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Die Entscheidung ist getroffen:
Welchen Namen trägt der Nettelbeckplatz bald?

24. Februar 2025
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Genau 80 Jahre nach ihrem Tod im KZ Ravensbrück soll eine von den Nazis verfolgte Frau mit einem Straßennamen geehrt werden. Der Nettelbeckplatz soll künftig „Martha-Ndumbe-Platz“ heißen. Dies beschloss die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Mitte in ihrer Januar-Sitzung. Das Bezirksamt wurde gebeten, die Umbenennung umzusetzen und eine feierliche Einweihung im Frühjahr zu organisieren. Zudem soll eine Informationstafel aufgestellt werden, die den historischen Hintergrund und die Bedeutung des neuen Namens erläutert.

Montage: Josepha Jendricke, Straßenlärm Berlin e.V.

Kein Anwohner muss etwas umändern lassen

Die Umbenennung wurde angestoßen, weil der bisherige Name koloniale Bezüge hat. Dabei ändert sich für Anwohnende und Gewerbetreibende nichts – postalisch gehört der größte Teil des Platzes zur Gerichtstraße, niemand hat den Nettelbeckplatz als Adresse.

Der ursprüngliche Namensgeber, Joachim Nettelbeck, war im späten 18. Jahrhundert als hoher Offizier auf einem niederländischen Sklavenschiff tätig. Später ließ er sich in Kolberg (heute: Kolobrzeg) nieder und wurde während der Belagerung durch napoleonische Truppen 1807 als Organisator des Widerstands bekannt. 1884 wurde der Platz am Bahnhof Wedding nach ihm benannt.

Der Platz von oben. Foto: Benny-zwi-Lung

Die Initiative zur Umbenennung entstand im August 2021 durch die BVV Mitte. Bürger:innen konnten über die Beteiligungsplattform meinberlin.de Namensvorschläge einreichen – mehr als 500 Vorschläge gingen ein. Daraus wurden drei Namen ausgewählt, alle von schwarzen Frauen aus Berlin.

Zur Namensgeberin

Martha Ndumbe wurde 1902 in Berlin geboren. Ihr Vater, Jacob Ndumbe, stammte aus Kamerun und kam anlässlich der Ersten Deutschen Kolonialausstellung nach Deutschland, wo er Marthas Mutter, Dorothea Grunwaldt aus Hamburg, kennenlernte. Er blieb in Berlin, wo auch seine Tochter aufwuchs.

Aufgrund rassistischer Diskriminierung war es für schwarze Menschen in Deutschland damals kaum möglich, eine reguläre Arbeit zu finden. Um zu überleben, war Martha gezwungen, sich der Prostitution und Kleinkriminalität zuzuwenden. Die Nationalsozialisten stuften sie als „asoziale Berufsverbrecherin“ ein und inhaftierten sie. Am 9. Juni 1944 wurde sie in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert, wo sie am 5. Februar 1945 starb.

"Nun liegt es am Bezirksamt Mitte aktiv zu werden", schreibt der Verein Straßenlärm Berlin e.V. Davon hängt ab, ob die Umbenennung tatsächlich in diesem Frühjahr vollzogen wird. Da keine Anwohnenden direkt betroffen sind, dürfte dem Verwaltungsakt nichts entgegenstehen.

weddingweiserredaktion

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5 Comments Leave a Reply

  1. Ich bin jedes Mal stolz auf mein Land wenn wir es schaffen ein Stück Erinnerungskultur zu schaffen. Es ist absolut richtig durch solche Namensgebungen nich nur angebliche Helden zu ehren, sondern auch an Opfer zu erinnern. Die Verbrechen von damals sind unverzeilich. Leider haben viele unserer selbsternannten "Patrioten" nicht die innere Stärke Verantwortung zu zeigen. Keiner von uns heute ist Schuld daran aber wir tragen trotzdem die Verantwortung vernünftig damit umzugehen, auch wenn es manchmal weh tut.

  2. Danke für die Einordnung. Das ist ein wichtiges Stück Geschichte, und jetzt kann man sinnvoll auf Kommentare reagieren. Was mich noch interessiert hätte, wäre, wie die Kommission zusammengesetzt war, die den Namen ausgesucht hat. Wurde das in der ganzen BVV diskutiert?

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