Am ehemaligen Standort des Diesterweg-Gymnasiums im Brunnenviertel hat es am Sonntag (14.10.) eine Kundgebung gegeben. Die etwa 150 Teilnehmer richteten sich gegen den Leerstand und den in der vergangenen Woche durch das Bezirksamt Mitte ins Gespräch gebrachten Abriss des markanten orangenen Schulgebäudes. Eingeladen hatte die lokale Initiative pswedding, die sich seit sieben Jahren um eine neue Nutzung an dem Standort bemüht.
Der Hintergrund
Die Teilnehmer der Kundgebung waren insbesondere irritiert von der jähen Wendung. Die Bezirkspolitik hatte sich seit 2011 mehrfach für die Realisierung des Projektes von pswedding ausgesprochen und auch die Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) unterstützt das Vorhaben. Mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Degewo war in dem langwierigen und komplizierten Planungsprozess zudem ein guter Partner für das Bau- und Sanierungsprojekt gefunden worden. Das Projekt, dass den Erhalt und die Sanierung des orangenen Gebäudes vorsieht, stand offenbar kurz vor der Umsetzung. So fasste es auch Sabine Horlitz von pswedding bei der Kundgebung zusammen.
Mit einem Wassereinbruch vor einigen Tagen, der die ehemalige Schulturnhalle sowie den Keller der Schule betrifft, schaltete sich nun überraschend der Bezirk ein. Bezirksstadtrat Carsten Spallek (CDU) verkündete mit seiner Ankündigung, das Gebäude nun abreißen zu wollen, ein scheinbares Ende des Planungsprozesses. Gleichzeitig wurde die Forderung laut, den ehemaligen Schulstandort wieder reaktivieren.
Die Kundgebung – Standpunkte
Zahlreiche Redner stellten sich am Sonntag hinter die Initiative, auch viele aus der Bezirkspolitik. Viele ärgerten sich darüber, dass die engagierten Bürger von pswedding sieben Jahre mit einer Zusage hingehalten wurden und letztlich keine finale Entscheidung getroffen wurde. Auch das Hin und Her in den Entscheidungen von Senat, Bezirk und weiteren Beteiligten wurde kritisiert. Frank Bertermann (Grüne) merkte an, dass der Bezirk Mitte sich damit rühmt, der erste Bezirk mit Leitlinien für Bürgerbeteiligung zu sein und nun die Zivilgesellschaft einfach abwürge.
Tobias Schule (Linke) unterstützte das geplante Projekt und forderte, dass erstmal das Wasser abgepumpt werde, damit der Schaden begutachtet werden kann. Auch Les Schliesser von ExRotarpint sprang pswedding bei. Die Initiative habe sich bereits bewiesen – zwei der drei Architekten von pswedding sind auch mit der Entwicklung von ExRotaprint betraut. Viel Applaus bekam der Stadtsoziologe Andrej Holm. Er kritisierte die schlechten Planungen des Bezirksamtes Mitte und vor allem, dass insbesondere der Vorschlag, der den meisten sozialen Mehrwert biete, ausgebootet werde. Andere Redner brachten architektonische Gründe gegen den Abriss vor. Einer bemerkte, dass das Brunnenviertel in den 1960er Jahren von der sogenannten Kahlschlagsanierung betroffen war und schon deshalb besonders sorgsam mit einer neuerlichen Abrissentscheidung umgegangen werden sollte.
Mit gemischten Gefühlen sprach Maja Lasic (SPD). Sie hat das Projekt pswedding in der Vergangenheit unterstützt und findet, dass der Bezirk die Planung verschlafen habe. Allerdings ist sie als bildungspolitische Sprecherin ihrer Partei im Abgeordnetenhaus nun auch Befürworterin der Reaktivierung des Schulstandortes. Für das Ende des Still- und Leerstandes sowie für mehr Beteiligung der Bürger plädierte Katja Niggemeier vom Quartiersmanagement Brunnenstraße. Oliver Clemens von pswedding sprach sich für einen runden Tisch mit allen Beteiligten aus. Auf dem 18.000 Quadratmeter großen Gelände seien viele Nutzungen denkbar und möglich.
Die nächsten Schritte
Am Donnerstag (18.10.) ist das Thema mit mehreren Anträgen der Parteien auf der Tagesordnung der Bezirksverordnetenversammlung. Die öffentliche Sitzung beginnt um 17.30 Uhr im Rathaus Mitte in der Karl-Marx-Allee. Die Teilnehmer der Kundgebung wünschten sich indes regelmäßige Treffen und Protestveranstaltungen. Oliver Clemens von pswedding sagte dies zu. Die Termine sollen auf der Webseite der Initiative www.pswedding.de veröffentlicht werden.
Das Projekt pswedding
Seit sieben Jahren steht die ehemalige Schule in der Putbusser Straße im Brunnenviertel leer. Das von Bezirkspolitik und Kiezbewohnern favorisiertes Projekt pswedding will an dem Standort bezahlbare Wohnungen bauen und ein soziokulturelles Zentrum einrichten. Auf den 18.000 Quadratmetern könnte somit vieles realisiert werden, was dem Kiez der der ganzen Stadt fehlt. Mehr dazu unter www.pswedding.de.
Eindrücke von der Kundgebung
Dominique Hensel schreibt seit 2011 immer wieder über das Thema und wünscht sich, dass an dem Standort endlich eine sinnvolle Nutzung umgesetzt wird.
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