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Ohren auf im Wedding:
Kiez-Momente: Genug geredet für heute

7. Juli 2025

Unsere Autor:innen sind nicht nur im Wedding unterwegs – sie sind mittendrin im Alltag. Im Supermarkt, auf dem Spielplatz oder beim Schlendern durchs Viertel: Überall warten Geschichten, Geräusche, Begegnungen. Und manchmal schreiben uns sogar Leser:innen direkt. So entstehen sie – diese kleinen, echten Kiezmomente. Alles Wedding.

Nicht mehr ganz so hartes Pflaster im Wedding

Ein 60 Meter langes Stück der Fahrradstraße Lynarstraße war noch gepflastert: Jetzt ist die Holperpiste mit einer Fräse abgeschliffen worden, sodass weiterhin Regenwasser versickern kann, der Radverkehr aber ohne Rütteln und Schütteln auf dieser Straße fahren kann. Danke, Bezirksamt, und da fallen uns noch viel mehr geeignete Pflasterstraßen ein!

Mitgehört im Wedding

Am EDEKA an der Müllerstraße. Samstagmorgen. Vorne hat die CDU einen Info-Stand aufgebaut. Vier Männer und eine Frau verteilen „Wir in Mitte". Einer isst ein Frikadellen-Brötchen vom Bäckereistand und schaut genervt auf seine Armbanduhr. Es ist 11:30 Uhr. Drinnen schiebt eine dicke Frau im weiten Sommerkleid einen leeren Einkaufswagen vor sich und zieht einen Hackenporsche hinter sich nach durch den Gemüsestand. Sie redet mit einem jungen EDEKA-Mann mir hell gebleichten Haaren und Schnurrbart, der vor dem Regal kniet und irgend etwas umräumt. „Ich komm hier nicht durch", nölt sie. „Ich kann hier nicht weg, ich räume um, das sehn sie doch", blafft der zurück. Langsam trollt sich die Dame und läuft um das Regal herum.

Ich verschwinde zwischen den Regalreihen und als ich wieder auf den Gang zurück komme, zucke ich zusammen. Vor mir steht ein Gespenst. Ein steinalter Mann ohne Zähne mit eingefallenem Gesicht. Auf dem Kopf hat er einen hellblauen Helm mit Motorradbrille und vor den Augen noch eine dunkle Sonnenbrille. Er sieht aus wie ein exhumierter UN-Blauhelmsoldat aus der Serie über den Jugoslawienkrieg, die ich gerade bei arte schaue. Mühsam und wackelig schiebt er seinen Einkaufswagen weiter. Ich warte an der Kasse auf ihn, aber er taucht nicht mehr auf.

Dafür steht da vor mir ein fröhlich lachender Mann vor mir, der sich für jeden Handschlag der Kassiererin bedankt. Er ist der einzige Mensch im Laden, der mehr spricht als nötig und trotzdem ist er der Inbegriff von cool. Schwarz, mit dicker Hornbrille und einer dicken Uhr mit Metallarmband am Handgelenk. Er könnte in einem Jazz-Club am Klavier sitzen oder sonst was Cooles machen. „Sie sind aber höflich", sage ich zu ihm. „Ja", strahlt er zurück, „Wenn man will, dass die Leute freundlich sind, muss man ja auch selber so sein." Er packt zehn Dosen mit Makrelen und einen glänzenden frischen Fisch ein, den ich in der Kühltruhe von EDEKA noch nie gesehen habe. Da fällt mir ein, dass ich im „Bantou Village" in der Kameruner Straße vor Jahren den besten Fisch meines Lebens gegessen habe. Danach hatte ich auch gute Laune.

Jetzt bin ich an der Reihe und die junge Kassiererin rollt die Augen nach oben, als ob sie sagen wollte „Sprich mich jetzt nich auch noch an." Tu ich aber trotzdem. „Haben sie den Pfand-Bon gesehen, den ich aufs Band gelegt habe?" „Ja, hab ich gleich zu Anfang eingescannt", kommt die knappe Antwort. Ich packe meine Sachen in die Fahrradtasche. Genug geredet für heute.

Text: Rolf Fischer

Fundstück im Wedding

Wedding ist, wo sogar Stühle ein Schloss brauchen – und trotzdem den besten Platz an der Tonne kriegen.

Von unseren Leserinnen und Lesern eingesandt

Ich zu einem Herrn: ” Wenn ich da rübergehe, ist dann da die Schwedenstraße?” Antwort: "Och wenn se da nich rüberjehn, is da die Schwedenstraße."

Erst war ich perplex, dann hatte ich einen Lachanfall.
Ich bin geborene Berlinerin, aber so schlagfertig bin ich nicht. Muss man aber mit umgehen können.

Unsere Leserin Christel

Und jetzt seid ihr dran!

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