Wo sich heute die Freilichtbühne Rehberge befindet, waren einst Sümpfe. Zur deren Trockenlegung waren um 1848 Notstandsarbeiter, die „Rehberger”, eingesetzt. Sie sollen bei Schnaps und Bier nur zur eigenen Belustigung geschaufelt haben und hätten ihre Arbeit vollends liegen gelassen, um sich an den damaligen revolutionären Ereignissen zu beteiligen. Auch der zweite Versuch im Jahre 1926, mit Notstandsarbeitern das unfruchtbare Dünenland zu kultivieren, war von Arbeitsverweigerungen und handfesten Auseinandersetzungen geprägt, damals wurden die geringe Entlohnung und der „Sauton“ der Vorarbeiter beklagt.
Im 1929 fertig gestellten 70 Hektar großen Spiel‑, Sport- und Volkspark Rehberge mit seinen 460 Parzellen umfassenden ersten Kleingartendauerkolonie Deutschlands wurde 1930 das Rathenau-Denkmal von Georg Kolbe eingeweiht, das an den 1922 von Rechtsextremisten ermordeten Reichsaußenminister der Weimarer Republik erinnern sollte. Damals dienten die ausgehenden Parkanlagen den zerstrittenen und sich unversöhnlichen gegenüber stehenden Arbeiterparteien SPD und KPD zu Massenveranstaltungen. Mit sportlichen Wettkämpfen, Radfahr-Reigen, Volkstanz, Massengesang, der Übergabe von Fahnen und Auftritten von Agitprop-Gruppen wie den „Roten Blusen Berlin“ sollten die Menschen für die jeweilige Partei begeistert werden.
“Thingstätte” im Wedding
Nach der Machtübernahme gestalteten die Nationalsozialisten die Rehberge nach ihren politischen Vorstellungen. Sie entfernten das Rathenau-Denkmal, pflanzten eine Hitler-Eiche, errichteten ein Heim für die Hitlerjugend, eröffneten einen Schießstand für Kleinkalibergewehre mit zehn Bahnen und versahen die zentrale Wiese mit einer Tribüne so, dass dort bis zu 500.000 „Volksgenossen“ aufmarschieren konnten. Die Krönung der Rehberge als Ort nationalsozialistischer Selbstdarstellung bildete das 4 Meter hohe Ehrenmal von Paul Birr aus dem Jahr 1938, das „den Gefallenen des Weltkrieges, den Toten der Bewegung und den Opfern der Arbeit“ gewidmet sein sollte und aus einem Frontsoldaten, einem SA Mann und einem Schmied aus Sandstein bestand. Es befand sich an der Westseite der großen Wiese.
Damals entstand auch die Feierstätte mit 4.000 Sitz- und 11.000 Stehplätzen, die mit dem Weihespiel „Horch auf Kamerad, die Trommel ruft“ von Hans Bachmann eröffnet wurde. Dabei handelte sich um eine der ca. 300 damals geplanten (aber nur 60 realisierten) “Thingstätten”, in denen politisch auf die Massen eingewirkt werden sollte. Doch schon nach wenigen Jahren wandten sich die Nationalsozialisten von der “Thing-Bewegung” wieder ab. Die Aufführungsorte wurden offiziell in Freilichtbühnen umbenannt.
Singstunden und Nina Hagen
Ein Jahr nach Ende des zweiten Weltkriegs – die Parkwiesen dienten damals dem Gemüseanbau – ging es in der Freilichtbühne wieder politisch zu. Während die West-Berliner SPD unter dem Motto „Nie wieder Kriege – Nie wieder KZ“ einlud, veranstaltete die Ostberliner SED dort ihr 2. „Großes Volksfest“. Seit den 1950er-Jahren bot man mit Operetten wie “Das Schwarzwaldmädel“, Komödien wie „Wenn der Hahn kräht“, Dia-Vorträgen wie „Schöne deutsche Heimat“ und Singstunden mit Volkstanz in der Freilichtbühne eher leichte Kost. Die kulturelle Nutzung, die bis zu Aufritten von Nina Hagen reicht, machte Ende der 1990er eine zehnjährige Pause. Heute ist es das Freiluftkino Rehberge mit einem in Sommer täglich wechselnden Programm. Vielleicht kann in Erinnerung an seine Erbauer dort „Der große Diktator“ die US amerikanische Spielfilmsatire auf Adolf Hitler von Charlie Chaplin gezeigt werden. Die Rechte dafür liegen beim Betreiber der Freilichtbühne.
Autor: Eberhard Elfert
Dieser Beitrag erschien in gekürzter Form in Juniausgabe der Zeitung “Ecke Müllerstraße”.
Aktuelles Programm: www.freiluftkino-rehberge.de
[…] seit 1935 schmiegt sich die Bühne sanft in die Sanddünen im nördlichen Teil des Volksparks. Damit kann sie […]