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Kunstprojekt für die Nachbarschaft - Auch der Weddingweiser ist vertreten:
Brauchen wir so eine Zeitung? - Über die Entstehung von "The Wedding Affairs" von Yoel Diaz Vasquez

24. April 2025

Im Wedding passiert viel, oft gleichzeitig – kulturelle Vielfalt trifft auf improvisierten Alltag, kreative Ideen auf strukturelle Herausforderungen. In diesem dynamischen Mix stellte der Künstler Yoel Diaz Vasquez im vergangenen Sommer eine einfache, aber tiefgreifende Frage in den Raum: Braucht der Wedding eine „inklusive, transkulturelle und kollaborative“ Zeitung?

Worum geht's?

Gemeinsam mit dem Projektraum SAVVY Contemporary rief er Nachbar:innen dazu auf, mitzudenken, mitzumachen – und sich als lockeres Redaktionsteam zusammenzufinden. Herausgekommen ist „Wedding Affairs“ – tatsächlich eine Zeitung mit Beiträgen, so bunt und vielfältig wie der Kiez eben ist. Benannt nach der Workshopreihe des SAVVY, die regelmäßig Nachbarschaftsnachmittage mit unterschiedlichen künstlerischen Aktivitäten anbietet.

Mit 5 Redaktionsmitgliedern im Alter von 20 bis 60 Jahren, viel Herzblut und noch mehr Arbeit von Yoel Diaz Vasquez ist nun endlich die handgefertigte Ausgabe der „Wedding Affairs“ zustande gekommen.

Die Entstehung der "Wedding Affairs"

Eine Zeitung, besonders eine in physischer Form, verbirgt eine Menge unvorhergesehener Aufgaben. Aus den zwei geplanten Treffen im Saavy wurden viele einzelne Begegnungen im Kiez.

“Im Wedding Editorial Lab wurde das Projekt zum dynamischen Werkzeug kollektiver Gestaltung. Die Teilnehmenden recherchierten, verfassten Texte, gestalteten ihre eigenen Seiten – mit Malerei, Zeichnungen, Dokumentarfotografie und Collage. Die Zeitung wurde zu einem demokratischen Akt, der marginalisierte Stimmen stärkt und die kulturelle Vielfalt des Bezirks sichtbar macht – jenseits konventioneller Erzählstrukturen“, beschreibt Yoel Diaz Vasquez das Projekt.

Was steht in der „Wedding Affairs“?
Die Beiträge spiegeln das wider, was den Wedding ausmacht: In einem Interview spricht Journalistin und Moderatorin Esra Karakaya (Karakaya Talks) über mediale Repräsentation und ihre Anfänge im Kiez. Ein weiteres Highlight ist das künstlerische Gruppenprojekt von Antonia Corsbruch „Gestalten des Wedding“, bei dem Figuren wie im Kinderspiel „Cadavre Exquis“ gemeinsam gezeichnet wurden. Außerdem: Eine kulinarische Entdeckung von Rina Matsui beim Jurten Festival im ElisaBeet, ein fotografischer Spaziergang durch den Kiez von Henri Cash-Finlay sowie ein Porträt über den nachhaltigen Projektraum "Das Baumhaus". Ein Ort, an den Co-Gründer Scott Bolden als Redaktionsmitglied zu einem außerordentlichen Treffen einlud. Außerdem lädt eine illustrierte Karte mit besonderen Orten im Wedding zum Entdecken ein.

Der Weddingweiser – mittendrin, nicht nur dabei
Als Online-Blog, der seit Jahren über den Wedding berichtet, war natürlich der Weddingweiser nicht nur Thema, sondern wurde Teil des Projekts.

(Anm. d. Autorin: Ich selbst war im Redaktionsteams von "The Wedding Affairs" und habe damals den Kontakt zum Weddingweiser initiiert – mit dem Wunsch, die mediale Perspektive aus dem Kiez in die Kunstzeitung zu integrieren. Was als spontane Idee begann, hat sich inzwischen zu einer kontinuierlichen Zusammenarbeit entwickelt – dieser Artikel ist ein Ergebnis davon).

Für die Kunstzeitung entstand ein Interview mit Rolf Fischer, ein langjähriger Autor beim Weddingweiser, der seine Perspektive beisteuerte und offen über die Herausforderungen sprach, eine diverse Leserschaft zu erreichen. „Der Wedding ist ein Schmelztiegel – aber auf niedriger Temperatur“, so Fischer. Gerade migrantische Communities blieben oft unter sich – umso wichtiger sei es, mit klaren Ideen auf sie zuzugehen und Beteiligung niedrigschwellig zu ermöglichen.

Interview und Vorstellung des Weddingweiser in der "Wedding Affairs"
Interview und Vorstellung des Weddingweiser in der "Wedding Affairs"

Ein Kollektiver Akt der Sichtbarkeit
Das Projekt zeigt mal wieder: Der Wedding steckt voller Geschichten, die erzählt werden wollen – ob mit Stift, Kamera oder Worten. Und er braucht Räume, in denen diese Geschichten zusammenkommen dürfen. Oder wie es Diaz Vasquez formuliert: „In diesem Prozess wurde aus einer Zeitung eine Plattform für viele Stimmen – ein kollektiver Akt der Sichtbarkeit, Offenheit und Kreativität.“

Um also auf die Anfragsfrage zurückzukommen: Ja, der Wedding braucht so ein Projekt und so eine Zeitung! Wie viele andere Nachbarschaften sicherlich auch.

Zu sehen ist der Prototyp und die einzige Ausgabe der physischen Kunstzeitung "Wedding Affairs" deshalb leider nicht im Wedding. Dafür kann sie in Der Ausstellung "Critical Press: Visual Narrative of Resistance” noch bis zur Finissage am 03.05.2025 in Lichtenberg bewundert werden. Und zwar hier:

Galerie Gisela

Freier Kunstraum Lichtenberg,

Giselastraße 12, 10317 Berlin


Projektdetails:
The Wedding Affairs (2024)
Kollektivarbeit von: Rina Matsui, Henri Cash-Finlay, Rike Lange, Antonia Corsbruch, Scott Bolden, and Yoel Diaz Vázquez

Idee und Leitung: Yoel Diaz Vázquez
Mixed media auf Jute Canvas, Zeitungshalter aus Holz
46,5 x 78 cm

Fotos: Yoel Diaz Vasquez, Matthew Hansen, Rike Lange

Rike Lange

Rike Lange ist freie Creative Producerin und Autorin. Sie lebt seit 10 Jahren im Wedding und interessiert sich für Transformation, Kunst & Kultur im Kiez.

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