Ruhig liegt sie da, am Ufer des Plötzensees, die Fischerpinte. Genau wie die letzten über 100 Jahre. Ob es nochmal 100 werden, weiß niemand. Aber etwas ist jetzt anders. Nachdem bei uns der Artikel zu einem absehbaren Ende der Fischerpinte erschien, waren viele Weddinger und auch viele Berliner vom möglichen Verschwinden dieses Ortes aufgeschreckt. Viel Aufmerksamkeit dann in den Medien: In den darauffolgenden Wochen waren die BZ, Berliner Kurier, Morgenpost, Tagesspiegel und der rbb (Video) an der Sache dran. Online und als Printausgabe.
Die Politik ist sich ausnahmsweise einig
Bereits einen Tag nach Veröffentlichung unseres Beitrags traf sich – tatsächlich zufällig – der Umweltausschuss der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Mitte am Eingang der Fischerpinte. Das Thema gehörte eigentlich nicht zur Tagesordnung, viel Zeit für Fragen von Anwohnenden gab es nicht, aber alle Mitglieder guckten sich am Bootsverleih um. Viele zum ersten Mal.
Einen Tag später brachte die Linksfraktion in der BVV einen Antrag mit dem Titel „Bootsverleih Düring am Plötzensee erhalten!“ für die Zeit nach einem möglichen Tode des jetzigen Betreibers in die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Die gleiche Fraktion hatte sich zwei Wochen zuvor im Umweltausschuss bereits nach der Zukunft des Ortes erkundigt – mit der altbekannten Antwort, dass irgendwann Schluss sein werde. Überraschend: Der nun eingebrachte Antrag erhielt keine Enthaltungen, keine Nein-Stimmen, sondern von allen anwesenden Stimmberechtigten ein „Ja“. Also ein parteiübergreifendes Bekenntnis zur Fischerpinte.
Auflagen für den Weiterbetrieb denkbar
Zeitgleich stellte die CDU eine sogenannte Große Anfrage zu den vertraglichen Regelungen und zur Frage, inwieweit Frau Dr. Almut Neumann (Bezirksstadträtin für Ordnung, Umwelt, Natur, Straßen und Grünflächen – Bündnis 90/Die Grünen) sich eine Zukunft des Bootsverleihs vorstellen kann. Die Antwort liegt mittlerweile vor. Neben der Aussage, die auch uns gegenüber damals getätigt wurde, „Das Umwelt- und Naturschutzamt plädiert daher aus fachlicher Sicht eindeutig dafür, keinen weiteren Betrieb zuzulassen“, keimt zumindest mit folgendem Satz etwas Hoffnung auf: „Aus meiner Sicht (Frau Dr. Neumann, Anm.d.Red.) wiederum kann ich mir einen Weiterbetrieb dann vorstellen, wenn die Umwelt- und Naturschutzbelange hinreichend berücksichtigt werden und durch Auflagen abgesichert werden. Ich würde daher noch einmal in eine fachliche Prüfung gehen wollen, um auszuloten, inwieweit die verschiedenen Interessen hier nicht doch auch bei einem Weiterbetrieb in Einklang gebracht werden können.“ Gegenüber dem Tagesspiegel und dem rbb wurde sich damals wie folgt geäußert: „Ein Weiterbetrieb könne man sich unter bestimmten Auflagen vorstellen“.
Es sieht somit besser aus als vor dem 14. Juni, dem Erscheinen unseres Artikels. Was genau diese Auflagen sind, ist allerdings noch nicht bekannt, auch ist zu beachten, dass sich der Antrag der Linksfraktion auf die Zeit nach dem Tode Herrn Dürings konzentriert. Ob bereits jetzt neue Auflagen erlassen werden, die den Ablauf am Plötzensee verändern, wird man spätestens am 10.10. sehen. Bis dahin muss das Amt sich äußern. Auch Mathias Schulz, für den Wahlkreis 5 (Rehberge – Plötzensee – Schillerpark, Osramkiez), in das Abgeordnetenhaus eingezogen, ist für den Erhalt. „So ein Ort muss unbedingt erhalten bleiben. Dafür setzen wir uns als SPD ein.“
Parteiübergreifend sehen somit alle eine Zukunft für die Fischerpinte, inklusive der Stadträtin. Nur das Amt muss noch überzeugt werden.
Was mit der Unterschriftenliste ist
Der Einwohnerantrag ist weiterhin aktiv; je nachdem wie sich das Amt äußert, wird dann dieser Antrag in die BVV eingebracht. 1.000 (gültige) Unterschriften aus Mitte werden insgesamt benötigt. Über 1000 (bisher ungeprüfte) wurden bereits gesammelt. Auch wenn es keine große konzentrierte Sammelaktion gab, die Listen füllen sich weiter. Allein schon, weil sie am Tresen der Pinte ausliegen. Ab und zu kommen Anwohnende kurz zur Pinte runter, um ihre Unterschrift zu hinterlassen und dann wieder weiterzuziehen. Auch kommen „Wildfremde“, die in ihren Kneipen spontan Listen ausgelegt haben. Eine überraschend große Zahl von Weddingern und Moabitern sehen diesen Ort in einem sich im Sommer aufheizenden Berlin als wichtigen Erholungsort. Wenn das Amt diesen Bedürfnissen nun ebenfalls Rechnung trägt, dann sind weitere 100 Jahre friedliche Koexistenz von Mensch und Natur, zumindest an dieser Ecke des Sees, weiterhin möglich.
Transparenz:
Der Verfasser des vorliegenden Artikels, sowie des Beitrags „Amtlich versenkt: Älter als Groß-Berlin, Bootsverleih Fischerpinte am Plötzensee darf nicht verschwinden!“ ist ebenfalls Initiator der Unterschriftenaktion zum Erhalt. Die Motivation daraus entstand als Anwohner. Er ist aktuell kein Mitglied einer Partei.
Das ist doch mal eine gute Nachricht! Bitte unbedingt dranbleiben. Ich hoffe allerdings, dass die Fischerpinte bei einem Weiterbetrieb nicht das gleiche Schicksal ereilt wie den „Club der Visionäre“ am Landwehrkanal an der Grenze zwischen Kreuzberg und Treptow. Der war auch ursprünglich ein Bootshaus und in den 90ern lange Zeit ein Ort, an dem sich die Anwohner trafen. Heute steht er in jedem Reiseführer und wird von Partyvolk überrannt.