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Vom Kampf gegen eine vergessene Krankheit

4. Februar 2015
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Evelyne Leandro im Dezember 2014. Nach zwei langen Jahren ist sie geheilt.
Eve­ly­ne Lean­dro im Dezem­ber 2014. Nach zwei lan­gen Jah­ren ist sie geheilt.

Eve­ly­ne Lean­dro ist eine lebens­fro­he Frau mit einem bra­si­lia­ni­schen Lachen. Die­ses Lachen macht jeden, der mit ihr spricht, für einen Moment lang eben­falls froh. Dazu gesellt sich gele­gent­lich ein erns­ter Blick, der von einer schwe­ren und unge­wöhn­li­chen Krank­heit her rührt: Eve­ly­ne Lean­dro ist 2012 an Lepra erkrankt. Heu­te ist sie geheilt. Den Kampf gegen die in Deutsch­land ver­ges­se­ne Krank­heit hat sie in ihrem Tage­buch fest­ge­hal­ten, das die Wahl-Wed­din­ge­rin nun als Buch her­aus­ge­ge­ben hat. „Das ist mei­ne Art, zu sagen: Ich habe es geschafft“, sagt sie über die Veröffentlichung.

Das Ers­te, was Eve­ly­ne Lean­dro vor inzwi­schen fast drei Jah­ren ler­nen muss­te, war, dass Lepra nicht aus­ge­stor­ben ist. Die Deut­sche Lepra- und Tuber­ku­lo­se­hil­fe e. V. (DAHW) schätzt die Zahl der jähr­lich welt­weit vor­kom­men­den Neu­in­fek­tio­nen auf etwa 230.000 bis 270.000. Am stärks­ten betrof­fen sind Indi­en, eini­ge afri­ka­ni­sche Län­der und Brasilien.

Das Cover von Evelyne Leandros Buch.
Das Cover von Eve­ly­ne Lean­dros Buch.

Bra­si­li­en, das ist auch die Hei­mat von Eve­ly­ne Lean­dro. Wer das Buch „Aus­ge­setzt – Der Kampf mit einer längst ver­ges­se­nen Krank­heit“ liest, lernt eine jun­ge und gebil­de­te Ein­wan­de­re­rin ken­nen, char­mant und mit vie­len Mög­lich­kei­ten. Eve­ly­ne Lean­dro wur­de 1981 gebo­ren, kommt aus ein­fa­chen Ver­hält­nis­sen. Bereits als Kind wur­de deut­lich, dass sie ehr­gei­zig ist, etwas errei­chen will. Sie nahm dafür einen täg­li­chen Schul­weg von 30 Kilo­me­tern in Kauf, stu­dier­te trotz vie­ler Mühen Betriebs­wirt­schaft. Sie wuchs her­an zu einer moder­nen und erfolg­rei­chen jun­gen Frau. Mit 22 Jah­ren lern­te sie in Bra­si­li­en ihren Mann ken­nen, einen Deut­schen. Mit ihm zog sie 2010 nach Ber­lin. Als sie aus Bahia im Nord­os­ten Bra­si­li­ens ins Brun­nen­vier­tel kam, war sie vol­ler Tatendrang.

Gera­de als Eve­ly­ne Lean­dro begann, die deut­sche Spra­che zu beherr­schen und Fuß zu fas­sen, wur­de ihr Elan 2012 von der Krank­heit bebremst. „Von Anbe­ginn woll­te ich nicht zulas­sen, dass die­se Krank­heit mein Leben zer­stört oder mich dar­an hin­dert, das zu errei­chen, was ich errei­chen will“, schreibt sie im Vor­wort ihres Buches. Des­halb hat sie den Kampf mit der Krank­heit mit aller ihrer Kraft aufgenommen.

„Es ist nicht nur ein Buch über mei­ne Krank­heit. Es ist auch ein Buch über die Bewäl­ti­gung von Pro­ble­men. Denn man hat immer die Wahl, ob man ste­hen bleibt oder wei­ter geht“, sagt sie. „Ich bin wei­ter gegan­gen und habe ent­schie­den, nicht zu Hau­se zu hocken und auf mein Schick­sal zu war­ten.“ Für Eve­ly­ne Lean­dro gehör­te es zu ihrem lan­gen Weg durch Kran­ken­häu­ser und unzäh­li­ge Arzt­pra­xen, alles über die Krank­heit und ihre Hei­lung zu erfah­ren. So wur­de sie zu einer Exper­tin für Medi­ka­men­te und medi­zi­ni­sche Begrif­fe – und für die Lepra-Erkran­kung selbst. So lern­te sie auch, dass man sich nur bei einem sehr engen Kon­takt mit einem schwer Erkrank­ten infi­zie­ren kann und auch, dass das Bak­te­ri­um unbe­merkt vie­le Jah­re im Kör­per schlum­mern kann. „Ich habe viel dar­über nach­ge­dacht, wo ich mich ange­steckt habe. Aber ich wer­de es wohl nie erfah­ren“, sagt sie.

Durch die gute medi­zi­ni­sche Behand­lung in Deutsch­land wur­de sie von der schwe­ren Krank­heit geheilt, ist heu­te gesund. „Ich bin dank­bar, dass ich in Deutsch­land war, als ich krank wur­de. Hier erhielt ich eine opti­ma­le Behand­lung. In Bra­si­li­en wäre das viel­leicht nicht mög­lich gewe­sen“, sagt sie. Zwei Jah­re lang muss­te Eve­ly­ne Lean­dro alle ihre Plä­ne in Deutsch­land aus­set­zen, um die schwe­re Krank­heit zu besie­gen. Sie hat es geschafft und mit der Ver­öf­fent­li­chung ihres Buches ist die­ses Kapi­tel für sie end­gül­tig abge­schlos­sen. „Das ist mei­ne Art, zu sagen: Ich habe es geschafft“, sagt sie. Nun kann ihr neu­es Leben end­lich begin­nen. Sie enga­giert sich im Stadt­teil­ver­ein im Brun­nen­vier­tel und macht Aufklärungsarbeit.

www.ausgesetzt-berlin.de

Text und Fotos: Domi­ni­que Hensel

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