Ich nenne meine Freundin jetzt Madame von Robben & Wientjes, aber nicht laut. Sie sammelt Material gegen meine Weddinger Wahlverwurzelung, irgendwelche Listen und Statistiken, die mich davon überzeugen sollen, mit ihr in den Prenzlauer Berg zu ziehen. Ein Beispiel: Unabhängige Umfragen haben ergeben, dass 99% Prozent der Weddinger nicht wissen, was ein Green Smoothie ist.
Die Umfragen hat sie natürlich selbst gemacht, vor dem Karstadt, dem H&M, was weiß ich. Käme ja auch sonst keiner auf die Idee, so eine Umfrage zu machen. Bubble Tea, danach hätte sie fragen sollen, das ist eben eine andere Art von Green Smoothie, die “Weddinger Variante”. Und grüner Tee kommt da, glaube ich, auch rein. Die alte Weisheit gilt, man darf keiner Statistik glauben, die man nicht selbst gefälscht hat.
Meine Gegenstrategie ist zur Zeit, gar nicht auf Defizite des Wedding einzugehen, sondern konsequent Vorteile herauszuarbeiten: “Dafür haben wir so viele Casinos, wie sonst nirgends. Du, wir leben im Grunde im Las Vegas Berlins, ist das nicht cool?”
“In Las Vegas will doch auch keiner wohnen. Das besucht man nur, und nicht mal das kann man vom Wedding behaupten.”
“Aber schau dir mal die Dichte an Cocktailbars an, das kann auch der Prenzlauer Berg nicht toppen. Es gibt direkt so viele, dass sie schon durchnummeriert werden müssen. Bar 3, Toleranz 5…”
“Und warum sitzt du dann nur in deiner Stammkneipe rum? Du hast mir versprochen, der Wedding wird mal cool. Aber dazu kommt es wohl eh nie, haben meine Recherchen ergeben.”
“Wie hätte ich das versprechen können, Ela? Außerdem ist uncool das neue cool, verstehst du?”
“Guck mal hier, wie viele Leute an einem durchschnittlichen Feierabend auf der Straße ein Bier in der Hand haben. Ich hab’s notiert.”
“Okay, in der Woche. Am Wochenende hat aber die Schönhauser Allee mehr Becks in der Hand als am Leo die ganze Woche geleert werden.”
“Sagst du nicht immer, Becks ist kein Bier?”
Zwischendurch rufen wir eine Waffenruhe aus und üben uns in Diplomatie. Von ihrem Plan ist sie so aber nicht abzubringen.
Es ist jedoch nicht so, dass in Vegas niemand wohnen möchte, denn für viele bleibt nichts anderes übrig, denn die Stadt der Superlative in der Wüste beherbergt nun einmal auch sehr viele Einwohner, die in und von der Stadt leben. Daher ist Wohnraum in Las Vegas auch ein Problem, denn trotz des anhaltenden Booms sind Wohnungen hier ebenfalls fast unerschwinglich geworden.