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116 neue Wohnungen im Wedding:
Bezahlbares Wohnen am Paul Gerhardt Stift

Schon 2028 sollen die ersten Wohnungen fertig sein
10. Juli 2025
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Die Abbrucharbeiten haben bereits begonnen. Im Jahr 2028 sollen, wenn alles gut geht, in der Barfusstraße 6 die ersten von insgesamt 116 neuen Wohnungen bezugsfertig sein, davon hundert mit Mieten, die auch für Haushalte mit geringen und mittleren Einkommen finanzierbar sind. Meldungen wie diese sind leider selten geworden – und das, obwohl der Berliner Wohnungsmarkt extrem angespannt ist. Die extremen Schwankungen der Bodenpreise und der Bauzinsen in den letzten Jahren und Jahrzehnten blockierten den Wohnungsneubau – nicht nur bei uns, sondern in fast allen westlichen Staaten ist die Wohnung – not vor allem junger Menschen ein großes Politikum geworden. Umso wichtiger ist, dass Akteure wie das Paul Gerhardt Stift jetzt ihre Grundstücksreserven mobilisieren.

"Berlin wächst stetig und das seit Jahren. Mit der wachsenden Bevölkerung steigen auch die Bedarfe am Wohnungsmarkt. Gerade deshalb ist es besonders wichtig, dass wir als Gesellschaft gemeinsam Verantwortung übernehmen", erklärte Stiftsvorsteher Martin von Essen anlässlich der Unterzeichnung eines städtebaulichen Vertrages mit dem Bezirksamt Mitte Ende April. In diesem Vertrag verpflichtet sich das Stift zum Neubau von 116 Wohneinheiten inklusive dreier Gewerbeeinheiten an der Barfusstraße 6 sowie einer Tiefgarage. Die ersetzt dabei in erster Linie Parkplätze, die auf dem Innenhof des Stiftgeländes entfallen, aber für den Betrieb der dortigen Einrichtungen benötigt werden.

Insgesamt einhundert der Neubauwohnungen werden sozial gebundene Mietwohnungen sein und einer Mietpreis- und Belegungsbindung unterliegen, die vom Bezirk kontrolliert wird. Zudem werden alle Mietverhältnisse unbefristet abgeschlossen und es wird keine Provision für die Vermietung der Wohnungen erhoben. Das stellt sicher, dass der Zugang zu den Wohnungen fair und transparent erfolgt. Das Paul Gerhardt Stift verpflichtet sich darüber hinaus, klare Zeitvorgaben einzuhalten. Der Baubeginn soll innerhalb von sechs Monaten nach Abriss des ehemaligen "Krüppelheims" erfolgen, der, wie unser Foto zeigt, inzwischen begonnen hat. "Es ist uns wichtig, dass dieses Projekt zügig und zielgerichtet umgesetzt wird, damit der dringend benötigte Wohnraum schnell zur Verfügung steht", erklärt der kaufmännische Vorstand des Stifts, Dr. Hans-Gerd Conrad.

Neben der sozialen Komponente legt das Paul Gerhardt Stift großen Wert auf die Nachhaltigkeit beim Bau. Die Neubauten werden unter Berücksichtigung modernster ökologischer Standards errichtet, um den Energieverbrauch zu minimieren und den CO₂-Ausstoß zu reduzieren.

Das Paul Gerhardt Stift zu Berlin (PGS) ist eine sozial-diakonische Einrichtung mit starken Wurzeln im Wedding. Es feiert im kommenden Jahr (am 7. Juni 2026) das 150-jährige Jubiläum seiner Gründung. Im Jahr 1888 wurde das Backsteingebäude an der Müllerstraße eingeweiht, das als Mutterhaus der Diakonissen (also evangelischen Ordensschwestern) diente und als Ausbildungsstätte von Krankenschwestern, Erzieherinnen und Hauswirtschaftskräften, die dort auch wohnten. Das Gelände des Paul-Gerhardt-Stifts erstreckt sich bis zur Edinburger Straße an der Südseite des Schillerparks. Die neuen Wohnungen werden an der westlichen Seite dieses Geländes errichtet und auf die Barfusstraße hin ausgerichtet sein.

