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Malplaquetstraße 25 Kaugummiautomat

Kaugummiautomaten im Wedding:
Rote Kästen, bunte Kugeln – der Retter des Kaugummis

Für vie­le Kin­der waren sie ein gro­ßes Glück für klei­nes Geld, die ers­te selbst gekauf­te Süßig­keit. Für ande­re sind Kau­gum­mi­au­to­ma­ten nur noch eine Abstell­flä­che für lee­re Fla­schen und alles ande­re. Immer mehr Auto­ma­ten ver­schwin­den aus dem Stadt­bild. Jetzt gibt es ein Ber­li­ner Start-Up, das die roten Käs­ten ret­ten will.

An vie­len Häu­ser­wän­den im Wed­ding sieht man sie noch: Die roten oder gel­ben Blech­käs­ten, aus denen man sich für 20 ‑50 Cent mit einem Dreh eine bun­te Kugel Kau­gum­mi zie­hen kann. Und wenn man Glück hat, funk­tio­niert der Auto­mat auch noch. Und wenn man noch mehr Glück hat, ist der Kau­gum­mi so gut, dass man damit Bla­sen machen kann, die dann so schön plat­zen. Bubble Gum ist eine ame­ri­ka­ni­sche Erfin­dung, die mit den US-Sol­da­ten nach West-Ber­lin kam. Ab einem Euro gibt es dane­ben meist durch­sich­ti­ge Kugeln, die wie Über­ra­schungs­ei­er eine Figur, ein Spiel­zeug oder einen Gum­mi-Flum­mi ent­hal­ten. Aber man muss schon lan­ge suchen, um noch einen Auto­ma­ten zu fin­den, der gefüllt ist und funk­tio­niert. Mehr als 150 funk­tio­nie­ren­de Auto­ma­ten zähl­te der Wed­ding­wei­ser noch vor neun Jah­ren. Vor allem in den Neben­stra­ßen von Müller‑, Sol­di­ner- oder Bad­stra­ße gab es vie­le davon. Doch wer heu­te die­se Stra­ßen ent­lang geht sieht immer öfter nur noch die lee­ren Blech­käs­ten an den Wän­den hän­gen und manch­mal bleibt nur noch ein dunk­ler Fleck an einer hel­len Fas­sa­de und ein paar Dübel­lö­cher spre­chen Bän­de: Ein Kin­der­traum weni­ger und eine häss­li­che Ecke mehr.

Die Auto­ma­ten zu pfle­gen und zu befül­len war noch nie ein beson­ders loh­nen­des Geschäft. Jetzt geht die Gene­ra­ti­on, die damit ihr Aus­kom­men oder einen Neben­er­werb gefun­den hat, in Ren­te. Und wer braucht noch Auto­ma­ten, wenn man als Kind im Back­shop oder im Späti von mor­gens früh bis tief in die Nacht alle Süßig­kei­ten, die das Herz begehrt kau­fen kann – solan­ge das Taschen­geld reicht?

Doch dann gehe ich eines Tages mit mei­nen Jungs ins Som­mer­bad See­stra­ße und es ist, als wäre ein Raum­schiff aus der Ver­gan­gen­heit gelan­det: Wir ste­hen vor einer rie­si­gen Glas­ku­gel mit knall­bun­ten Kau­gum­mis. Die Kin­der wol­len lie­ber ein Eis, aber ich kann der Ver­su­chung nicht wider­ste­hen und muss ein paar Cent in den Schlitz wer­fen und den schwar­zen Plas­tik­knauf dre­hen. Klack! macht es und ein gel­ber Ball fällt in die Öff­nung hin­ter der Klap­pe. Ech­ter Bubble Gum, bla­sen­taug­lich. Ein QR-Code auf dem Auto­ma­ten ver­rät uns: Pas­cal Kru­se aus Wei­ßen­see macht hier Kin­der froh (und Erwachs­ne ebenso).

Der Mar­ke­ting­fach­mann hat sich mit einem Part­ner neben­be­ruf­lich zum Ret­ter der Kau­gum­mi­au­to­ma­ten in Ber­lin gemacht. Er über­nimmt die alten Stell­plät­ze, küm­mert sich um die Reno­vie­rung und die Befül­lung und sucht „Paten“ und Geld­ge­ber. Unter dem Logo „9 Cent“ kann man auf sei­ner Web­site als Ret­te­rin oder Ret­ter des “Kul­tur­guts Kau­gum­mi­au­to­mat” aktiv wer­den. Per Crowd­fun­ding oder als Patin oder Pate eines Auto­ma­ten. Einen sol­chen Beschüt­zer hät­ten die Auto­ma­ten im Wed­ding bit­ter nötig. Denn wäh­rend Pas­cal Kru­se im Osten Ber­lins nach eige­nen Anga­ben schon 200 Auto­ma­ten geret­tet und wie­der in Betrieb genom­men hat, sind die Erfah­run­gen im Wed­ding bis auf den Auto­ma­ten im geschütz­ten Frei­bad See­stra­ße bis­her frus­trie­rend. „Vom Wed­ding bin ich eigent­lich mehr als bedient, dort bau­en wir gera­de die Kau­gum­mi­au­to­ma­ten ab.“ Und im August schreibt er: „Uns haben Sie letz­te Woche einen Auto­ma­ten von der Wand geklaut in Wed­ding.“ Und im Okto­ber: “Den ers­ten Auto­ma­ten­dieb hat die Poli­zei schon gefasst.” .;

Doch eigent­lich läuft die Sache gut für ihn. Die Medi­en berich­ten über sein Pro­jekt und er arbei­tet mitt­ler­wei­le mit einem Influen­cer namens Big Bang Bash zusam­men, der neue „Gad­gets“ für die Kin­der von heu­te ent­wirft. Die kos­ten dann aber 2 Euro. Mitt­ler­wei­le ist er auch in Rei­ni­cken­dorf mit Auto­ma­ten ver­tre­ten und irgend­wann schreibt er: „Viel­leicht schrau­ben wir den im Wed­ding noch­mal an, ich muss mal mit dem Haus­ei­gen­tü­mer reden und mel­de mich.“

Rolf Fischer

Ich lebe gerne im Wedding und schreibe über das, was mir gefällt. Manchmal gehe ich auch durch die Türen, die in diesem Teil der Stadt meistens offen stehen.

3 Comments Leave a Reply

  1. Bit­te in der Kiautschoustr. zwi­schen Nr. 1 und Nr. 5 mal nach­se­hen. Da wur­de auch ein Auto­mat abge­baut – lei­der. Man sieht nur noch einen Schat­ten­um­riss und ein paar Bohrlöcher.…..

  2. Da bin ich aber mal gespannt, wie vie­le Ver­su­che es braucht, die­se Auto­ma­ten aus­ser Gefecht zu setzten.
    Bei der hie­si­gen Kli­en­tel ist davon aus­zu­ge­hen, dass sie ent­we­der zur Deckung der pri­va­ten Ver­mö­gen die­nen (immer­hin 2 € !) oder aber als Ver­suchs­ob­jekt für Polen­böl­ler dienen!
    Trotz­dem mutig von die­sem Unter­neh­men, HIER die­se Auto­ma­ten wie­der zu installieren!

  3. Da bin ich mal gespannt, was an Ü‑Kugeln nebst moder­men Inhal­ten kom­men werden!
    🙂 Klim­per­geld habe ich immer (noch) dabei!

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