Die Entwicklung des heutigen Berliner Ortsteils Gesundbrunnen ist untrennbar mit der Geschichte der Berliner Nordbahn verbunden. Seit ihrer Eröffnung im Jahr 1877 verbindet die Nordbahn Berlin mit Mecklenburg-Vorpommern und der Ostseeküste. Heute ist sie nur noch auf Teilstücken in Betrieb – eine Situation, die sich in Zukunft ändern könnte.
Wer am Bahnhof Gesundbrunnen in einen Zug Richtung Ostsee steigt, begibt sich auf historische Spuren. Die erste Strecke der Nordbahn führte von Berlin nach Neustrelitz und Neubrandenburg, mit Start am Stettiner Bahnhof. Für den Güterverkehr war der Nordbahnhof zuständig – auf dem Gelände des heutigen Mauerparks. Die Nordbahn verlief damals durch die Grüntaler Straße, und an der Ecke Badstraße gab es einen Bahnübergang.
Gesundbrunnen und die Nordbahn
- Bahnhof Gesundbrunnen: Seit 1871 ein zentraler Punkt der Ringbahn.
- X-förmiges Bahnkreuz: Entstand 1877 mit der Anbindung der Nordbahn.
- Stettiner Bahn: 1897 auf die heutige Trasse verlegt, durch Gesundbrunnen führend.
Mit der Zeit wurde Gesundbrunnen zu einem wichtigen Bahnkreuz. 1897 verliefen auch die Züge der Stettiner Bahn über die Liesenbrücken und weiter nach Gesundbrunnen. Hier trennten sich die Trassen der Nordbahn und der Stettiner Bahn in Richtung Bornholmer Straße.
Blütezeit und Rückschläge
Die Nordbahn wurde schnell zu einer der wichtigsten Verkehrsverbindungen Berlins. Kurz nach ihrer Eröffnung wurde die Strecke bis Stralsund verlängert. Auch ein Abzweig nach Rostock und Warnemünde wurde hinzugefügt, wenn auch von einer anderen Bahngesellschaft. Vor allem für Ausflüge an die Ostsee war die Nordbahn beliebt: Von Warnemünde bis Heringsdorf brachten die Züge die Berliner direkt zu den Badeorten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich die Situation dramatisch. Die DDR baute eine Umfahrung West-Berlins mit dem Berliner Außenring. Während die neue Strecke für den Hafen Rostock und den Zubringerverkehr zu den Ostseefähren ausgebaut wurde, verfiel das Reststück in West-Berlin zunehmend. Der Mauerbau zerschlug die Verbindung; die Gleise zwischen Frohnau und Hohen Neuendorf wurden abgebaut. Nur die S-Bahn nach Frohnau blieb erhalten, wurde teilweise auch auf die alte Trasse der Nordbahn verlegt, und auch der Güterverkehr wurde in den 1980er Jahren eingestellt. Nur noch der Name Nordbahnstraße (eine Seitenstraße der Wollankstraße) erinnerte noch an die Bahnlinie.
Die Nordbahn nach 1945
- DDR: Ausbau zur Versorgung des Hafens Rostock, Elektrifizierung der Strecke von Ostberlin über Oranienburg nach Rostock.
- West-Berlin: Strecke verfiel, Güterverkehr bis 1987 auf S-Bahn-Gleisen.
- Heute: Nur noch Teilstücke aktiv, vor allem für den Regionalverkehr.
Foto: Gerd Danigl
Zukunftspläne: Ein neuer Abschnitt?
Obwohl die Nordbahn nach 1992 im „Pilzkonzept“ der Deutschen Bahn vorgesehen war, kam es nicht zum Wiederaufbau. Stattdessen wurde die Verbindung über das Karower Kreuz und den Berliner Außenring geführt. Immerhin gibt es Ideen, die alte Heidekrautbahn bis Gesundbrunnen zu verlängern. Doch wirtschaftliche Hürden und die geplante ICE-Abstellanlage in Schönholz bremsen diese Pläne.
Ein Hoffnungsschimmer bleibt: Beim Neubau der Wollankstraßenbrücke, der bis 2028 abgeschlossen sein soll, wird Platz für Fernbahngleise vorgesehen. Das eröffnet die Möglichkeit, Regional- und Fernzüge wieder auf der Nordbahn fahren zu lassen – zumindest bis Schönholz. Damit könnte Gesundbrunnen erneut zu einem zentralen Drehkreuz werden.
Die Nordbahn hat das Potenzial, ein weiteres Kapitel in ihrer bewegten Geschichte zu schreiben – wenn die Planungen der Gegenwart klug genug sind, die Visionen der Vergangenheit zu nutzen.Die Entwicklung des Wedding, insbesondere des heutigen Ortsteils Gesundbrunnen, ist eng mit der Geschichte der Berliner Nordbahn verknüpft. Heute ist sie nur noch auf Teilstücken in Betrieb – doch das könnte - und sollte - sich ändern.