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Rettung ja – nein? Vielleicht:
Wie geht es weiter an der Fischerpinte – ein Update vom Bootsverleih Plötzensee

5. August 2022
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Schon mor­gen wird die Son­ne wie­der über der Fischer­pin­te scheinen

Ruhig liegt sie da, am Ufer des Plöt­zen­sees, die Fischer­pin­te. Genau wie die letz­ten über 100 Jah­re. Ob es noch­mal 100 wer­den, weiß nie­mand. Aber etwas ist jetzt anders. Nach­dem bei uns der Arti­kel zu einem abseh­ba­ren Ende der Fischer­pin­te erschien, waren vie­le Wed­din­ger und auch vie­le Ber­li­ner vom mög­li­chen Ver­schwin­den die­ses Ortes auf­ge­schreckt. Viel Auf­merk­sam­keit dann in den Medi­en: In den dar­auf­fol­gen­den Wochen waren die BZ, Ber­li­ner Kurier, Mor­gen­post, Tages­spie­gel und der rbb (Video) an der Sache dran. Online und als Printausgabe.

Die Poli­tik ist sich aus­nahms­wei­se einig

Bereits einen Tag nach Ver­öf­fent­li­chung unse­res Bei­trags traf sich – tat­säch­lich zufäl­lig – der Umwelt­aus­schuss der Bezirks­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung (BVV) Mit­te am Ein­gang der Fischer­pin­te. Das The­ma gehör­te eigent­lich nicht zur Tages­ord­nung, viel Zeit für Fra­gen von Anwoh­nen­den gab es nicht, aber alle Mit­glie­der guck­ten sich am Boots­ver­leih um. Vie­le zum ers­ten Mal.

Einen Tag spä­ter brach­te die Links­frak­ti­on in der BVV einen Antrag mit dem Titel „Boots­ver­leih Düring am Plöt­zen­see erhal­ten!“ für die Zeit nach einem mög­li­chen Tode des jet­zi­gen Betrei­bers in die Bezirks­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung (BVV) Die glei­che Frak­ti­on hat­te sich zwei Wochen zuvor im Umwelt­aus­schuss bereits nach der Zukunft des Ortes erkun­digt – mit der alt­be­kann­ten Ant­wort, dass irgend­wann Schluss sein wer­de. Über­ra­schend: Der nun ein­ge­brach­te Antrag erhielt kei­ne Ent­hal­tun­gen, kei­ne Nein-Stim­men, son­dern von allen anwe­sen­den Stimm­be­rech­tig­ten ein „Ja“. Also ein par­tei­über­grei­fen­des Bekennt­nis zur Fischerpinte.

BVV: ja – Amt: Abwarten

Auf­la­gen für den Wei­ter­be­trieb denkbar

Zeit­gleich stell­te die CDU eine soge­nann­te Gro­ße Anfra­ge zu den ver­trag­li­chen Rege­lun­gen und zur Fra­ge, inwie­weit Frau Dr. Almut Neu­mann (Bezirks­stadt­rä­tin für Ord­nung, Umwelt, Natur, Stra­ßen und Grün­flä­chen – Bünd­nis 90/Die Grü­nen) sich eine Zukunft des Boots­ver­leihs vor­stel­len kann. Die Ant­wort liegt mitt­ler­wei­le vor. Neben der Aus­sa­ge, die auch uns gegen­über damals getä­tigt wur­de, „Das Umwelt- und Natur­schutz­amt plä­diert daher aus fach­li­cher Sicht ein­deu­tig dafür, kei­nen wei­te­ren Betrieb zuzu­las­sen“, keimt zumin­dest mit fol­gen­dem Satz etwas Hoff­nung auf: „Aus mei­ner Sicht (Frau Dr. Neu­mann, Anm.d.Red.) wie­der­um kann ich mir einen Wei­ter­be­trieb dann vor­stel­len, wenn die Umwelt- und Natur­schutz­be­lan­ge hin­rei­chend berück­sich­tigt wer­den und durch Auf­la­gen abge­si­chert wer­den. Ich wür­de daher noch ein­mal in eine fach­li­che Prü­fung gehen wol­len, um aus­zu­lo­ten, inwie­weit die ver­schie­de­nen Inter­es­sen hier nicht doch auch bei einem Wei­ter­be­trieb in Ein­klang gebracht wer­den kön­nen.“ Gegen­über dem Tages­spie­gel und dem rbb wur­de sich damals wie folgt geäu­ßert: „Ein Wei­ter­be­trieb kön­ne man sich unter bestimm­ten Auf­la­gen vor­stel­len“.

