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Neue Ideen für altes Weddinger Parkhaus:
Beton – Es kommt drauf an, was man draus macht!

17. August 2025

Ein leerstehendes Parkhaus könnte der Treffpunkt und Zentrum für das vernachlässigte Viertel südlich des S-Bahnhofs Wedding werden. Eine Architekturstudie zeigt, wie das ohne großen Aufwand möglich sein könnte.

Zustand 2022 (Fotos: Rolf Fischer)

Was hat Neukölln, was der der Wedding nicht hat? Nicht viel natürlich, aber zumindest kann man sich dort anschauen, wie man aus leerstehenden Kaufhäusern und alten Parkhäusern etwas Neues entstehen kann. Der Weddingweiser hat schon oft auf den traurigen Parkhaus-Leerstand entlang der Müllerstraße, der Magistrale des Nordens hingewiesen. Aber im Gegensatz zum Wedding hat im nahen Neukölln ein privater Investor mit dem Kalle Neukölln die Möglichkeiten erkannt und ein ehemaliges Karstadt-Kaufhaus samt Parkhaus zu einer modernen Büro- Restaurant- und Einkaufslandschaft umgebaut. Es hat gerade neu eröffnet.

Zustand 2022 (Fotos: Rolf Fischer)

Geht so was nicht auch im Wedding?, fragte sich der Architekturstudent Daniel Hößl aus Regensburg. Für seine Masterarbeit nahm er sich 2024 das älteste und graueste unter den verwaisten Parkhäusern im Wedding vor: das Parkhaus des ehemaligen Hertie-Kaufhauses an der Pankemündung, Chausseestraße 76-78, gleich neben der Zufahrt zum Erika-Hess-Stadion. Es wurde in den 1960er Jahren gebaut und gehört inzwischen der benachbarten Bayer AG. Seit vielen Jahren wird es nicht mehr genutzt. Kletterpflanzen überwuchern das Absperrgitter und nur ein zerrissenes grünes Netz an der rostigen Südfassade schützt die Kinder der neugebauten Grundschule am Nordhafen vor herabfallenden Gebäudeteilen. Keine gute Visitenkarte für den Chemie-Konzern. Wohl deswegen wurde das das Bayer-Logo über der Einfahrt vor einigen Monaten abgeschraubt.

Was kann man tun mit dem Betongold aus der Wirtschaftswunderzeit?, fragte sich Hößl. Oder in der Architektensprache: “Was kann ich aus dem bestehenden Gebäude für eine nachhaltige Stadtentwicklung herausholen und was kann ich damit für das Stadtumfeld tun?“ Die Bayer AG äußert sich auf unsere Anfrage nicht über ihre Pläne mit dem Gebäude. Nur dass es wegen seines "baustrukturellen Zustandes" geschlossen ist, erfährt man. Man prüfe "die möglichen Verwertungs- und Nutzungsmöglichkeiten des Areals". Wenn man die Diskussionen über den Abriss von Wohnhäusern, den Umgang mit der Nachbarschaft und den Bedarf für Erweiterungsflächen des Forschungs- und Industriestandorts in der Tegeler Straße verfolgt, schwant einem nichts Gutes.

Und da die Bayer AG auch auf Hößls Anfrage nicht antwortete, beschaffte er sich selbst die Baupläne und legte los. „Die Analyse zeigt, dass das Parkhaus bereits von Nord-Osten und Süd-Westen gut belichtet ist, was die Grundlage für eine effiziente Nutzung der Innenräume bildet“, ist das Ergebnis seiner Analyse. „Die Eingriffsmöglichkeiten in die Bestandsstruktur bieten zudem die Möglichkeit, kleinere Einheiten zu schaffen, die jeweils gut belichtet wären.“ Wie bei der Anleitung für einen IKEA-Schrank nimmt er das Gebäude in seinen Plänen erst auseinander, nimmt in der Mitte Decken weg, um mehr Licht in die dunklen Parkflächen zu bekommen, fügt obendrauf ein paar Standardteile und baut darauf ein neues Stockwerk und ein Glasdach. Fertig!

Rendering: Daniel Hößl


Dabei bleibt der Charakter des Gebäudes erhalten, weil die schrägen Auffahrrampen des ursprünglichen Parkhauses weiterhin die einzelnen Etagen miteinander verbinden sollen. So können alle Bereiche barrierefrei oder mit dem Fahrrad erreicht werden. Eine gute Voraussetzung dafür, dass das neue Haus seine neue Funktion erfüllt. „Es soll ein offener, mit der Umgebung verwobener Baustein und Treffpunkt für die Bewohnerinnen und Bewohner des Viertels werden“, so Hößls Masterthese.

Keine Frage, dass ein solcher Treffpunkt in dem Gebiet südlich des S-Bahnhofs Wedding dringend notwendig wäre. Noch immer ist hier die Schneise erkennbar, die die Berliner Mauer ins Stadtbild geschlagen hat. Ohne dass ein Zusammenhang erkennbar wäre, liegen hier das Bayer-Gelände, eine Tankstelle, ein DDR-Grenzturm, das Erika Hess Stadion und ein paar Wohnblocks aus der Vor- und Nachwendezeit nebeneinander. Nichts lässt erkennen, dass jemand sich um die Zukunft des ehemaligen Niemandslandes Gedanken gemacht hätte. Nur die neue Grundschule an der Ecke Chausseestraße/ Boyenstraße wirkt hier wie der Leuchtturm einer besseren Zukunft.

Rendering: Daniel Hößl

Und genau hieran knüpfen die aktuellen Pläne des Bezirksamts Mitte an. Waren im „Sozialen Infrastrukturkonzept 2020/21“ des Bezirks Mitte vom März 2022 noch eine in einer Wohnbebauung integrierte Kita als Ersatz für das Bayer-Parkhauses für möglich gehalten worden, sieht man jetzt eher Chancen in einer Ausweitung des Grundschulgeländes zu einem „Campus“. Dafür müsste nach der bisherigen Planung das Parkhaus weichen.

„Wir als Bezirk sind an dem Gelände interessiert und im Gespräch mit dem Eigentümer. Wir werden weiter versuchen, dort in Verhandlungen zu gehen“, sagt Mandy Adam vom Fachbereich Stadtplanung beim Bezirksamt Mitte. „Aber es ist natürlich auch eine Frage der dem Bezirk zur Verfügung stehenden Finanzen.“ Von den Plänen einer Umnutzung des bestehenden Parkhauses hält sie wenig. Die Bausubstanz sei wahrscheinlich durch den langen Leerstand angegriffen. Und: „Ein Parkhaus bleibt ein Parkhaus“, sagt sie.

Unser Autor hat sich schon einmal Gedanken zum Thema Parkhaus gemacht.

Rolf Fischer

Ich lebe gerne im Wedding und schreibe über das, was mir gefällt. Manchmal gehe ich auch durch die Türen, die in diesem Teil der Stadt meistens offen stehen.

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