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Architektur unter der Erde:
Unterirdischer Wedding: Die U‑Bahn (Teil 2)

12. Juli 2013
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Häss­lich, schmud­de­lig oder ein­fach nur funk­tio­nal – die U‑Bahnhöfe rund um den Gesund­brun­nen machen auf den ers­ten Blick nicht viel her. Ein biss­chen Hin­ter­grund­wis­sen kann da nicht schaden.

Bernauer Straße – hart an der Grenze zum Wedding

Quelle: Phaeton1
Quel­le: Phaeton1

Eine lan­ge Bau­ge­schich­te haben alle Sta­tio­nen der Gesund­brun­nen-Neu­kölln-Bahn (GN-Bahn), die die Keim­zel­le der heu­ti­gen U8 war. Die Linie wur­de schon 1912 als Pri­vat­bahn von der AEG begon­nen, doch durch den ers­ten Welt­krieg und den Geld­man­gel zwi­schen den Krie­gen kam es erst 1930, als die BVG gera­de gegrün­det wor­den war, zur Eröff­nung. Die gel­ben Wand­flie­sen und die schwar­zen Mar­mor­säu­len (noch von AEG-Haus­ar­chi­tekt Peter Beh­rens ent­wor­fen) ver­lei­hen die­ser Sta­ti­on eine gewis­se Ele­ganz. Da der Bahn­hof genau an der Naht­stel­le zwi­schen Ost- und West-Ber­lin lag, wur­de er 1961 wie alle ande­ren Sta­tio­nen der Linie D im sowje­ti­schen Sek­tor geschlos­sen – bis 1990. Im Gegen­satz zur Linie 6, die zumin­dest am Bahn­hof Fried­rich­stra­ße noch ein­mal hielt, fuhr die Linie 8 als “Geis­ter­li­nie” tat­säch­lich ohne Halt durch bis zum Moritz­platz in Kreuzberg.

Voltastraße – Der Look der 20er

Quelle: IngolfBLN/flickr
Quel­le: IngolfBLN/flickr

Bau­ge­schicht­lich ist die­ser Bahn­hof mit dem Nach­bar­hal­te­punkt Ber­nau­er Stra­ße ver­gleich­bar. Auch die­se Sta­ti­on war von der AEG schon im Roh­bau fer­tig­ge­stellt, bevor die Fir­ma ihre U‑Bahn-Toch­ter­ge­sell­schaft­auf­grund wirt­schaft­li­cher Pro­ble­me nach dem ers­ten Welt­krieg liqui­die­ren muss­te und dadurch die Stadt Ber­lin zum Eigen­tü­mer der Stre­cke wur­de. Hier sind die qua­dra­ti­schen Wand­flie­sen hell­grün und die run­den Mit­tel­stüt­zen aus Gra­nit. Im Gegen­satz zu “Ber­nau­er Stra­ße” war der Bahn­hof jedoch seit 1930 durch­ge­hend in Betrieb, da er im Bezirk Wed­ding und somit im West­teil lag. Kuri­os ist, dass im Unter­grund weit­ge­hend der Zustand von 1930 erhal­ten geblie­ben ist. Geht man jedoch hoch auf die Mit­tel­in­sel in der Brun­nen­stra­ße, sind die meis­ten Alt­bau­ten verschwunden.…

Gesundbrunnen – tiefer geht’s in der U‑Bahn nicht

U Bhf Gesundbrunnen Bahnsteig2Hier war bis 1977 End­sta­ti­on der 1930 eröff­ne­ten GN-Bahn. Ursprüng­lich soll­te hier eine Hoch­bahn über die Ring­bahn­glei­se gebaut wer­den, doch man ent­schied sich doch für einen beson­ders tie­fen, näm­lich 18 Meter unter Stra­ßen­ni­veau lie­gen­den U‑Bahnhof – den tiefs­ten Bahn­hof Ber­lins. So kommt es, dass die Bad­stra­ßen-Roll­trep­pe, damals ein Sym­bol für Moder­ni­tät, die längs­te im BVG-Netz ist. Eine Beson­der­heit sind auch die zwei Stüt­zen­rei­hen auf dem mit 15 Metern ziem­lich brei­ten Bahn­steig. Seit der letz­ten Sanie­rung 2005, bei der auch eini­ge Wand­flie­sen aus­ge­tauscht und ein Ver­bin­dungs­ge­schoss zum wie­der­errich­te­ten Fern­bahn­hof her­ge­stellt wur­de, gehört die­se Sta­ti­on defi­ni­tiv zu den schöns­ten U‑Bahnhöfen Ber­lins! Und wer ger­ne ver­gleicht, soll­te sich auch den U8-Bahn­hof Alex­an­der­platz anschau­en – er ähnelt gestal­te­risch dem U‑Bahnhof Gesundbrunnen.

Pankstraße: Bunker-Atmosphäre

Alles an die­sem Bahn­hof atmet den Geist der Sieb­zi­ger. Die beson­ders schmutz­an­fäl­li­gen Alu­mi­ni­um­plat­ten im Zwi­schen­ge­schoss und rund um die Mit­tel­stüt­zen, die brau­nen Wand­flie­sen, die Schrift­ty­pe des ortho­gra­phisch falsch mit “ss” geschrie­be­nen Bahn­hofs­na­mens… End­gül­tig als Kind des Kal­ten Krie­ges outet sich dann aber die wei­te­re Funk­ti­on der 1977 eröff­ne­ten Sta­ti­on: sie könn­te näm­lich strah­lungs­si­cher ver­schlos­sen wer­den und als Schutz­raum für 3.300 Men­schen die­nen! Die­se wür­den dann bis zu 14 Tage im U‑Bahnhof aus­har­ren können.

Osloer Straße – Holzhammermethode

Quelle: IngolfBLN/flickrKuri­os ist, dass die­ser Umstei­ge­bahn­hof 197677 als End­sta­ti­on gleich zwei­er Lini­en gebaut wur­de, für die U9 und (anfangs auch für die U8) war hier erst mal Schluss. Der gestal­te­ri­sche Bezug auf den Bahn­hofs­na­men erfolg­te auf bei­den Bahn­stei­ge­be­nen mit der Holz­ham­mer­me­tho­de – so wird die blau-rote Flag­ge Nor­we­gens in beson­ders groß­for­ma­ti­ger und sich wie­der­ho­len­der Form als Wand­de­ko­ra­ti­on repli­ziert. Auf den Bahn­stei­gen sind die Flie­sen, logisch, auch rot oder blau. Alles ist irgend­wie klaus­tro­pho­bisch eng, auch das Umstei­gen erfolgt über eher ver­win­kel­te Trep­pen­häu­ser oder enge Roll­trep­pen­schäch­te – und das, obwohl der Bahn­hof doch von vorn­her­ein als Umstei­ge­bahn­hof kon­zi­piert war, bei dem sich die bei­den Lini­en nahe­zu recht­wink­lig kreu­zen. Die run­de, unüber­sicht­li­che Ver­tei­ler­ebe­ne unter der Stra­ße mit ihren vie­len Zugän­gen ist dafür umso groß­zü­gi­ger gestal­tet – hier herrscht meis­tens eine gro­ßes Gewu­sel in alle mög­li­che Richtungen.

Hier noch mal ein Ver­weis auf den ers­ten Teil

Und der ältes­te U‑Bahn-Tun­nel Ber­lins befin­det sich eben­falls unter dem Wedding

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

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