Die Weddinger können Teil eines ganz besonderen Filmprojekts sein. Am Sonntag, den 17. Dezember um 19 Uhr wird ein Jazz-Konzert des Avantgarde-Jazztrios “Oh!-Kester Osloer‑3” aufgeführt. Die aufgenommene Musik wird danach mit Bildern aus dem Wedding zu einem Musikfilm zusammengeschnitten, der in der Tradition von Walter Ruttmanns “Berlin – Sinfonie der Großstadt” steht. Die Filmemacher sind im Wedding wohlbekannt, denn mit der Filmreihe “Müller Ecke Afrika” haben sie schon einigen Weddingern ein Porträt geschenkt.
Über das Jazztrio
Das Jazztrio “Oh! Kester Osloer‑3“ spielt modernen Jazz. Die Besetzung ist so ungewöhnlich wie der Name: Schlagzeug, E--Gitarre und Harmonica (elektronisch verstärkte Mundharmonika).
Im Namen haben sie ihre Herkunft versteckt: Osloer‑3, damit ist die Osloer Str. gemeint. Diese Band spielt Wedding-Jazz. Alle drei sind feste Größen in der Berliner Avantgarde-Jazz-Szene. Matthias Bröde, der Kopf des Trios, ist Träger des WDR Jazzpreises (2013). Kalle Kalima, der in Finnland geborene Ausnahmegitarrist, beweist nicht nur mit seiner Spieltechnik, sondern auch kompositorisch in mehr als 10 verschiedenen Bandprojekten eine enorme kreative Bandbreite. Er begann seine Berliner Zeit als Gitarrenschüler des Schlagzeugers und Multi-Instrumentalisten John Schröder. Dieser spielte schon mit Jazz-Größen wie Chet Baker und Randy Brecker. Ihre Musik basiert auf time-bezogenem Spiel und freier Impulsrhythmik– die Stücke haben mal Groove, mal eher meditative Stimmung. Es gibt ausdrucksstarke Themen und nicht-thematische ‑auf freien Klangimprovisationen basierende ‑Titel. Manchmal klingt es fast wie Hardrock, manchmal sehr balladesk und manchmal ist es für Nicht-Jazz-Liebhaber schwer verdaulich.
Welche Art Film ist zu erwarten?
Die Montage wird mit der Musik synchron und kontrapunktisch arbeiten. Der Wechsel von schwarz-weiß zu Farbe wird nach Bildausdruck und ästhetischen Kriterien gewählt. So bekommt der Film einen zusätzlichen Drive. Das Material von dem Konzertauftritt wird einen losen Rahmen bieten: die Vorbereitungen, der Konzertbeginn, eine musikalische Reise zu einem Höhepunkt, Interaktionen mit dem Publikum und das Ende. Mit der Musik geht der Film auf Tour durch verschiedene Straßen des Wedding: Müllerstraße, Nordufer, Osloer‑, Pank- und Sprengelstraße bis zur Walter-Nicklitz-Promenade. Der Film ist die Einladung zu einem audiovisuellen Erlebnis – ein Konzert mitten im Großstadtkiez.
Der Film wird sich der Band und Ihrer Musik in drei Bewegungen nähern: Ein Auftritt im Wedding: Die Vorbereitungen, Proben, Aufbau, Soundcheck, das Zusammenspiel auf der Bühne; Alltagsbeobachtungen der drei Musiker; wie wird im Verborgenen gearbeitet, geprobt und Musik gemacht? Einzelne Stücke (oder Teile der Stücke) aus der aktuellen CD „Where is Wedding?“ werden mit Bildcollagen die Musik in eine entsprechende Bildsprache übersetzen. Die Gestaltung des nach einer Idee von Martin Helmbrecht konzipierten Films erfolgt nach dem Grundprinzip, das auch der Doku-Serie „Müller Ecke Afrika“ zugrunde liegt: Höre Deinem Gegenüber zu!
Warum der Wedding
Was ist schon der Wedding? Und wo genau befindet er sich? Diesen Fragen gehen die Musiker mit ihrem Instrumentarium nach. Der Kiez wird in den letzten Jahren immer mehr zu dem Ort in Berlin, wo das passiert, was die Stadt so ausmacht. Kreativität vermischt sich mit ungeschminktem Leben. Dieser Urknall läuft hier sehr unaufgeregt ab. Es fehlt die Hype-Hysterie vom Prenzlauer Berg und die Hostel-Touristen-Ströme des Friedrichshain. Hier wuchert ein Biotop der kulturellen Avantgarde.Das Vielgestaltige des Wedding wird in verschiedenen Themenbereichen abgebildet: Es gibt die architektonischen Gebilde der zerklüfteten Müllerstraße. Einkaufszentren, die ihre Entstehungszeit als Gesicht auf die Straße tragen. Der Autoverkehr braust auf der Straße, die Menschen sind an die Ränder auf Bürgersteige gequetscht. Am Himmel donnern die Jumbo-Jets von und nach Tegel und unterirdisch rollen die U-Bahnen. Nachts zeigen sich die finsteren Großstadtecken wie der S‑Bhf Wedding von ihrer niederdrückendsten Seite, tagsüber prahlen bunte Graffitis mit der Werbung um die Wette. Die Menschen, die hier leben, kommen aus vielen Teilen der Welt. Das zeigt sich an den unterschiedlichen Hautfarben, den exotischen kleinen Läden, den fremden Schriften und den Bars, Kneipen und Cafés. Die visuelle Gestaltung wird korrespondierend zu der Musik mit avantgardistischen Mitteln arbeiten. Kleine Episoden werden im Splitscreen auf mehreren Bildebenen erzählt.
Aufnahme der Filmmusik als Jazz-Konzert
Sonntag, 17. Dezember
19.00 Uhr, Eintritt auf Spendenbasis
Intergalaktischer Kulturverein
Sprengelstr. 15, 2. Hinterhof
Für Rückfragen: [email protected] oder 0179 4506 100