Es ist ein Freitagnachmittag Anfang Juni. Die Initiative Parkcafé Rehberge feiert auf der ehemaligen Terrasse des Parkcafés ein fröhliches Frühsommerfest. Anlass ist die Eröffnung einer Freiluftausstellung über die Geschichte des Parks. Begleitet wird sie mit Akkordeonmusik, einer liebevoll gedeckten, voll besetzen Festtafel, einer stotternden Kaffeemaschine und vielen, zum Glück kurzen, Ansprachen. Zeitzeug*innen berichten von ihrer Kindheit im Café und auf der „Ketchupwiese“ (Catcherwiese), Lokalpolitiker*innen wie Daniela Fritz (CDU) und Mathias Schulz (SPD) bekennen sich als Unterstützer*innen der Initiative und Bezirksstadtrat Christopher Schriner (Bündnis 90/Die Grünen) macht Hoffnung, dass der typisch Berliner Behörden-Ping-Pong bald ein Ende haben wird. Lange ging es hin und her zwischen Initiative und den verschiedenen Ämtern. Doch jetzt scheint sich das langjährige Engagement der Anwohnerinnen und Anwohner gelohnt zu haben. Ein Vertrag zur Nutzung des bezirkseigenen Parkdenkmals scheint in greifbarer Nähe.


Herr Lessing, sie sind Gründungsmitglied der Initiative. Seit mehr als vier Jahren arbeitet die Initiative schon daran, das Parkcafé wieder zu beleben. Wie hat die Initiative so lange durchgehalten?
Martin Lessing: Wir hatten verschiedene „Wellen“ der Mitgliedschaft. Und immer wieder ist es uns gelungen, neue Mitglieder schnell einzubinden. Im Wedding hat man ja beides: Beständigkeit, also Leute, die hier schon lange wohnen und Wechsel. Viele junge Menschen, die hierherziehen, sich engagieren, dann vielleicht eine Familie gründen und dann nicht mehr so viel Zeit haben, oder wieder wegziehen. Gestartet sind wir als fast rein virtuelle Initiative in der Corona-Zeit mit Online-Plenumsveranstaltungen und so weiter. Inzwischen haben wir eine Vereinsstruktur und auch mehrere Vorstandsmitglieder im Seniorenalter. Das schafft eine gewisse Beständigkeit.

Wie schafft man bei so viel Fluktuation die Arbeit? Förderanträge stellen, Gelder einwerben?
Martin Lessing: Wir haben Arbeitsgemeinschaften, die sich sehr intensiv und professionell darum gekümmert haben. Eine AG Bau, eine AG Veranstaltung, eine AG Öffentlichkeitsarbeit.
Aber für die Baupläne, die wir jetzt beim Bezirk eingereicht haben, haben wir einen Architekten beauftragt. Wir wollen ja auch alle Aspekte berücksichtigen: Nachhaltigkeit wie zum Beispiel Regenwasserrückgewinnung, Barrierefreiheit und natürlich so etwas Aufwändiges wie Brandschutzbestimmungen. Die Mittel für die notwendigen Gutachten dafür haben wir über eine Crowdfunding-Initiative eingesammelt.
Wie ist es gelungen, trotz der vielen Rückschläge und Verzögerungen nicht aufzugeben?
Martin Lessing: Das Parkcafé ist so eine typisch Berliner Geschichte: Da steht ein Gebäude leer, der Bezirk kümmert sich nicht. Dann kommt eine Initiative aus der Nachbarschaft, die was machen will, aber der Bezirk will nicht oder jedes Bezirksamt will plötzlich etwas ganz anderes. Was haben wir hier schon alles gehört: Von Abriss und Blumenwiese bis Trainingszentrum für den Boxsport. Also eigentlich geht gar nichts. Und dann geht irgendwie doch was. Irgendwie hatten wir immer den Schlüssel für das Gebäude, obwohl wir noch keinen Vertrag haben. Das war wichtig. Denn für unsere Kulturveranstaltungen vor dem Café brauchen wir die Versorgung mit Strom und den Raum, um unsere Materialien unterzustellen. Und Gottseidank ist das Dach nach all den Jahren noch dicht! Ich glaube, das hat uns am Leben erhalten. Ohne den Schlüssel, die Förderzusage der Lotto-Stiftung und ohne die Kulturveranstaltungen wäre die Initiative schon tot.