Es sieht somit bes­ser aus als vor dem 14. Juni, dem Erschei­nen unse­res Arti­kels. Was genau die­se Auf­la­gen sind, ist aller­dings noch nicht bekannt, auch ist zu beach­ten, dass sich der Antrag der Links­frak­ti­on auf die Zeit nach dem Tode Herrn Dürings kon­zen­triert. Ob bereits jetzt neue Auf­la­gen erlas­sen wer­den, die den Ablauf am Plöt­zen­see ver­än­dern, wird man spä­tes­tens am 10.10. sehen. Bis dahin muss das Amt sich äußern. Auch Mathi­as Schulz, für den Wahl­kreis 5 (Reh­ber­ge – Plöt­zen­see – Schil­ler­park, Osram­kiez), in das Abge­ord­ne­ten­haus ein­ge­zo­gen, ist für den Erhalt. „So ein Ort muss unbe­dingt erhal­ten blei­ben. Dafür set­zen wir uns als SPD ein.“ 

Par­tei­über­grei­fend sehen somit alle eine Zukunft für die Fischer­pin­te, inklu­si­ve der Stadt­rä­tin. Nur das Amt muss noch über­zeugt wer­den.

Was mit der Unter­schrif­ten­lis­te ist

Der Ein­woh­ner­an­trag ist wei­ter­hin aktiv; je nach­dem wie sich das Amt äußert, wird dann die­ser Antrag in die BVV ein­ge­bracht. 1.000 (gül­ti­ge) Unter­schrif­ten aus Mit­te wer­den ins­ge­samt benö­tigt. Über 1000 (bis­her unge­prüf­te) wur­den bereits gesam­melt. Auch wenn es kei­ne gro­ße kon­zen­trier­te Sam­mel­ak­ti­on gab, die Lis­ten fül­len sich wei­ter. Allein schon, weil sie am Tre­sen der Pin­te aus­lie­gen. Ab und zu kom­men Anwoh­nen­de kurz zur Pin­te run­ter, um ihre Unter­schrift zu hin­ter­las­sen und dann wie­der wei­ter­zu­zie­hen. Auch kom­men „Wild­frem­de“, die in ihren Knei­pen spon­tan Lis­ten aus­ge­legt haben. Eine über­ra­schend gro­ße Zahl von Wed­din­gern und Moa­bi­tern sehen die­sen Ort in einem sich im Som­mer auf­hei­zen­den Ber­lin als wich­ti­gen Erho­lungs­ort. Wenn das Amt die­sen Bedürf­nis­sen nun eben­falls Rech­nung trägt, dann sind wei­te­re 100 Jah­re fried­li­che Koexis­tenz von Mensch und Natur, zumin­dest an die­ser Ecke des Sees, wei­ter­hin möglich.


Trans­pa­renz:
Der Ver­fas­ser des vor­lie­gen­den Arti­kels, sowie des Bei­trags „Amt­lich ver­senkt: Älter als Groß-Ber­lin, Boots­ver­leih Fischer­pin­te am Plöt­zen­see darf nicht ver­schwin­den!
ist eben­falls Initia­tor der Unter­schrif­ten­ak­ti­on zum Erhalt. Die Moti­va­ti­on dar­aus ent­stand als Anwoh­ner. Er ist aktu­ell kein Mit­glied einer Partei.


Andaras Hahn

Andaras Hahn ist seit 2010 Weddinger. Er kommt eigentlich aus Mecklenburg-Vorpommern. Schreibt assoziativ, weiß aber nicht, was das heißt und ob das gut ist. Macht manchmal Fotos: @siehs_mal
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1 Comment Leave a Reply

  1. Das ist doch mal eine gute Nach­richt! Bit­te unbe­dingt dran­blei­ben. Ich hof­fe aller­dings, dass die Fischer­pin­te bei einem Wei­ter­be­trieb nicht das glei­che Schick­sal ereilt wie den „Club der Visio­nä­re“ am Land­wehr­ka­nal an der Gren­ze zwi­schen Kreuz­berg und Trep­tow. Der war auch ursprüng­lich ein Boots­haus und in den 90ern lan­ge Zeit ein Ort, an dem sich die Anwoh­ner tra­fen. Heu­te steht er in jedem Rei­se­füh­rer und wird von Par­ty­volk überrannt.

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