Hässlich, schmuddelig oder einfach nur funktional – die U‑Bahnhöfe rund um den Gesundbrunnen machen auf den ersten Blick nicht viel her. Ein bisschen Hintergrundwissen kann da nicht schaden.
Bernauer Straße – hart an der Grenze zum Wedding
Eine lange Baugeschichte haben alle Stationen der Gesundbrunnen-Neukölln-Bahn (GN-Bahn), die die Keimzelle der heutigen U8 war. Die Linie wurde schon 1912 als Privatbahn von der AEG begonnen, doch durch den ersten Weltkrieg und den Geldmangel zwischen den Kriegen kam es erst 1930, als die BVG gerade gegründet worden war, zur Eröffnung. Die gelben Wandfliesen und die schwarzen Marmorsäulen (noch von AEG-Hausarchitekt Peter Behrens entworfen) verleihen dieser Station eine gewisse Eleganz. Da der Bahnhof genau an der Nahtstelle zwischen Ost- und West-Berlin lag, wurde er 1961 wie alle anderen Stationen der Linie D im sowjetischen Sektor geschlossen – bis 1990. Im Gegensatz zur Linie 6, die zumindest am Bahnhof Friedrichstraße noch einmal hielt, fuhr die Linie 8 als “Geisterlinie” tatsächlich ohne Halt durch bis zum Moritzplatz in Kreuzberg.
Voltastraße – Der Look der 20er
Baugeschichtlich ist dieser Bahnhof mit dem Nachbarhaltepunkt Bernauer Straße vergleichbar. Auch diese Station war von der AEG schon im Rohbau fertiggestellt, bevor die Firma ihre U‑Bahn-Tochtergesellschaftaufgrund wirtschaftlicher Probleme nach dem ersten Weltkrieg liquidieren musste und dadurch die Stadt Berlin zum Eigentümer der Strecke wurde. Hier sind die quadratischen Wandfliesen hellgrün und die runden Mittelstützen aus Granit. Im Gegensatz zu “Bernauer Straße” war der Bahnhof jedoch seit 1930 durchgehend in Betrieb, da er im Bezirk Wedding und somit im Westteil lag. Kurios ist, dass im Untergrund weitgehend der Zustand von 1930 erhalten geblieben ist. Geht man jedoch hoch auf die Mittelinsel in der Brunnenstraße, sind die meisten Altbauten verschwunden.…
Gesundbrunnen – tiefer geht’s in der U‑Bahn nicht
Hier war bis 1977 Endstation der 1930 eröffneten GN-Bahn. Ursprünglich sollte hier eine Hochbahn über die Ringbahngleise gebaut werden, doch man entschied sich doch für einen besonders tiefen, nämlich 18 Meter unter Straßenniveau liegenden U‑Bahnhof – den tiefsten Bahnhof Berlins. So kommt es, dass die Badstraßen-Rolltreppe, damals ein Symbol für Modernität, die längste im BVG-Netz ist. Eine Besonderheit sind auch die zwei Stützenreihen auf dem mit 15 Metern ziemlich breiten Bahnsteig. Seit der letzten Sanierung 2005, bei der auch einige Wandfliesen ausgetauscht und ein Verbindungsgeschoss zum wiedererrichteten Fernbahnhof hergestellt wurde, gehört diese Station definitiv zu den schönsten U‑Bahnhöfen Berlins! Und wer gerne vergleicht, sollte sich auch den U8-Bahnhof Alexanderplatz anschauen – er ähnelt gestalterisch dem U‑Bahnhof Gesundbrunnen.
Pankstraße: Bunker-Atmosphäre
Alles an diesem Bahnhof atmet den Geist der Siebziger. Die besonders schmutzanfälligen Aluminiumplatten im Zwischengeschoss und rund um die Mittelstützen, die braunen Wandfliesen, die Schrifttype des orthographisch falsch mit “ss” geschriebenen Bahnhofsnamens… Endgültig als Kind des Kalten Krieges outet sich dann aber die weitere Funktion der 1977 eröffneten Station: sie könnte nämlich strahlungssicher verschlossen werden und als Schutzraum für 3.300 Menschen dienen! Diese würden dann bis zu 14 Tage im U‑Bahnhof ausharren können.
Osloer Straße – Holzhammermethode
Kurios ist, dass dieser Umsteigebahnhof 1976⁄77 als Endstation gleich zweier Linien gebaut wurde, für die U9 und (anfangs auch für die U8) war hier erst mal Schluss. Der gestalterische Bezug auf den Bahnhofsnamen erfolgte auf beiden Bahnsteigebenen mit der Holzhammermethode – so wird die blau-rote Flagge Norwegens in besonders großformatiger und sich wiederholender Form als Wanddekoration repliziert. Auf den Bahnsteigen sind die Fliesen, logisch, auch rot oder blau. Alles ist irgendwie klaustrophobisch eng, auch das Umsteigen erfolgt über eher verwinkelte Treppenhäuser oder enge Rolltreppenschächte – und das, obwohl der Bahnhof doch von vornherein als Umsteigebahnhof konzipiert war, bei dem sich die beiden Linien nahezu rechtwinklig kreuzen. Die runde, unübersichtliche Verteilerebene unter der Straße mit ihren vielen Zugängen ist dafür umso großzügiger gestaltet – hier herrscht meistens eine großes Gewusel in alle mögliche Richtungen.
Hier noch mal ein Verweis auf den ersten Teil
Und der älteste U‑Bahn-Tunnel Berlins befindet sich ebenfalls unter dem Wedding
Ich wohne sei 1969 im Wedding und danke für die guten Artikel und viele Infos über meinen Wedding.
[…] zweiten Teil widmen wir uns den Stationen im Ortsteil […]