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Neue Nutzung für Schillerparkcenter:
Freizeitbranche statt Einzelhandel

Am Schillerpark-Center zeigt sich ein neuer Trend für die zentralen Lagen der Städte
11. November 2024
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Vier Jahre lang stand das Schillerpark-Center leer, jetzt kehrt hier endlich wieder Leben ein. Im ehemaligen real eröffnete Ende September auf 3.500 Quadratmetern das renommierte Kampfsport-Studio "Spitfire". Gleich daneben zieht im November der "Ping Pong Park", ein Indoor-Park für Tischtennis. Andere private Sporteinrichtungen sowie Sportfachgeschäfte sollen folgen.

Der hintere Teil des Centers mit der Auffahrt zum riesigen Parkdeck wird abgerissen, genauso wie die Parketagen in den oberen Stockwerken des Gebäudes. Hier ist ein Hotel geplant, ganz hinten neben der Feuerwache sollen auch Wohnungen entstehen. Die Verhandlungen des Eigentümers der Immobilie mit dem Stadtentwicklungsamt des Bezirks Mitte sind in vollem Gange, Bauanträge wurden bereits gestellt. Im Sanierungsbeirat des Lebendigen Zentrums Müllerstraße wurden die Grundzüge der Planung auch bereits der Stadtteilvertretung mensch.müller vorgestellt. Da das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, sind die Details jedoch noch vertraulich und können hier nicht erörtert werden.

Als im Schillerparkcenter noch ein Real-Markt war

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Umbau des ehemaligen Einkaufscenters dagegen sind öffentlich – und kompliziert: Das Gebäude gehört einem Immobilienkonzern, der in Luxemburg ansässigen und an der deutschen Börse (Xetra) gehandelten Aroundtown SA . Das Grundstück allerdings befindet sich im Eigentum der BVG , Aroundtown besitzt also nur ein Nutzungsrecht in Erbpacht. Die BVG betreibt direkt nebenan die U-Bahn-Hauptwerkstatt Seestraße, die Zufahrt für die U-Bahnen verläuft unter dem Gebäude. Weil von dem Betrieb dieser Anlage Ruhestörungen ausgehen könnten, aufgrund derer etwaige Mieter im Extremfall sogar die Stilllegung des Werks einklagen könnten, lässt die BVG den Bau von Wohnungen im vorderen Teil des Centers über der Zufahrt nicht zu. Der Bezirk sähe hier natürlich am liebsten möglichst viel Wohnungsbau, denn Wohnungen fehlen bekanntlich ganz besonders.

Kein Einzelhandel mehr an der Ungarnstraße, aber Kaufland in der Müllerstraße bleibt

Keine Probleme hatte das Stadtentwicklungsamt aber offensichtlich mit der Umnutzung der Einzelhandelsflächen des alten Centers: Die dazu notwendigen sanierungsrechtlichen Genehmigungen wurden erteilt, obwohl nach der Zentrenplanung des Landes Berlin (SteP Zentren) die Müllerstraße gegenwärtig zu wenig Einzelhandelsfläche aufweist. Aber man kann darüber natürlich die Wirklichkeit nicht ignorieren: Der stationäre Einzelhandel geht auch angesichts des aufblühenden Online-Handels überall zurück und speziell an der nördlichen Müllerstraße ist die Konkurrenz der beiden Mega-Märkte "real" und "Kaufland" eindeutig zugunsten des letzteren ausgegangen. Vier Jahre Leerstand beweisen zudem, dass ein weiteres Shopping-Center hier nicht (mehr) funktioniert.

Die Umnutzung ehemaliger Einzelhandelsflächen für Dienstleistungen insbesondere im Freizeit- und Sportbereich scheint ein allgemeiner Trend zu sein, der im Wedding besonders augenfällig ist. In der Müllerstraße ist schon vor einigen Jahren in die oberen Etagen des ehemaligen C&A auf insgesamt 5.500 qm Flächen ein riesiges Fitnessstudio eingezogen (Fit/One), gleich nebenan über H&M ein Fitnessstudio speziell für Frauen (Fit T9). Um die Ecke in der Seestraße 50 gibt es gleich drei Studios nebeneinander (Vitaris, Fit im Wedding und Kampfsportakademie Berlin) – das alles nur einen Steinwurf vom ehemaligen Schillerpark-Center entfernt. Etwas weiter entfernt am Nettelbeckplatz soll jetzt ebenfalls ein neues Fitnessstudio in das alte Postamt einziehen.

Ob so eine massive Konzentration gut gehen kann oder ob es wie bei den Mega-Supermärkten zum Showdown kommt? Das entscheidet bei uns nicht der Bezirk, sondern der Markt. Klar wird jedoch: Die Freizeit-, Fitness- und auch die Kampfsportszene kommen aus den Nischen heraus. Statt in alten Lagerhallen in abgelegenen Industriegebieten eine Randexistenz zu führen, erobert sie die verkehrsgünstig gelegenen Zentren der Städte. In der Innenstadt von Berlin, wo die meisten Haushalte inzwischen auf ein Auto verzichten, spielt ein guter Anschluss an den ÖPNV dabei eine entscheidende Rolle. Für die Betreiber der neuen großen Studios im ehemaligen Schillerpark-Center scheinen Parkplätze dagegen nicht allzu wichtig zu sein. Auch wenn die Einzelhandelsverbände das vermutlich anders sehen: Für die Zentren muss dieser Prozess kein Schaden sein. Wenn schwach laufender Einzelhandel durch eine gut frequentierte Freizeitbranche ersetzt wird, bringt das sogar mehr Leben in das lokale Umfeld und neue, junge und kaufkräftige Laufkundschaft in die alten Geschäftsstraßen.

Autor: Christof Schaffelder

Dieser Artikel ist zuerst in der Sanierungszeitschrift "Ecke Müllerstraße" erschienen.

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1 Comment

  1. Die Parkplätze für Anwohner zu nutzen, um die Parkplätze auf den Straßen zu entlasten oder sinnvoller zu nutzen, scheint irgendwie keine Fans zu haben.
    Auch erstaunlich, das potentielle Lärmschutzklagen eines „tradionellen“ Werkes, zu dessen Schließung führen könnten (dann halt keine U-Bahnen mehr?) und man deswegen auf dringend benötigte Wohnungen verzichtet.
    Da sollte sich doch eine bessere Lösung finden lassen?
    Scheinbar nicht in der Bürokratie-Hölle (oder Himmel, je nach Blickwinkel) Deutschland.

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