Juli 2019 Im Juni wurde die Hollywood-Komödie Longshot mit Berlin-Klischees beworben. Neben den beiden international berüchtigtsten Berlin-Marken, dem BER-Desaster und dem Berghain, las man auf den Filmplakaten auch “Der Wedding kommt”.
Während das Klischee vom irgendwie bald mal kommenden Wedding also populärer denn je ist, wurde es von der Realität augenscheinlich längst eingeholt. Mit neuen Cafés, Bars, Restaurants und Mieten, die sich vor Kreuzberg und Neukölln bald nicht mehr verstecken müssen, scheint der Wedding im Guten wie im Schlechten angekommen. Oder?
NIDID, ein Zusammenschluss von Sozialwissenschaftlern und Medienschaffenden, die aus dem Wedding heraus Kulturprojekte in aller Welt umsetzen, ist durch die Straßen seiner Nachbarschaft gezogen und hat die Menschen zwischen Sprengelkiez, Soldiner Straße und Nettelbeckplatz gefragt, ob der Wedding denn nun gekommen ist und – viel wichtiger – was das eigentlich für sie bedeutet.
Der Beitrag zeigt, dass das Kommen des Wedding ein vielschichtiger Prozess ist, bei dem man gleichzeitig verlieren, profitieren und manchmal ungewollt Teil der Verdrängung sein kann. Wie der Späti, dessen Mieten sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt haben, der aber gleichzeitig mit zugezogenen Studenten höhere Umsätze macht. Oder die Buchhändlerin, die sich Sorgen um die Vielfalt im Kiez macht, aber von literaturbegeisterten Neu-Weddingern profitiert. Das Prime Time Theater wiederum, dessen Überleben einerseits wohl auch durch den Wedding-Hype gesichert ist, widmet anderseits eine Folge seiner Serie der Kritik am neuen Luxus-Studentenwohnheim an der Ecke Müller-/Amsterdamer Straße. Eine Bewohnerin des Wohnheims, das für viele Weddinger stellvertretend für die negativen Seiten der Gentrifizierung steht, kommt ebenfalls zu Wort. Und es wird deutlich, dass hier nicht brutale Verdränger hausen, sondern internationale Studenten, die ein unkompliziertes Angebot nutzen, komfortabel im coolen Berlin zu wohnen. “Jeder sucht halt den besten Deal”, bringt sie auf den Punkt, dass es bei der Gentrifizierung nicht so leicht ist, von Guten und Bösen zu sprechen.
Der Beitrag tut die strukturellen Hintergründe von Verdrängung, an denen durchaus etwas getan geändert werden kann und es durchaus Schuldige gibt, nicht als unwichtig ab. Er zeigt aber, dass die persönliche Geschichte des Einzelnen im Prozess des Kommens wert ist, gehört zu werden. Wie ein Schauspieler des Prime Time Theaters es zusammenfasst: “Ich wünsche mir Respekt vor dem, was kommt und vor dem, was schon da ist.”
Produziert wurde der Beitrag von den NIDID-Mitgliedern Fabian Täniges (Medienproduzent und Videojournalist), Oliver Müser (NGO-Aktivist und Journalist), Radoslaw Szydlowski (Sozialwissenschaftler und Redakteur).
NIDID bringt in Zeiten entflammender ethnischer Konflikte, wachsender populistischer Bewegungen und steigender sozialer Ungleichheit Menschen unterschiedlichster Hintergründe zusammen, um diese Ungleichgewichte gemeinsam aufzubrechen und Verständnis füreinander zu schaffen. Auch zwischen alten und neuen Weddingern.
Mehr Informationen unter: www.nidid-ngo.org
Dit Luxus Studentenwohnheim für Fatzkes Sohneman is Müller Ecke Utrechter nich Amsterdammer !!