Frau Savoldelli, sie organisieren das Kulturprogramm des Vereins. Theater, Musik - was können wir da in Zukunft erwarten?
Rahel Savoldelli: Für mich sind die Veranstaltungen vor dem Haus oder auf der Catcherwiese so etwas wie ein soziales Happening. Ich bin Schauspielerin und Regisseurin und habe Stücke mit dem Enttäusche_mich Ensemble aus Arbeitssuchenden aufgeführt. Für das Parkcafé haben wir auch schon den Hamlet auf die Catcherwiese gebracht. Ich habe die Ophelia gespielt und wir haben den Hang der Catcherwiese als Theaterrang genutzt. Wenn wir hoffentlich bald die Räume des Cafés nutzen können, kann ich mir Aufführungen mit dem Ensemble mit den Nachbarn vorstellen. Alle sind eingeladen mitzumachen. Jetzt läuft erst einmal bis Ende Sommer an den Wochenenden der „Jahrmarkt der Gemeinsamkeiten". Es wird Konzerte, Filmvorführungen, Lesungen und ein Bingo-Nachmittag geben. Wir haben noch viele Ideen.
Und wann werden die Räume des Parkcafés fertig sein?
Martin Lessing: Seitdem wir 2022 die erste Stufe des Interessensbekundungsverfahrens gemeistert hatten, liegt die Frage der Vertragsgestaltung beim Bezirksamt. Jetzt haben wir zum ersten Mal Signale bekommen, dass ein Vertrag zustande kommen wird. Das wird noch einige Verhandlungen brauchen, denn der Vertrag muss auch von der Lotto-Stiftung genehmigt werden, damit die von der Stiftung zugesagten Gelder für die Sanierung fließen können. Aber dann könnte es schnell gehen. Die Lage und die Preise auf dem Baumarkt haben sich zum Glück etwas entspannt. Wir könnten also bald eine Ausschreibung starten und hoffen, ein Bauunternehmen oder besser einen Generalunternehmer zu finden, der bereit ist, unsere Pläne umzusetzen. Mit etwas Glück können wir noch dieses Jahr, spätestens aber 2026 mit der Sanierung des Hauses beginnen.

Über die Initiative:
Das Parkcafé soll wiedereröffnen – als Raum für Kultur, Jugend und Stadtgesellschaft. Dazu hat sich 2020 die Initiative Parkcafé Rehberge formiert und dann 2022 den gemeinnützigen Parkcafé Rehberge e.V. gegründet. Seither organisieren die rund dreißig Freiwilligen Konzerte, Theater, Filmabende und vieles mehr auf der Terrasse vor dem Café. Bereits 2021 gewann der Verein das Interessensbekundungsverfahren (IBV) des Bezirks und sicherte sich Gelder der Lotto-Stiftung, unter der Bedingung konkrete Umbaupläne und einen Pachtvertrag vorzulegen. Den Bauantrag reichte der Verein nun im Frühling 2025 ein. Die Gespräche mit dem Bezirk über die Vertragsform ziehen sich noch hin.
Wer die genauen Pläne sehen möchte oder sich für die Geschichte der Rehberge interessiert, kann die Freilicht-Ausstellung der Initiative Parkcafé Rehberge besuchen, die an den Außenmauern des Gebäudes angebracht ist. Alle Beschreibungen sind in Deutsch, Türkisch und Englisch verfasst.

Text und Fotos: Rolf Fischer