragt, das über langjährige Erfahrungen verfügt.
Für die neuen Milieuschutzgebiete hat der Bezirk Mitte »soziale Erhaltungsverordnungen« festgesetzt. Seit Mai brauchen Hauseigentümer dort besondere Genehmigungen, um Wohnungen umzubauen, zu modernisieren oder in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Rechtsgrundlage ist der Paragraf 172 des Baugesetzbuches, der aber auch noch andere Typen wie das »städtebauliche Erhaltungsgebiet« kennt, in dem die bauliche Gestalt der Gebäude unter besonderem Schutz steht. Um Verwechslungen vorzubeugen, spricht man bei sozialen Erhaltungsgebieten auch von »Milieuschutz«. Der Bezirk kann in Milieuschutzgebieten Genehmigungen verweigern, wenn beabsichtigte bauliche Maßnahmen die »Zusammensetzung der Wohnbevölkerung« gefährden, also beispielsweise, wenn Luxusmodernisierungen kräftige Mietsteigerungen zur Folge hätten, Wohnung zu Gewerberaum umgewandelt oder zusammengelegt werden sollen. Eine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen kann der Bezirk genehmigen, wenn Eigentümer sich u.a. dazu verpflichten, die Wohnungen sieben Jahre lang ausschließlich den Mietern zum Kauf anzubieten. Mieter, denen eine Modernisierung angekündigt wurde oder in deren Haus unangekündigte Baumaßnahmen stattfinden, sollten sich umgehend an die Mieterberatung wenden!
Die zuständige »Mieterberatung Prenzlauer Berg« ist in Milieuschutzgebieten des Nachbarbezirks schon seit 1997 aktiv. »Die meisten kommen wegen Modernisierungen zu uns – je früher, desto besser«, erzählt Anne Klitzing, die zusammen mit Andrea Wallroth die Beratungsstellen in Mitte aufbaut. »Auch wenn man nur den Verdacht hat, weil in der Nachbarschaft Gerüchte aufkommen oder sich gewisse Anzeichen verdichten, ist es sinnvoll, vorbei zu kommen und nachzufragen. Wir kontaktieren dann den Bezirk, der auf die Eigentümer zugeht.« Erst über solche Nachfragen der Mieter gelangt der Bezirk oftmals an die Information, dass auf einem Grundstück eine genehmigungspflichtige Modernisierung geplant ist. Und je früher er nachhaken kann, desto bessere Chancen hat der Bezirk, auf die Eigentümer einzuwirken. Die Position der Mieter wiederum stärkt sich, wenn diese gemeinschaftlich vorgehen. Bei besonderem Handlungsbedarf werden sogar Mieterversammlungen für ganze Häuser durchgeführt. »Aber auch, wenn nicht das gesamte Haus, sondern nur einzelne leerstehende Wohnungen modernisiert werden sollen, brauchen die Hauseigentümer Genehmigungen«, so Andrea Wallroth: »Auch dann ist es hilfreich, wenn wir frühzeitig davon erfahren.«
Von Umwandlungen in Eigentumswohnungen erfährt der Bezirk dagegen auch von den Grundbuchämtern, bei denen diese Veränderungen eingetragen werden müssen. Davon erfahren die Mieter meist erst durch das Anschreiben der Mieterberatung. »Dann kommen aber manchmal ganze Hausgemeinschaften in die Beratungsstelle«, erzählt Andrea Wallroth. Das kommt aber bislang eher selten vor, denn einerseits gilt die Berliner »Umwandlungsverordnung« erst seit März 2015 in den Milieuschutzgebieten der Stadt, so dass die Erfahrung noch nicht so reichhaltig ist. Andererseits schützt eine Festlegung zum Milieuschutzgebiet auch davor, dass sich Unternehmen, die auf den Erwerb und die schnelle Umwandlung von Mietshäusern spezialisiert sind, überhaupt in diesen Gebieten engagieren. »Eine Genehmigungspflicht besteht aber natürlich nur, wenn die Umwandlung nicht schon vor der Festsetzung des Gebietes, hier also vor dem Mai 2016, stattgefunden hat.«
Mieterberatung: Mo 10–12 Uhr, Do 16–18 Uhr, VorOrtBüro Triftstraße 2,
Telefon 44338111
Autor: Christof Schaffelder
Dieser Beitrag erschien zuerst bei “Ecke Müllerstraße”; der Sanierungszeitschrift, Ausgabe 7/2016