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Togo bald keine “Kolonie” mehr

29. August 2014
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Ber­lin kann von sich behaup­ten, 925 Klein­gar­ten­an­la­gen mit mehr als 73.000 Par­zel­len¹ zu besit­zen. Wenn eine Klein­gar­ten­ko­lo­nie Geburts­tag fei­ert, ist das nichts Beson­de­res. Doch wenn der “Dau­er­klein­gar­ten­ver­ein Togo” sein 75 . Jubi­lä­um fei­ert, ist das für den Bezirks­bür­ger­meis­ter Chris­ti­an Han­ke ein Grund, den Klein­gärt­nern einen Besuch abzu­stat­ten. Wenn auch nicht der Hauptgrund…

Dauerkolonie TogoDie Klein­gar­ten­an­la­ge wur­de offi­zi­ell 1939 gegrün­det, schreibt die “Ber­li­ner Woche ²”, doch ihre Wur­zeln rei­chen noch eini­ge Jahr­zehn­te wei­ter zurück. Sie ent­stand bereits um die Jahr­hun­dert­wen­de und eta­blier­te sich in den 1920er Jah­ren unter dem Namen “Zur fröh­li­chen Reh­ber­ge”. Seit dem Grün­dungs­jahr trug sie dann den Namen “Dau­er­klein­gar­ten­ko­lo­nie Togo”, heu­te fir­miert sie unter dem Namen “Dau­er­klein­gar­ten­ver­ein”.

An den vier Ein­gän­gen zur 66.000 Qua­drat­me­ter gro­ßen Anla­ge, wo zwei öffent­lich zugäng­li­che Wege begin­nen, wei­sen unüber­seh­ba­re Tafeln auf die “Dau­er­ko­lo­nie Togo e.V.” hin. Für vie­le Afri­ka­ne­rin­nen und Afri­ka­ner, die in den letz­ten Jah­ren in den Wed­ding gezo­gen sind, aber auch für post­ko­lo­nia­le Initia­ti­ven, stel­len die­se Schil­der einen regel­rech­ten Affront dar. Wie fast alle Stra­ßen­na­men im Afri­ka­ni­schen Vier­tel stammt die­ser Namens­be­zug zum west­afri­ka­ni­schen Land Togo aus der Kai­ser­zeit. Das 56.000 Qua­drat­ki­lo­me­ter gro­ße Land war von 1884 bis 1916 eine deut­sche Kolonie.

Zwar haben die Klein­gärt­ner immer beteu­ert, dass der Name ihrer Anla­ge kein Bekennt­nis zum deut­schen Kolo­nia­lis­mus sei, son­dern sich auf die nahe Togo­stra­ße bezieht. Doch die Schil­der blie­ben trotz­dem jahr­zehn­te­lang ste­hen. Man könn­te sie auch als Sym­bol für eine nur zöger­lich auf­ge­ar­bei­te­te Kolo­ni­al­ge­schich­te Deutsch­lands ver­ste­hen. Mit der Info-Ste­le an der Ota­wi-/Ecke Mül­lerstra­ße wur­de 2012 ein ers­ter Schritt für den kri­ti­schen Umgang mit dem kolo­nia­len Erbe getan. Nun haben vier Poli­ti­ker der SPD, neben dem Bezirks­bür­ger­meis­ter auch Eva Högl, die Abge­ord­ne­te Bruni Wil­denhein-Lau­ter­bach, und die Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de der SPD-Bezirks­frak­ti­on Mar­ti­na Mati­schok, die Kos­ten für die Ent­fer­nung und die Auf­stel­lung neu­er Tafeln über­nom­men. Damit fin­det hof­fent­lich ein lang­jäh­ri­ger Streit ein Ende – was beim Klein­gärt­ner­fest am Sams­tag, den 30. August von 15 bis 22 Uhr gefei­ert wer­den soll.

¹ http://www.gartenfreunde-berlin.de/de/landesverband/geschichte
2 http://www.berliner-woche.de/nachrichten/bezirk-mitte/wedding/artikel/48907-kleingartenanlage-an-der-togostrasse-wird-nach-jahrelangem-streit-umbenannt/

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

5 Comments Leave a Reply

  1. Zahl, die mich irri­tiert: 10.000 Klein­gär­ten in Ber­lin? Es sind über 70.000 Klein­gär­ten. Laut Ihrer eige­nen Quel­le bezie­hen sich die 10.000 Klein­gär­ten auf Klein­gär­ten mit Bebau­ungs­plan. Das schrei­ben Sie aber nicht im Text.

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