Gibt es Orte, die ihre Tradition wie eine Aura ausstrahlen? Bereits 70 Jahre lang wohnt der Tegeler Straße 32 der Zauber der Schönheit inne: Seit 1945 findet man unter dieser Adresse Friseursalons. Seit 2014 führt Alina Riedel diese Tradition mit ihrem Friseursalon Ware:Schönheit fort.
Alina lebte bereits einige Jahre im Sprengelkiez und war früher schon häufig am Frisörsalon an der Ecke Tegeler und Sprengelstraße vorbeigegangen. Hier, in ihrem Lieblingskiez, konnte sie sich den Schritt von der Angestellten zur selbständigen Frisörmeisterin vorstellen. Im Stadtteil lag Veränderung in der Luft. Alina war zu richtigen Zeit am richtigen Ort: Die Besitzerin des Eckladens war auf der Suche nach einer Nachfolgerin. Seitdem leitet Alina den Frisörsalon und beschäftigt bereits eine Angestellte.
Beim zweijährigen Jubiläum von Ware:Schönheit 2016 sind Vergangenheit und Gegenwart aufeinander getroffen. Alina feierte den Erfolg ihres Ladens und stieß darauf mit ganz besonderen Gästen an: Evelyn Ohletz, die den Frisörsalon in der Tegeler Straße 32 von 1970 bis 1994 führte, und deren ehemalige Angestellten, Jutta Mamet. Auf Stellwänden hatte Alina die Geschichte des Ladens seit 1945 anhand alter Fotos dokumentiert. Die Fotos stammen von Evelyn Ohletz, die mich auf eine Reise in die Vergangenheit mitnahm.
Vielleicht begann alles bereits 1933, als in der Sprengelstraße 9 der Friseursalon Mentzel eröffnete: Er gehörte Evelyns Onkel Kurt Mentzel und seiner Frau Anni. Ihre Mutter war dort angestellt und Evelyn, 1936 geboren, war schon als Kind häufig im Laden.
1945 zog der Salon in die Tegeler Straße 32, weil das Gebäude in der Sprengelstraße abgebrannt war. Evelyn begann 1951 selbst eine Lehre als Frisörin und wurde mit 23 Jahren die jüngste Frisörmeisterin in Berlin. 1964, mit 27 Jahren, eröffnete sie ihr erstes eigenes Geschäft am Hohenzollerndamm 5. Hinzu kam der Laden des Onkels in der Tegeler Straße, den sie 1970 kaufte.
Sie baute den Salon Evelyn um und modernisiert ihn, die leuchtenden Farben und Muster der 70er-Jahre hielten Einzug. 1994 verkaufte sie den Laden in der Tegeler Straße. Seither wechselte er mehrfach die Besitzerin, bis Alina ihn übernahm.
Das Erscheinungsbild des Salons hat sich mehrfach verändert, auch Alina hat ihn umgestaltet und modern eingerichtet. Sie hat das Konzept des Ladens angepasst, nicht alle Kunden sind geblieben, andere sind dazugekommen. Alina findet: „Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Ware:Schönheit auch. Die Ausstrahlung des Ladens spricht manche Menschen mehr an als andere.“ Statt Cut & Go setzt Alina auf Terminvereinbarungen. Kaum noch bietet sie Dauerwellen an, was früher das Hauptgeschäft war. Weil sie Jazzfan ist, hört man in ihrem Laden meist sanfte Jazzmusik. Sie kennt die anderen Frisöre im Kiez, jeder hat einen anderen Stil. Das vielfältige Angebot belebt das Geschäft, findet sie. „Zum ersten Mal seit 15 Jahren habe ich so einen bunten Strauß an unterschiedlichen Kunden, weil auch im Kiez eine solche Vielfalt herrscht.“
Alina unterstreicht ihre sanfte Stimme mit ausdrucksstarker Gestik und einem Leuchten in den Augen, wenn sie mit Begeisterung von ihrer Arbeit spricht. Sie findet, eine Frisur sollte den individuellen Typ der Kundinnen und Kunden unterstreichen. Alina selbst hat von Natur aus hellblonde Haare mit einem leicht goldenen Schimmer und mag es, wenn durch Tönung unterschiedliche Reflexe sichtbar werden. Je nach Lichteinfall scheinen ihre Haar mal in zarten Rot‑, Rosa- oder Kupfertönen. Nicht nur der Laden sieht zeitgemäß aus, auch die Frisuren sollen es sein.
Wie wird sich der traditionsreiche Standort in der Tegeler Straße in den nächsten Jahren weiterentwickeln? Dieses Stück Geschichte schreiben wir alle gemeinsam.
Tegeler Straße 32, 13353 Berlin, Telefon: (0151) 649 649 88, E‑Mail: [email protected], facebook.com/WareSchoenheit
Öffnungszeiten: Di-Do 10–17 Uhr, Freitag 13–21 Uhr, Samstag 10–15 Uhr, Termin-Wünsche per WhatsApp, E‑Mail, Facebook oder SMS
Text: Sigrun Wetzel, Fotos: Sigrun Wetzel, Evelyn Ohletz