Seit Anfang 2017 ist das Stift eine operative Förderstiftung. Die Stiftung unterstützt aktuell vornehmlich eigene soziale Projekte in der Stadtteil-, Familien- und Flüchtlingsarbeit. Auf dem Stiftsgelände befinden sich neben dem Stadtteil- und Familienzentrum der Bezirksregion Parkviertel "Zukunftshaus Wedding" auch eine Kita, ein Seniorenzentrum und die Flüchtlingsunterkunft Refugium.

Autor: Christof Schaffelder

Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift "Ecke Müllerstraße"

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3 Comments Schreibe einen Kommentar

  1. Hohe ökologische Standards und Tiefgarage schließen sich aus. Erstens fördert man so Autoverkehr (wobei ich verstehe, dass es grundsätzlich Parkplätze geben muss auf so einem Areal). Aber zweitens ist das Bauen selbst einer der größten Ressourcenverbrauchs- und Emissionsfaktoren eines Gebäude, egal wie energieeffizient das Gebäude dann später betrieben wird. Und ein Hauptpunkt dabei ist Tiefbau. Wer schonend bauen will, verzichtet auf Untergeschosse.

  2. Hundert Wohnungen, bezahlbar auch für Mieter mit geringem Einkommen. Hört sich ohne Reflexion der durchaus komplexen Materie für den arglosen Laien erst einmal gut an. Allerdings nur dann, wenn man Konsequenzen ausblendet oder schönredet. Hier nur kurz angerissen:
    1. Die zunehmende Verdichtung insbesonders der Großstädte mit zusätzlichem Wohnraum führt in der Folge zunehmender Bevölkerungsdichte zu sattsam bekannten Phänomenen, gerade in Berlin. Auf immer enger werdendem Raum, Potenzierung von Konflikten sowie steigende Kriminalität, forciert durch die Anonymität der Großstadt, in ausgeprägter Form als soziale Brennpunkte gekennzeichnet, tatsächlich wäre der Begriff Ghettoisierung weitaus passender.
    2. Durch die jahrzehntelange politisch gewollte Verschleppung der Anpassung der Einkommensgrenzen für die Erteilung eines WBS ist der ursprünglich für den Mittelstand vorgehaltene soziale Wohnungsbau längst zum Wohnungsbau für arme Leute mutiert. Insoweit ist die Konzentration von Kleinverdienern, Kleinrentnern, Problemfamilien und Migranten sämtlicher Provenienz im sozialen Wohnungsbau nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Nicht verwunderlich, eine derartige Klientel kann für derzeit neu erstellte Sozialbauwohnungen die Miete aus eigener Tasche kaum aufbringen und bedarf daher zusätzlich der ständigen Subventionierung durch Wohngeld.
    3. Das Land Berlin als Vertragspartner bei der Subventionierung im Wohnungsbau bleibt höchst problematisch. Die altehrwürdige Baugenossenschaft, in der ich seit langem zu Hause bin, ist Anfang der zweitausender Jahre durch dilettantische Sparmaßnahmen des Wowereit-Senats fast in den Bankrott getrieben worden. Die nicht absehbare vorzeitige Rückzahlungspflicht öffentlicher Kredite für eine gerade fünf Jahre zuvor abgeschlossene Baumaßnahme, hätte bei den betroffenen Mietern des Projekts zur Zahlung ortsüblicher Mieten geführt, die niemand hätte aufbringen können. Über Jahrzehnte konnte nur die finanzielle Solidarität aller Genossenschaftsmitglieder die betroffenen Mieter in ihren Wohnungen halten. Konsequenz der Baugenossenschaft, nie wieder Wohnungsbau mit öffentlicher Förderung mit Berlin als Vertragspartner. Seither nur noch frei finanzierte Neubauten. Daher wohl die bemerkenswerte Zurückhaltung sämtlicher Baugenossenschaften den sozialen Wohnungsbau betreffend.

  3. Guten Morgen und danke für diesen interessanten Artikel.
    Das PGS bzw. die dortige Geflüchteten-Gemeinschaftsunterkunft ist ein ganz ganz wichtiger Bestandteil in der städtisch-behördlichen Unterbringung von Geflüchteten. Dort wird hervorragende Arbeit geleistet, besonders für Geflüchtete mit erhöhtem Betreuungsbedarf.
    Dass dort bezahlbarer Wohnraum in gar nicht mal so kleinem Stile entsteht, ist doch eine wunderbare Sache.
    Wenn nur nicht die für mein Empfinden sehr stark befahrene Barfußstr nicht wäre.

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