150 Jahre Halt an der Ringbahn
1871 wurde das erste Teilstück der Berliner Ringbahn zwischen Moabit, Gesundbrunnen und Schöneberg eröffnet. Nachdem 1872 der Personenverkehr aufgenommen wurde, kamen neue Stationen hinzu. Der Bahnhof Wedding gehörte 1872 zu den ersten. 1889⁄90 wurde die Strecke höhergelegt auf ein Viadukt – wie man die Station heute noch kennt. Man verzichtete auf ein eigenes Empfangsgebäude, statt dessen konnte man den Bahnsteig direkt über den Treppenzugang an der Reinickendorfer Straße erreichen.
110 Jahre Zugang von der Müllerstraße aus
Heute erscheint es uns selbstverständlich, aber der Ausgang an der Lindower Straße stammt erst aus dem Jahr 1912. Mit einem kurzen Fußmarsch erreichte man die Müllerstraße, wo ab 1923 auch eine U‑Bahn hielt.
50 Jahre in orange
Die unterirdische Station der U‑Bahn hieß anfangs “Bf. Wedding” und sah genauso aus wie die anderen U‑Bahnhöfe der Nord-Süd-Bahn mit ihren weißverputzten Wänden. 1972 jedoch wurden diese mit den orangefarbenen Kacheln gefliest, die bis heute dafür sorgen, dass der nunmehr schlicht “Wedding” genannte Bahnhof ein poppig-markantes Symbol für den ganzen Stadtteil ist.
Wieder oben auf den S‑Bahnsteig. Seit 1929 wurde dort nicht mehr mit Dampfzügen gefahren, sondern mit der elektrischen S‑Bahn. Doch 1980 wurde der Betrieb nach einem Streik der Eisenbahner nicht mehr wieder aufgenommen. Der Bahnhof verfiel in einen Dornröschenschlaf.
20 Jahre S 41/ S 42
Die Ringbahn war im Ostteil Berlins noch immer im Betrieb. Auch in West-Berlin plante man den Wiederaufbau, der 1993 mit dem Südring begann. Doch bis der Wedding wieder seine Ringbahn zurückbekommen sollte, dauerte es noch bis 2002. Mit dem Lückenschluss zwischen Westhafen und Gesundbrunnen, Zwischenstation Wedding, war der Ring erst komplett.
Der Bau erfolgte nach Plänen des Berliner Architekturbüros dwl architekten und kostete 15 Mio. Euro. Dabei wurde der Bahnsteig weiter nach Westen in Richtung Müllerstraße verschoben. Zwei neue Ausgänge erleichtern das Umsteigen zur U‑Bahn in der Mitte der Müllerstraße bzw. zur Lynarstraße. Leider wurde aber zwischen S- und U‑Bahneingang kein Dach gebaut, sodass man hier an einer abschüssigen Stelle ein paar Meter weit Wind und Wetter ausgesetzt ist. Der mit viel Glas und Beton modern gestaltete Bahnhof wurde auf die historischen Viaduktbögen gebaut, die noch immer mit ihren gelben Backsteinen einen Hingucker bilden.
Bleibt die Frage, warum diese wenig repräsentative, zugige Station, die irgendwo zwischen Bürogebäuden, unscheinbaren Mietskasernen und Industrie eingeklemmt ist, den Namen des ganzen Stadtteils trägt. Ganz einfach: 1872 war der Wedding kaum besiedelt. Zwischen dem Vorwerk Wedding, von dem damals auch nur noch Reste vorhanden waren und dem Weddingplatz waren aber schon erste Häuserzüge gebaut, in denen der Ursprung des heutigen Stadtteils erkennbar war. Nach Kriegszerstörung und der deutschen Teilung verschob sich der Schwerpunkt der Stadtentwicklung eher nach Norden, vor allem in den Bereich zwischen Leopoldplatz und Seestraße. Dieses dichtbesiedelte und lebendige Gebiet wird heute eher als Wedding wahrgenommen, sodass der Name des Bahnhofs entlang der Lindower Straße nur noch eine Reminiszenz an die Vergangenheit ist.
Hier gibt es historische Fotos des Bahnhofs